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Gerald Schweighofer - der stahlharte Holzbaron

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Gerald Schweighofer, streitbarer Holzindustrieller
Gerald Schweighofer, streitbarer Holzindustrieller©trend / Wolfgang Wolak
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Umstrittene Geschäfte in Rumänien und das Aus des Wiener Traditionscafés "Griensteidl" hatten dem Industriellen Gerald Schweighofer bereits heftige Kritik einbrockt. trend-Redakteurin Angelika Kramer begab sich daher im Juli auf der Spur des Holzbarons, der nun mit den Anti-Kurz-Facebookseiten des SPÖ-Beraters Tal Silberstein in Verbindung gebracht wurde. Schweighofer dementierte und droht mit Klagen. Ist Schweighofer wirklich der skrupellose Kapitalist, als der er häufig dargestellt wird?

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"Das ist falsch", dementierte der Holzindustrielle Gerald Schweighofer in den ersten Oktobertagen entschieden Zeitungsberichte, wonach er in die Finanzierung der gegen ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz gerichteten Facebookseiten involviert gewesen sein soll. Gleichzeitig drohte er allen, die das Gegenteil behaupten, mit juristischen Schritten.

Ein gefundenes Fressen für Boulevard-Median ist in diesem Konnex auch, dass Schweighofer einen Anteil von 4,6 Prozent an der in Tel Aviv ansässigen Softwareschmiede "Foresight" hält, die wiederum eine Tochtergesellschaft der Wiener "Blue Minds Company" von Eveline Steinberger-Kern, der Frau von Bundeskanzler Christian Kern, ist. Obwohl Schweighofers Sprecher Thomas Huemer ausdrückliuch darauf hinweist, dass es sich dabei um eine ganz normale Beteiligung an einem innovativen Start-up Unternehmen handelt.

Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass Schweighofer in Kritik geraten ist. Im Juni, als bekannt wurde, dass das Wiener Café "Griensteidl" geschlossen wird, prasselten Angriffe aus dem Internet auf ihn, den Besitzer des Hauses und Vermieter der Lokalfläche, ein. "Hier hat wohl die Gier des Vermieters das Lokal umgebracht", "Mietwucher", "ein Schweighofer hat anscheinend nie genug" oder "Dort kaufe ich sicher kein Holz mehr". So lauteten die Postings, die auf die Schließung des "Griensteidl" im Juni replizierten. Auch in Zeitungsartikeln kam Schweighofer nicht viel besser weg. Als Totengräber der Wiener Kaffeehauskultur wurde er mitunter dargestellt.

trend-Redakteurin Angelika Kramer sprach in der Folge im Juli mit dem Unternehmer. "Ja, natürlich stört einen so etwas. Aber ich lasse das nicht an mich ran", sagt der 59-Jährige, der sich in den letzten Jahren neben seinem Hauptbusiness, der Holzindustrie, ein stattliches Immobilienportfolio (siehe unten) zusammengekauft hat. Sentimentalität oder allzu überschwängliche Gefühlsbekundungen sind nicht die Sache Schweighofers. Er ist bekannt dafür, die Sachen pragmatisch anzugehen. Das "Griensteidl" sei ja längst kein Traditionscafé mehr gewesen, und überhaupt hätte der Pächter, Do & Co, eine Miete weit unter dem marktüblichen Niveau gezahlt. Man konnte sich nicht einigen, also habe man sich getrennt und suche nun eine andere Verwendung für den Standort. Punkt. Aus. Aus dem Mund von Schweighofer hört sich das alles sehr nüchtern an.

Aber würde der Vermieter, wenn der Preis stimmt, auch ein McDonald's-Restaurant oder einen der vielen Billig-Souvenirläden als Pächter akzeptieren? "Wir achten schon darauf, eine Nachnutzung zu finden, die dem Geist und der Tradition des "Griensteidl" als literarischer, künstlerischer Treffpunkt entspricht", versichert der gebürtige Waldviertler. Schließlich hätte er auch bei der kürzlich erfolgten Revitalisierung der Herrengasse seinen Beitrag geleistet.

Kampferprobter Manager

Gerald Schweighofer ist Auseinandersetzungen gewohnt und hat gelernt, mit ihnen umzugehen. Schon in der Schule wurde er gehänselt, seine Legasthenie machte ihn nicht unbedingt zum beliebtesten und besten Schüler. Derlei Anfeindungen zogen sich wie ein roter Faden durch das Leben des späteren Holzindustriellen. "Als ich im Jahr 1983 das größte europäische Sägewerk in Ybbs gebaut habe, gab es auch einen Aufschrei und Demonstrationen. Das gehört dazu beim Kampf klein gegen groß. Das ist ganz normal", glaubt der Unternehmer, der 1976 als 18-Jähriger in den elterlichen Betrieb im niederösterreichischen Brand einstieg und diesen später zu einem Weltkonzern ausbaute.

762 Millionen Euro Umsatz erzielte die Schweighofer-Gruppe im Geschäftsjahr 2016, mehr als 3.000 Mitarbeiter arbeiten in Österreich, Deutschland, Rumänien und Tschechien für den Industriekonzern. Das Wachstum des Holzkonzerns ist gigantisch: 2011 wies Schweighofer noch einen Umsatz von 420 Millionen Euro aus. In fünf Jahren gelang also fast die Verdoppelung.

Dabei war das Ende des Schweighofer-Konzerns im Jahr 2001 schon besiegelt. Damals wurde das Unternehmen an den skandinavischen Multi Stora Enso verkauft. Übrigens ohne jegliche Sentimentalität. Ein hübscher dreistelliger Millionenbetrag soll dabei für die Familie Schweighofer rausgeschaut haben.

Doch Gerald Schweighofer schaffte es nicht, endgültig vom Holz Abschied zu nehmen. Also startete er mit Hunderten Millionen in der Tasche im Jahr 2003 völlig neu. Was mit einem Sägewerk in Rumänien begann, umfasst dort heute fünf riesige Werke. 700 Millionen Euro investierte der Marktführer Schweighofer. Es folgten Zukäufe in Deutschland und Österreich. 35 Prozent des Schweighofer-Holzes gehen heute nach Japan. Eine riesige Erfolgsstory made in Austria könnte man meinen, wenn es da nicht die andauernden Vorwürfe von Naturschützern und die ständigen Probleme mit der rumänischen Regierung gäbe.

Vorwürfe aus Rumänien

Der österreichische Holzkonzern sei mitschuld an illegalen Schlägerungen, Rodungen von unberührten Urwäldern gingen ebenso auf sein Konto, und Schweighofer trage sogar Verantwortung dafür, dass die Braunbären in den rumänischen Urwäldern aussterben.

All diese Vorwürfe waren in den letzten Jahren zu hören und zu lesen, und sie halten sich recht hartnäckig. Ganze Heerscharen an Aufdeckerjournalisten durchstreiften die Wälder Transsilvaniens, um Verfehlungen der Österreicher aufzuspüren.

Und sie wurden fündig. Undercover-Filme zeigen, dass Schweighofer-Mitarbeiter in Rumänien Holzlieferanten dazu auffordern, egal, welche Mengen zu liefern. Die Herkunft spiele dabei keine Rolle. Gipfelpunkt der Auseinandersetzungen war sicherlich der Entzug der Zertifizierung durch das Forest Stewardship Council (FSC), eine international tätige Non-Profit-Organisation, die darauf achtet, dass das Holz nicht aus Raubbau kommt. Nach einer Bewährungszeit trennte sich FSC im Februar dieses Jahres von Schweighofer. Informationen über Regelverstöße hätten dazu geführt, sagte FSC.

"Der Druck der NGOs richtet sich oft gegen den größten Player", glaubt Schweighofer, das sei eben ihr Geschäftsmodell. Von vergangenen Fehlern oder gar illegalen Aktionen will man beim österreichischen Platzhirschen jedenfalls nichts wissen. "Rumänien hat das komplexeste Kontrollsystem für Holzschlägerungen. Und wir haben uns darauf verlassen, dass es funktioniert", sagt Schweighofer, der alle zwei Monate selbst nach Rumänien fährt und seine Werke inspiziert.

In dem Ermittlungsverfahren der rumänischen Regierung, das vor zwei Jahren gegen den österreichischen Konzern eingeleitet wurde, habe es nie eine Verhandlung gegeben, es wurde nie ein Mitarbeiter gehört, und man habe nie irgendwelche Dokumente erhalten, versichert der Konzernchef. Also Schwamm drüber und den Blick in die Zukunft gerichtet. Auch hier wieder geht er sehr pragmatisch an die Angelegenheit heran.

Doch neben Umweltvergehen hat der Holz-Mogul noch mit weiteren Vorwürfen in Rumänien zu kämpfen. Der Verdacht von Preisabsprachen mit den österreichischen Mitbewerbern Egger und Kronospan haben Schweighofer Ermittlungen der dortigen Wettbewerbsbehörde eingebracht. Und wegen Mengenüberschreitungen, die aber vom Unternehmen selbst gemeldet wurden, wurde jüngst eine läppische Verwaltungsstrafe von umgerechnet 20.000 Euro verhängt. Dennoch, alles irgendwie ärgerlich. Sogar für jemanden, der so hart gesotten ist wie Firmenchef Schweighofer. "In Rumänien herrschen unübersichtliche Verhältnisse. Das ist für Unternehmer nicht immer leicht. Auch weil die Regierungen ständig wechseln."

Auf die Vorwürfe der Naturschützer hat man bei Schweighofer mittlerweile reagiert. Mehrere Millionen Euro wurden in ein CSR-System investiert, das die Lücken im rumänischen Kontrollsystem schließen soll (siehe unten). 16 Mitarbeiter sind bei Schweighofer mittlerweile nur mit Kontrollaufgaben befasst. Der Konzern will das angeschlagene Image endlich loswerden, auch FSC soll wieder umgestimmt werden. Regelmäßige Gespräche mit NGOs, Lieferanten und anderen Stakeholdern gehören ebenso dazu wie umfangreiche Führungen von Journalisten durch die Werke in Rumänien.

Charmeoffensive "Gläserner Baum"

Und noch eine Lehre hat man bei Schweighofer aus all dem Ärger gezogen: "Wir haben sehr viel in Rumänien investiert. Weitere substanzielle Investitionen in dem Land sind nicht geplant", sagt der Firmenchef, auch wieder sehr emotionslos. Daran, das Land zu verlassen, denkt er - trotz all der Probleme - aber nicht.

Man merkt Gerald Schweighofer an, dass er sich an diese neue, ihm zugedachte Rolle als Kommunikator erst gewöhnen muss. Lieber agiert er im Hintergrund. In der Holzbranche erzählt man sich, unangekündigte Checks seien seine Spezialität. Er taucht wie aus dem Nichts auf und macht Kontrollgänge durch die Werke. Die Affinität zur Kontrolle bescheinigt ihm auch Adrian Dulgheru, Manager im rumänischen Werk Radauti: "Gerald hat mir einmal gesagt, als Manager muss man jeden Tag etwas kontrollieren, und wenn es nur der Ölstand im Auto ist. Er selbst hat anfangs auch immer unsere Handyrechnungen überprüft." Diese ständige persönliche Präsenz dürfte auch einer der Erfolgsfaktoren des Unternehmers sein.

Was aber glaubt Schweighofer selbst, wie ihn seine Mitarbeiter einschätzen? "Sie werden manchmal sagen, ich bin lästig. Aber lästig zu sein, ist wichtig", sagt der unverheiratete und kinderlose Manager sehr offen.

Manche bescheinigen dem Chef auch Innovations- und - trotz seiner holprigen Englischkenntnisse - Verhandlungsstärke und Weitblick. Als er 1992 als einer der ersten Europäer nach Japan ging, wurde er belächelt. Heute ist das sein wichtigster Absatzmarkt. Auch als er 2011 die kriselnde Halleiner Papierfabrik aufkaufte und 56 Millionen investierte, schüttelten viele den Kopf. Heute gilt Schweighofer Fiber als innovatives, profitables Unternehmen. Schweighofer hat daraus eine Zellstofferzeugung gemacht, die vorwiegend nach China und Japan exportiert. Besonders stolz ist Schweighofer auf seine Nudeln aus Zellstoff, die in Japan gefertigt werden. Vielleicht stehen sie ja schon bald auf vielen Speisekarten dieser Welt?

Weltoffener Milliardär

Internationalität wird bei Schweighofer überhaupt sehr großgeschrieben. "Das internationale Denken hat mir beruflich sehr geholfen", glaubt der Holzbaron, der ein Monat im Jahr im kanadischen Vancouver verbringt und, so oft es seine Arbeit zulässt, die Welt bereist. Indien, Ruanda und die Azoren zählen zu seinen Lieblingsdestinationen. Ein Trip nach Kamtschatka ist schon fix eingeplant.

Schweighofer kann es sich leisten. Er gilt mit einem geschätzten Vermögen von 1,2 Milliarden Euro als einer der reichsten Männer Österreichs. Im jüngsten trend-Ranking fand er sich auf Platz 36 der vermögendsten Österreicher wieder. Er selbst residiert in Wien in einem Barockpalais etwas abseits der Wiener Favoritenstraße. Auch Immobilien am noblen Kohlmarkt, der Kärntner Straße, der Mariahilfer Straße und eben das Palais Herberstein, in dem sich das "Griensteidl" befand, zählen zu seinem umfangreichen Immobilienbesitz. Sein jüngstes Projekt befindet sich allerdings nicht in Wien, sondern am Dachstein, wo Schweighofer aus einer ehemaligen Kaserne ein Luxushotel und aus ÖBB-Mitarbeiterheimen Chalets machen will. Zu Einzelheiten des Projekts hält er sich aber bedeckt, noch sind nicht alle nötigen Bewilligungen vorhanden.

Das Bild, das in manchen Foren von Schweighofer gezeichnet wird, er sei ein skrupelloser Kapitalist, für den nur sein eigener Profit zähle, stimmt aber trotz seines Reichtums nicht, sagen Geschäftsfreunde. "Ich glaube, er ist jemand, dem Menschen wirklich ein Anliegen sind", bestätigt eine langjährige Geschäftspartnerin von Schweighofer. Für diese These spricht auch, dass er sich bei sehr vielen sozialen Projekten engagiert.

In den letzten fünf Jahren sollen rund 5,5 Millionen Euro in die Renovierung von Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten, vorwiegend in Rumänien, geflossen sein. Auch als "Sinnstifter", also Stifter, der gemeinnützige Projekte unterstützt, hat er sich hierzulande einen Namen gemacht.

Das Geld Schweighofers fließt aber auch in Innovationen. So hat er im Jahr 2003 den Schweighofer Prize, einen mit 300.000 Euro dotierten Innovationspreis für die Forstwirtschaft, ins Leben gerufen. Auch heuer wieder fand eine großangelegte Verleihung im Wiener Rathaus statt. Nicht einmal Bundespräsident Alexander Van der Bellen oder Bundeskanzler Kern ließen es sich nehmen, diesem Event beizuwohnen. Politisch vereinnahmen lassen will sich der erfolgreiche Industrielle dennoch nicht. "Ich habe zu allen Parteien ein gutes Verhältnis", meint er. Und: "Mit Kurz und Kern haben wir bei der nächsten Nationalratswahl sehr gute Kandidaten."

Wie das Leben und das Unternehmen des 59-Jährigen in zehn Jahren ausschauen wird, kann Schweighofer nicht sagen. Er ist kein Fan von Langzeitplänen. Eines steht aber bereits fest: Sein Vermögen ist zur Gänze in einer Stiftung. Nach seinem Ableben soll davon 51 Prozent für gemeinnützige Projekte genützt werden. Dass er sein Vermögen an keinen Erben weitergeben kann, ist für Schweighofer auch verkraftbar. Er ist eben aus einem besonders harten Holz geschnitzt.

Der Artikel ist in seiner ursprünglichen Fassung am 14. Juli 2017 in der trend-Ausgabe 28-29/2017 erschienen.

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