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Stefan Ottrubay: Der Patron des Burgenlands

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Stefan Ottrubay managt den größten privaten Grundbesitz des Landes.

©trend/Lukas Ilgner
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Seit zwei Jahrzehnten entwickelt Stefan Ottrubay, der bürgerliche Neffe der mittlerweile verstorbenen Fürstin Melinda Esterházy, den sagenhaften Stiftungsbesitz im Burgenland weiter. Mehr als 250 Millionen Euro wurden seither in der Region investiert und mit dem neuen Freizeitresort Breitenbrunn, dem ersten gehobenen Hotel in Eisenstadt und der Oper im Steinbruch touristische Highlights geschaffen. 

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Dunkle Wolken ziehen sich an diesem Novembertag über dem prunkvollen Schloss Esterházy in Eisenstadt zusammen. Es weht ein kalter Wind, der selbst Stefan Ottrubay in seiner Steppjacke etwas frösteln lässt. Doch er lächelt souverän in die Kamera, die neue Ausgabe des Esterhazy-Journals in der Hand. Das sei aber nicht sein Schloss, scherzt er mit dem Fotografen und wendet sich dem Barockjuwel zu, das mit seinen Ausstellungen, Konzerten und Konferenzen der Tourismusmagnet des Burgenlandes ist. 

Letzte private Eigentümerin sei seine Tante Melinda, Ehefrau und Alleinerbin des Fürsten Paul V. Esterházy, gewesen. Sie habe das gesamte historische Erbe vor 30 Jahren in unauflösliche Stiftungen eingebracht, mit der Idee, es zu bewahren und weiterzuentwickeln. „Das Leben hat mir viel geschenkt“, heißt die Ausstellung, die zu ihren Ehren im Schloss gezeigt wird und die märchenhafte Geschichte erzählt, wie aus der in Budapest geborenen Primaballerina eine reiche, aber kinderlose Fürstin wurde, die 2014 im hohen Alter von 94 Jahren in Eisenstadt starb. 

Ottrubay, gebürtiger Schweizer, promovierter Jurist und Neffe von Melinda Esterházy, war viele Jahre lang als Banker tätig, übt aber seit der Jahrtausendwende einen der ungewöhnlichsten Jobs im ganzen Land aus: Er ist über verschiedene Funktionen im Stiftungsreich Herr und Wächter des Esterházy-Stiftungsvermögens. Eines Vermögens, das als der größte private Grundbesitz Österreichs gilt: mit riesigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen, weiten Teilen des Neusiedler Sees, darüber hinaus Schlössern wie Eisenstadt und Lackenbach, Burgen sowie historischen Kunst- und Kulturschätzen. Der zuletzt vor einigen Jahren offiziell ermittelte Wert: weit über eine Milliarde Euro.

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Stefan Ottrubay und Melinda Esterházy auf Burg Forchtenstein 2007.

 © Esterhazy

Wer dieses Vermögen im Rahmen der Stifterinnenwillens managt, verfügt über große ökonomische Gestaltungsmacht. „Meine Strategie zielt seit Beginn darauf ab, die Region laufend attraktiver zu gestalten und dort, wo noch weiße Löcher sind, sehr gezielt hochwertige Angebote zu schaffen. Es soll schließlich später nicht heißen, das hätten die Esterházys doch besser machen können“, sagt Ottrubay.

Zur Verwirklichung seiner Vision nimmt er viel Geld in die Hand. Mehr als 250 Millionen Euro flossen unter seiner Ägide in den Erhalt und die Weiterentwicklung des Stiftungsvermögens – und damit auch in die Region. Historische Gebäude wurden instandgesetzt, Restaurants und Hotels eröffnet, ein erstes komplettes Strandbad am Neusiedler See zu einem modernen Freizeitresort aus­gebaut, zahlreiche, sehr unterschiedliche Kunst- und Kulturprojekte finanziert. Und mehr als 660 Arbeitsplätze geschaffen.

„Stefan Ottrubay agiert nicht nur zahlengetrieben, er hat Visionen für das Land und sehr viel übrig für Kunst, Kultur und Landwirtschaft des Burgenlands. Er hat einen irrsinnigen Antrieb, Projekte voranzubringen, und scheut auch nicht den Konflikt, wenn andere dagegen sind“, sagt ÖBAG-Aufsichtsrätin Susanne Höllinger, die seit heuer auch die „Esterhazy Betriebe“ kontrolliert. Seine Querelen mit der Landesregierung, die unter Hans Peter Doskozil befriedet werden konnten, sind ebenso Legende wie der Streit mit Vertretern der Fürstenfamilie um Macht und Einfluss in der Domäne.

Höhere Erträge

In die Wiege gelegt war Ottrubay die Position im Stiftungsreich nicht. Nach dem Tod des Fürsten wurde sein Vater der engste Berater der Fürstin und half ihr, die Stiftungskonstruktion zu entwickeln. Ottrubay, von Beginn an vom Ausland aus in den Prozess eingebunden, wurde dann für die Verwaltung des Vermögens im Jahr 2000 ins Burgenland geholt. Das war insofern ein Novum, als erstmals ein Bürgerlicher die volle Verantwortung erhielt. „Melinda und Paul haben bewusst niemanden aus der Familie als Erben eingesetzt oder mit dem Management des Vermögens betrauen wollen, da sie überzeugt waren, dass dies in professionelle Hände gelegt werden muss“, sagt Ottrubay. Eine Ansicht, die Vertreter der Fürs­tenfamilie heftig, aber bislang erfolglos bekämpft haben.

Damals war der historische Stiftungsbesitz in keinem guten Zustand. „Wir wussten, wenn wir alle notwendigen Werte zeitgemäß entwickeln wollen, müssen wir neue, flexible und dynamische Strukturen schaffen und laufend höhere Erträge erwirtschaften“, sagt er. Mit Beratern entwickelte er dann das Konzept einer modernen Geschäftsführungs- und Managementgesellschaft als operative Einheit für die drei wichtigsten Stiftungen: der gemeinnützigen zur Verwaltung des Kulturerbes und zweier Wirtschaftsstiftungen. Er selbst übernahm die Position des Generaldirektors der Esterhazy Betriebe, die er bis zur Umwandelung in eine Aktiengesellschaft im Herbst 2023 innehatte. Seitdem steht er dem Aufsichtsrat vor, arbeitet aber teilweise noch operativ mit und ist weiterhin als Vorstand in mehreren Esterházy-Stiftungen vertreten. Seine verschiedenen Rollen hat Ottrubay stets sehr aktiv angelegt. Er agiert nicht als reiner Verwalter, sondern als Gestalter und Impulsgeber für die Region. „In der Gruppe gibt es den unbändigen Willen, neue Dinge anzustoßen und umzusetzen. Dabei steht nicht der wirtschaftliche Erfolg einer einzelnen Maßnahme im Vordergrund, sondern es geht immer auch um die Stärkung des Burgenlands“, sagt ­Aufsichtsrätin Höllinger.

Ottrubays Rollenverständnis des Machers schlägt sich in den Geschäftszahlen nieder. Der Umsatz der Esterhazy Betriebe hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten etwa verfünffacht. Für heuer wird eine weitere Steigerung auf 100 Millionen Euro erwartet (plus 30 Prozent). Das Ergebnis der stark diversifizierten Gruppe wird nicht bekanntgegeben. „Meine Rolle als Aufsichtsrätin besteht darin, zu schauen, dass sich die vielen unterschiedlichen Aktivitäten am Ende wirtschaftlich ausgehen. Von dem, was wir verdienen, wird ein Großteil in neue Projekte investiert“, sagt Höllinger.

Kein normales Unternehmen

Mit einem normalen Unternehmen sei die „Domäne“, wie die Esterhazy Betriebe noch immer genannt werden, aber nicht zu vergleichen. Einige Bereiche verdienen laut Aufsichtsrätin prächtig, andere sind gemeinnützig oder dort tätig, wo wirtschaftlicher Erfolg nicht zu erzielen ist. Hochprofitabel sind die Forst- und die Landwirtschaft unter der Marke Pannatura und die Immobilien. Zusammen erzielen sie rund 70 Prozent des Umsatzes, die kumulierte Gewinn-Marge (EBITDA-Marge) liegt bei 29 Prozent. In den Immobilienbereich fällt etwa die Vermietung von Grundstücken und Parzellen an mehreren Seen wie Neusiedler See, Neufelder See und Trausdorfer See. War die alte Verwaltung nicht besonders daran interessiert, Gewinne zu erwirtschaften, wurde nach dem Wechsel die Wirtschaftlichkeitsrechnung eingeführt und Mieten vielerorts angepasst. Darüber hinaus initiierte Ottrubay mehr als 20 Immobilienprojekte. Er ließ historische Gebäude wie die ehemaligen Stallgebäude gegenüber dem Schloss Esterházy instand setzen und führte sie einer zeitgemäßen Nutzung zu. Heute ist das „Schlossquartier“ ein Anlaufpunkt für Freunde kulinarischer Genüsse.

Was mit dem Betrieb des im Schloss Lackenbach vor einigen Jahren eröffneten Hotels begann, ist heute ein wachsender Geschäftsbereich: Unter „Hospitality“ sind die bald vier Hotels, vier Restaurants, vier Kaffeehäuser und die größte Vinothek des Burgenlands gebündelt. Weinbau und -vertrieb sowie der kulturelle Schwerpunkt ergänzen den Gruppen-Mix. Die großen musikalischen Formate im Burgenland wie die Oper im Steinbruch, das Herbstgold-Festival in Eisenstadt und der wichtigste Kunstpreis für junge ungarische Künstler „Esterhazy Art Award“ gehen auf die Initiative Ottrubays zurück. „Esterhazy ist ein beispielloses Modell für private Kunst-, Kultur- und Tourismusförderung. Die Fürstin als letzte Einzeleigentümerin hat die Stiftungen gegründet, um die wirtschaftlichen Erträge für den Erhalt des einmaligen Erbes zu verwenden. Und das wird auch zehn Jahre nach ihrem Tod erfolgreich in ihrem Sinn gemacht“, sagt Peter Menasse, Inhaber einer PR-Agentur und Vizepräsident des Kunstvereins Eisenstadt.

Bei Esterhazy gibt es den unbändigen Willen, neue Dinge anzustoßen und umzusetzen.

Susanne Höllinger, Aufsichtsrätin Esterhazy Betriebe

Viel Geld für die Region

Das Geld, das die Domäne verdient, wird in die Region investiert. Zwei der größten Vorhaben der vergangenen Jahrzehnte könnten dabei nicht unterschiedliche sein: In Eisenstadt wurden gegenüber des Schlosses um 60 Millionen Euro Wohnungen, ­Büros und das Viersternehotel Galántha errichtet. Die hochwertige im Jahr 2019 eröffnete Herberge wird von Esterhazy selbst gemanagt, da sich trotz der 1a-Lage kein externer Betreiber finden ließ. Die Auslastung liegt heuer bei über 60 Prozent. In ein bis zwei Jahren soll die schwarze Null erreicht sein.

Mit über 50 Millionen Euro ist das Investment in Breitenbrunn am Neusiedler See ähnlich groß. Hier modernisierten die Esterhazy Betriebe erstmals ein komplettes Seebad und schufen eine schickes Freizeitresort mit Restaurant, Strandbar und Shop, wo man den Besuchern auch Jahrgangssardinen offeriert. Eröffnet wurde der „Neue Strand“ im Juni dieses Jahres. Abgeschlossen ist das Projekt aber noch nicht. In den nächsten Monaten werden noch 45 Tiny Houses aufgestellt, die man als Hotel selbst betreiben will.

Aber auch danach gönnt man sich keine Atempause in Sachen Projektentwicklung. Es gibt Pläne für neue Flächenvorhaben, etwa in Illmitz. Dort plant Esterhazy in Abstimmung mit der Gemeinde die Neugestaltung des Seebads. „Das Projekt hat Ähnlichkeiten mit Breitenbrunn, beide sind ganz herrlich situierte Anlagen“, sagt Ottrubay.

Schlosssanierung

Aber Ottrubays Strategie ist ohnehin, mehrere Bälle habe, erzählt er, ein eingespieltes Entwicklungsteam, das man immer dort einsetzen könne, wo man gerade mit den zuständigen Behörden nicht weiterkommt. Ein Entwickler aus Wien, der Flächen kaufe und zehn Jahre warten müsse, bis die Widmungen und die Baubewilligung vorliegen, würde wohl Pleite gehen.

Die Domäne hat da mehr wirtschaftlichen Spielraum. Und der erlaubt es ihr auch, sehr ambitionierte Projekte überhaupt anzugehen. Unter der Ägide von Ottrubay wurde die Oper im Steinbruch St. Margarethen für in Summe 14 Millionen Euro optisch und technisch auf ein neues Level gehoben. Dort sahen heuer mehr als 100.000 Besucher und Besucherinnen die Neuproduktion von „Aida“. Gemeinsam mit dem Land wurde eine Betreibergesellschaft gegründet, um das Kulturangebot weiter zu stärken.

An ein solches Joint Venture wäre noch vor einigen Jahren nicht zu denken gewesen, die Konflikte zwischen Domäne und Land schienen lange unüberbrückbar. Erst 2018 brachte die Wende, als Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Ottrubay öffentlichkeitswirksam einen Friedensschluss verkündeten.

Seitdem ist das Klima deutlich freundlicher, und selbst die noch von den Vorgängerregierungen abgelehnte finanzielle Unterstützung bei der Sanierung des Eisenstädter Schlosses scheint nicht mehr unmöglich. Angesichts des geschätzten Investitionsbedarfs von mehr als 120 Millionen Euro will man auch den Bund ins Boot holen. „Der Bund unterstützt bekanntlich sehr großzügig Salzburg und Bregenz. Wir glauben, dass das nördliche Burgenland heute ebenso viel bietet und eine starke internationale Ausstrahlung darstellt. Das gilt ganz besonders auch für historische Bausubstanz“, sagt Ottrubay, der als Aufsichtsratvorsitzender weiterhin extrem gefordert ist, aber den Fokus seiner Arbeit verschieben will. „Mein Ziel ist es, mich künftig noch stärker den gemeinnützigen Themen wie den großen Umweltfragen im pannonischen Raum und der Tourismusförderung zu widmen“, sagt der 70-Jährige.

Wie gut ihm das gelingt, bleibt abzuwarten. Dafür ist sein Job einfach zu reizvoll.

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