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Am Weg zur „Grünen Null“

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CLIMATE CITY TALK. Ulrich von Weizsäcker, Michael Spiekermann, Rebecca Freitag, Michael Strebl, Eva Komarek, v. l.
CLIMATE CITY TALK. Ulrich von Weizsäcker, Michael Spiekermann, Rebecca Freitag, Michael Strebl, Eva Komarek, v. l.©WIEN ENERGIE/GÜNTHER PEROUTKA
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KLIMASCHUTZZIELE versus VERSORGUNGSSICHERHEIT: Experten und Aktivisten diskutierten über die Machbarkeit und die nötigen Maßnahmen für das jüngst ausgerufene ehrgeizige Ziel der Bundeshauptstadt.

In Kooperation mit Wien Energie

Wien soll bis 2040 klimaneutral werden. Das ist beschlossene Sache, wenn es nach der Wiener Stadtregierung geht. Doch das stellt Österreichs größten Energieanbieter, Wien Energie, vor einige Herausforderungen: Wien Energie und Die Presse luden am 14. Oktober zum Climate City Talk im Ringturm in Wien. Gleich in ihren Eingangsstatement verwies die deutsche Nachhaltigkeitsexpertin und UN-Jugenddelegierte Rebecca Freitag auf ein Beispiel aus ihrer Heimat: „Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass man das schaffen kann, siehe Oldenburg.“ Die deutsche Kleinstadt will bis 2035 klimaneutral werden, überdies, so Freitag, müsse man generell energieärmer und energieeffizienter leben. Auf die Wissenschaft berief sich auch Michael Spiekermann, Fridays-for-Future Aktivist in Österreich, allerdings fehle ihm „das entsprechende Handeln der Unternehmen“. Zudem sei Midas „Klimaneutral 2040“-Ziel „eindeutig zu spät, wenn man weiß, wie viele Menschen täglich an der Klimakrise sterben.“

Michael Strebl, Vorsitzender der Wien-Energie-Geschäftsführung, zeigte Verständnis für die Ungeduld der Aktivisten: „Wenn mich meine Kinder später einmal fragen, was hast du damals als Chef der Wien Energie gegen den Klimawandel getan, möchte ich ja auch mit gutem Gewissen antworten können.“ Allerdings sind die Möglichkeiten, die Wien beim Klimaneutralitätsziel hat, nicht endlos. Als Beispiele führte Strebl unter anderem an: „Eine natürliche Reserve für erneuerbare Energien in Wien sind die Dächer, aber mit Photovoltaik allein können wir den Strombedarf aus erneuerbaren Quellen nicht decken. Wien wird auch im Jahr 2040 Strom zukaufen müssen.“

Bei den Gebäudesanierungen in Richtung Energieeffizienz und nachhaltiger Beheizungssysteme gebe es laut Strebl fakchael tische Hindernisse, die selten bedacht würden: „Im Moment wird pro Jahr rund 1,2 Prozent des Gebäudebestandes saniert, diese Rate wird auf 2,5 Prozent steigen müssen, um es bis 2040 zu schaffen. Doch es braucht neben dem politischen Willen und dem Geld auch die Handwerker dafür.“ Das Wiener Fernwärmenetz wird in 20 Jahren zwar schon rund 56 Prozent der Haushalte mit nachhaltig produzierter Wärme versorgen können, aber wie man die über 400.000 Haushalte künftig versorgt, die mit Gasthermen beheizt werden, sei noch nicht in jedem Detail geklärt.

Zudem ist nicht jede saubere Energiequelle gleich gut für alle nötigen Anwendungen geeignet, auch aus Kostengründen. „Wir haben die Wiener Wasserstoff GmbH gegründet, 52 Millionen Euro werden in die Forschung investiert“, so Strebl. Ein Teil der Energie des im Jahr 2040 nicht mehr verwendeten fossilen Gases werde durch Wasserstoff (H2) bereitgestellt, doch eher im Schwerverkehr oder in der Luftfahrt sowie in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und weniger als individuelle Energie- oder Wärmequelle. „Ob die Herstellung von einem Kilo H2 wie aktuell rund zehn Euro oder nur zwei bis drei Euro kostet, macht einen großen Unterschied“, so Strebl.

Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Physiker und Umweltwissenschaftler versuchte Ulrich von Weizsäcker Strebls Anmerkung, dass Wasserstoff noch zu teuer sei, zu zerstreuen. Wien Energie setzt künftig auch auf grünen Wasserstoff (H2). Dieser soll künftig einen Teil des 2040 nicht mehr verwendeten Gases ersetzen.

„Vor etwa 20 Jahren kostet eine Kilowattstunde Strom aus Photovoltaik rund einen Euro, heute sind es rund fünf Cent, in Ländern wie Algerien, Australien oder Chile sogar nur einen Cent. So kann es bald auch bei Wasserstoff sein“, schürte von Weizsäcker Hoffnung. „Ich bin von den Klimazielen und den Anstrengungen Wiens begeistert“, so der 82-Jährige weiter, „was uns aber in Österreich, Deutschland und der ganzen EU fehlt, ist eine Klima-Außenpolitik. Weltweit sind gerade 500 neue Kohlekraftwerke in Bau, daher müssen wir unsere Anliegen auch international durchsetzen.“

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