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Finanzieren in der Unternehmenskrise mit innovativen Mitteln

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Finanzieren in der Unternehmenskrise mit innovativen Mitteln
k.A©iStock / Xesai
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Wenn ein Unternehmen in die Insolvenz schlittert, wird es schwierig, den fortlaufenden Betrieb zu finanzieren. Doch mit einem guten Restrukturierungsplan lässt sich mit der Hausbank reden, und auch innovative Finanzierungsformen wie Factoring oder Sale & Lease Back können zum Rettungsring für ein Unternehmen werden.

Unternehmertum birgt auch Risiken. Es ist nicht immer leicht, in einem wankelmütigen Wirtschaftsumfeld wie in den vergangenen Jahren bestehen zu können. Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz beim KSV1870: „Beachtliche 5226 Unternehmen wurden 2016 insolvent. Im Vergleich zu 2015 stieg die Anzahl der eröffneten Verfahren um 1,5 Prozent. 19.200 Dienstnehmer waren davon betroffen, und die Verbindlichkeiten betrugen 2,9 Milliarden Euro.“

Eine Insolvenz bedeutet aber nicht gleich das Ende, sondern kann auch ein Neuanfang sein, und dafür braucht es Geld. Doch wie kommen Unternehmen, die schon in Zahlungsschwierigkeiten sind, wieder zu frischem Kapital? Clemens Richter, Insolvenzverwalter bei der Kanzlei Dr. Engelhart & Partner: „Natürlich ist es eine Herausforderung, aber es gibt Instrumente, die eine dringend notwendige Erhöhung der Liquidität ermöglichen, und das sogar mit einem reduzierten Risiko für die Gläubiger.“

Gläubiger profitieren

Ein Unternehmer, der in Insolvenz gerät, hat meist den Großteil des Vertrauens bei seinen Geschäftspartnern verspielt, und trotzdem haben die Gläubiger meist ein vitales Interesse, dass eine Sanierung gelingt. Wie sehr sich das lohnen kann, zeigt die KSV1870 Statistik: 2016 konnten 33 Prozent der Unternehmen einen Sanierungsplan mit ihren Gläubigern vereinbaren. KSV1870-Experte Kantner: „Dürfen sich die Gläubiger bei einer erfolgreichen Sanierung auf eine Quote von 20 Prozent einstellen, so lag die Durchschnittsquote bei Liquidierungskonkursen bei nur 7 Prozent; in etwas mehr als 25 Prozent der Fälle gibt es aber nicht einmal eine Quote im Konkurs.“

Reden mit der Bank

Sollte die Hausbank ebenfalls von der Insolvenz betroffen sein, dann sollte man das Gespräch mit der Bank suchen. Petra Hirschenauer, Abteilungsleiterin Kreditrestrukturierung Corporates Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG: „Eine Bank, die bereits Forderungen gegen ein insolventes Unternehmen hat, erhält durch eine Weiterfinanzierung in der Insolvenz die Chance, ihre „Altforderungen“ zu retten beziehungsweise für Insolvenzforderungen eine im Vergleich zur Liquidationsquote höhere Sanierungsplanquote zu erhalten.“

Zur Betriebsfortführung in der Insolvenz benötigen Unternehmen häufig Betriebsmittelfinanzierungen. Wichtig ist, dass gute Aussichten für die Fortführung des Unternehmens bestehen und dafür, dass sich die Quote erwirtschaften lässt. Hirschenauer: „Hier ist eine genaue Unternehmensanalyse und ein möglichst schlüssiges, von kompetenter Seite, das heißt einem auf Unternehmensrestrukturierung spezialisierten Unternehmensberater abgesegnetes Sanierungskonzept entscheidend. Komplexe Sachverhalte sollten so aufbereitet werden, dass innerhalb der Bank rasch Entscheidungen getroffen werden können.“ Zudem sollte man sich vor unseriösen Prognosen, Intransparenz und Verschweigen wesentlicher Tatsachen hüten. Hirschenauer: „Damit verspielt man Vertrauen, und das ist für ein Unternehmen in der Krise pures Gift.“

Sale & Lease Back als Ausweg

Eine weitere Möglichkeit, in der Insolvenz zu Geld zu kommen, ist eine Sale-&-Lease-Back-Finanzierung. Besonders produzierende Betriebe haben hier gute Chancen auf schnelle Liquidität, denn viele Unternehmen aus dem Baugewerbe, der Metall- & Kunststoffverarbeitung, Druck- oder Nahrungsmittelindustrie haben enormes gebundenes Kapital in Form von gebrauchten Maschinenparks in der Werkshalle stehen. Carl-Jan von der Goltz, Geschäftsführer der Finanzierungsgesellschaft Maturus Finance GmbH: „Gebrauchte Maschinen und Anlagen werden dabei verkauft und zurückgeleast. Innerhalb kurzer Zeit lässt sich so im Rahmen einer reinen Innenfinanzierung frische Liquidität für die Auszahlung der Quote beschaffen. Der Vorteil der banken- und bonitätsunabhängigen Finanzierung ist, dass die Maschinen auch nach dem Verkauf an die Leasinggesellschaft weiterhin im Unternehmen genutzt werden können.“

Zudem stellen die Leasingraten abzugsfähige Betriebsausgaben dar und können als Teil- oder Vollamortisationsverträge so kalkuliert werden, dass sie fortlaufend aus dem Cashflow des Unternehmens geleistet werden. In der Praxis funktioniert das Verfahren wie folgt: Zuerst gibt es eine Bewertung des kompletten Anlagevermögens zum Zeitwert.

Diese Bewertung bildet die Basis des Sale-&-Lease-Back-Vertrages. Maturus-Geschäftsführer Goltz: „Für die Erstellung des Vertrages werden weitere Unterlagen wie Eigentumsnachweise oder Sicherheitenfreigaben der Banken benötigt. Nach Eingang aller Unterlagen steht einer schnellen Abwicklung nichts mehr im Wege. Durchschnittlich dauert der Vorgang von Erstansprache bis Auszahlung etwa sechs bis acht Wochen.“ Das Finanzierungsvolumen von Sale & Lease Back bei der Maturus Finance liegt meist zwischen 300.000 Euro und 10 Millionen Euro, in Einzelfällen auch deutlich darüber.

Forderungen lassen sich auch verkaufen

Eine weitere Finanzierungsvariante, die immer beliebter wird, und das auch in einer Unternehmenskrise, ist das Factoring. Hierbei werden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an eine Factoring-Bank verkauft. Gerhard Prenner, Mitglied des Vorstandes der Raiffeisen Factor Bank: „2016 wurde insgesamt in Österreich ein Forderungsvolumen von 19,6 Milliarden Euro angekauft. In einigen Fällen auch von Unternehmen, die Insolvenz angemeldet hatten.“

Besonders geeignet sind Forderungen aus erbrachten Lieferungen von Handelsunternehmen. „Schwierig ist Factoring im Bereich Bau- und Baunebengewerbe, denn hier gibt es oft Teilzahlungsgeschäfte, und diese sind beim Factoring schwer abzubilden“, sagt RFB-Vorstand Prenner. In Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter wird über Factoring oft schnell Liquidität geschaffen. Prenner: „Hier können wir innerhalb weniger Tage, manchmal sogar weniger Stunden, eine Entscheidung fällen und so Unternehmen in der
Krise einen fortlaufenden Betrieb gewährleisten.“

Verkauf von Unternehmensteilen

Neben den Forderungen lassen sich aber auch Unternehmensteile in der Insolvenz versilbern. Gottfried Gassner, Partner der Wiener Anwaltskanzlei Binder Grösswang: „Der Verkauf von verwertbaren Unternehmensteilen ist auch bei Masseverwaltern sehr beliebt, denn der Kaufpreis fließt in die Masse, und daraus können umgehend Gläubigerforderungen bedient werden.“

Mit einem sogenannten Asset-Deal werden oft komplette Unternehmensteile verkauft. Dabei werden sogar oft Teile der Belegschaft vom Käufer übernommen. Gassner: „Der Vorteil für den Käufer ist zuweilen, dass er sich genau aussuchen kann, was er kaufen möchte, sofern seine Wünsche mit dem Sanierungsplan kompatibel sind. Auch bietet der Kauf von einem Insolvenzverwalter den Vorteil gegenüber dem Kauf eines ganzen Unternehmens außerhalb der Insolvenz, dass keine Verbindlichkeiten übernommen werden müssen, die typischerweise beträchtlich sind.“

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