Trend Logo

Ski-Hersteller Atomic ist jetzt in chinesischer Hand

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
9 min
Ski-Hersteller Atomic ist jetzt in chinesischer Hand
US-Topstar Mikaela Shiffrin und Seriensieger Marcel Hirscher sind für Atomic und seinen neuen Eigentümer Anta Gold wert.©picturedesk.com/EXPA/Johann Groder
  1. home
  2. Aktuell
  3. Unternehmen
Der chinesische Sportartikelriese Anta hat den finnischen Amer Sports Konzern übernommen, zu dem auch die österreichische Marke Atomic gehört. Atomic soll nicht "Made in China" werden. Bei dem Skifabrikanten sind am Standort Altenmarkt Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe geplant. Es wird zusätzliche Jobs geben.

von

Das Unternehmen "Peking 2022" läuft in China auf Hochtouren. Eben wurde bekannt, dass die Arbeiten an der neuen Hochleistungsbahn zwischen Peking und Chongli, einem der Hauptaustragungsorte der Olympischen Winterspiele, schon 2019 beendet sein sollen. Statt drei Stunden sollen die Athleten dann 50 Minuten zwischen den beiden Städten brauchen. Kostenpunkt: acht Milliarden Euro. Und im aktuellen Winter haben 90 Chinesen an einer Skilehrerausbildung in der Schweiz teilgenommen. Auf Staatskosten, versteht sich.

Überhaupt scheut man in China keine Kosten und Mühen, denn Staatschef Xi Jinping persönlich hat die Devise ausgegeben: China soll sich 2022 als Wintersportnation der Extraklasse präsentieren, und das nicht nur in Bewerben, wo man ohnehin schon vorne dabei ist, wie beim Eiskunstlauf.

Nummer 1 in China

Ein Unternehmen ist bei dieser chinesischen Kraftanstrengung stets vorne mit dabei: Anta Sports, Chinas größter Sportartikelproduzent und offizieller Ausrüster der Olympischen Spiele. Bis vor Kurzem war das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von umgerechnet 2,2 Milliarden Euro fast ausschließlich in China präsent. Doch das ändert Anta seit einigen Jahren radikal: 2009 kauften die Chinesen die international bekannte Sportmarke Fila, einige Jahre später gingen sie ein Joint Venture mit der japanischen Sportkette Descente ein, 2007 wurden sie Lizenzpartner der US-Basketball-Liga NBA und gerade eben ist Anta dabei, das finnische Sportimperium Amer zu übernehmen.

Die Chinesen - mit Anta im Bieterkonsortium sind auch Goldman Sachs und das IT-Unternehmen Tencent - lassen sich den Deal einiges kosten: Insgesamt 5,6 Milliarden Euro will man auf den Tisch legen, 4,6 für die Aktionäre und eine Milliarde zur Tilgung der Schulden. Das Übernahmeangebot läuft seit Ende des Jahres 2018 bis voraussichtlich Ende Februar. Das Angebot an die Amer-Aktionäre - 40 Euro je Aktie, das liegt um 43 Prozent über dem Durchschnittsbörsenkurs der vergangenen drei Monate - scheint Gefallen zu finden. Etliche Aktionäre und der Verwaltungsrat der finnischen Gesellschaft haben sich schon für die Chinesen ausgesprochen.

Die neue Nummer 3

Glückt der Deal, winkt Anta, das vom Multimilliardär Ding Shizhong geführt wird, ein umfangreiches Markenportfolio: Neben der Outdoor-Marke Peak Performance zählen Tennisausrüster Wilson, der Sportartikelhersteller Salomon und vor allem der im österreichischen Altenmarkt ansässige weltgrößte Skiproduzent Atomic zum Amer-Imperium.

Insgesamt würde der neu geformte Sportgigant unter chinesischer Führung mit einem Umsatz von 5,3 Milliarden Euro hinter Nike und adidas die neue Nummer drei in der weltweiten Sportartikelwelt werden. Dieser Sprung würde wohl ohne diesen Zukauf nicht so rasch gelingen, denn es gilt als offenes Geheimnis, dass sich chinesische Unternehmen schwer damit tun, Marken zu kreieren. Umso wichtiger sind also Marken wie Atomic oder Salomon, die weltweit bereits einen hohen Bekanntheitsgrad genießen. Bislang lag die Stärke von Anta vor allem in der günstigen Produktion von Sportschuhen für den Massenmarkt, doch an das Kultimage von Nike oder adidas kam das Unternehmen auch in China nie heran.

Blurred image background
Ski-Fahrer in China (in Millionen) © trend / Quelle: Benny Wu / Wei Qinghua

Mit dem Milliardenzukauf soll sich das nun ändern, wie Anta-Chef Shizhong gegenüber den Amer-Aktionären wirbt: "Wir freuen uns, diese internationalen Premiummarken und -produkte auf den chinesischen Markt zu bringen, wo Konsumenten zunehmend nach High-End-Waren mit außergewöhnlicher Qualität suchen." Das klingt speziell in den Ohren vieler Amer-Manager sehr verlockend, kann Anta doch immerhin mit mehr als 10.000 Filialen und etlichen Millionen an Konsumenten aufwarten.

Die große Chance

Auch in Altenmarkt im Bundesland Salzburg spricht man deshalb eher von einer Chance als von einer Gefahr, die diese Übernahme mit sich bringt. Dem neuen Eigentümer sei der Strategieplan für die Jahre 2019 bis 2021 bekannt. Dieser sehe für Atomic in Altenmarkt für heuer und 2020 Investitionen in der Größenordnung von rund 20 Millionen Euro vor. Die Hälfte davon werde für die Erweiterung des Logistikzentrums aufgewendet. Weitere zehn Millionen Euro sollen in die Digitalisierung, in neue Produkte und in neue Anlagen fließen.

Vor Ort seien die chinesischen Käufer aber noch nicht gesehen worden. Aus den aktuell knapp 20 Millionen chinesischen Skifahrern sollen 300 Millionen werden, geht es nach der Regierung. Die aktuell etwas mehr als 700 Ski-Resorts in China sollen auf 1.000 anwachsen. Atomic-Chef Wolfgang Mayrhofer rechnet in den nächsten drei bis vier Jahren mit 300.000 Paar verkauften Ski in China. Angst um den Standort Österreich mit seinen rund 900 Mitarbeitern hat er nicht: "Unser Standort hier ist unschlagbar."

Blurred image background
Ski-Resorts in China © trend / Quelle: Benny Wu / Wei Qinghua

Für Atomic werde die Übernahme kurz- bis mittelfristig keine Auswirkungen haben. "Es gibt zwar neue Eigentümer, aber Amer bleibt ein eigenständiges Unternehmen. Es wird keine Verschmelzung im operativen Bereich geben, aber natürlichen wollen wir Synergien ausnutzen", so Michael Schineis, früherer Chef des Altenmarkter Skiherstellers Atomic und nun Präsident für den Wintersport (außer Bekleidung) im Amer-Konzern. "Der Unterschied ist, dass wir statt rund 1.000 Aktionären nur mehr vier Haupteigentümer haben, für die wir statt Dividende nun Rendite erwirtschaften."

Auch Gernot Kellermayr vom Verband der heimischen Sportartikelerzeuger ist zuversichtlich: "Wir sind die Skination Nummer eins, also sollte auch das Know-how hier bleiben."

Denn in Altenmarkt wurde in den letzten Jahren sehr viel in Forschung und Entwicklung investiert. Auch das Atomic Pro Center, die Anlaufstelle für Ski-Stars wie Marcel Hirscher & Co, hat sich zu einem echten Markenzeichen entwickelt. Dass der bald achtfache Weltcupsieger seine Ski künftig in Chongli testet, gilt also als unwahrscheinlich. Dass ihn bald schon eine Promo-Tour nach China führt, ist aber nicht auszuschließen.

Über die Autoren

Logo
Abo ab €16,81 pro Monat