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Digitaler Nachlass: Profile, Daten und Konten regeln

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Digitaler Nachlass: Profile, Daten und Konten regeln
Auch der digitale Nachlass sollte zu Lebzeiten geregelt werden.©istock
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Was passiert mit digitalen Daten und Konten, wenn jemand stirbt? Wie steht es um Profile in den sozialen Netzwerken? Welche Formalitäten nach einem Todesfall zu erledigen sind und welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt.

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Was ist ein digitaler Nachlass?

Die virtuelle Welt lässt vieles im Dunkeln. Die Erfahrung machen Hinterbliebene oft erst nach dem Tod eines ihnen Nahestehenden. Wurde der digitale Nachlass nicht geregelt, ist es für potenziellen Erben meist äußerst mühsam, im Internet verschiedene Accounts, Guthaben oder Abos aufzuspüren. Denn während es in der realen Welt Usus ist, dass man noch zu Lebzeiten den eigenen Nachlass regelt, wird auf den digitalen Nachlass oft vergessen.

Zu einem digitalen Nachlass gehören alle Daten, die nach einem Todesfall im Internet weiter bestehen. Dazu gehören Profile in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter ebenso wie bei Partnervermittlungsbörsen oder anderen Onlineplattformen und Diensten. Auch in Cloud-Netzwerken, Apps, Smartphones, auf Fitnessarmbändern und vielen anderen digitalen Plattformen hinterlassen wir persönliche Daten. Wir speichern elektronische Unterlagen, Bilder und Dokumente.

Im Ernstfall wäre es hilfreich, alle diese Dokumente, Polizzen, Rechnungen oder sonstige digitale Unterlagen rasch zur Hand zu haben. Ebenfalls geregelt werden muss, was mit E-Mail- oder Online-Banking-Konten und Mitgliedschaften bei Bezahldiensten wie PayPal, passieren soll. Blogs, Domainnamen oder Websites: Hinterbliebene müssen sich um deren Weiterbestehen, die weitere Nutzung oder die Löschung kümmern.

Leitfaden Digitaler Nachlass

Der Verband der österreichischen Internetprovider (ISPA) hat eine Broschüre (Leitfaden Digitaler Nachlass) verfasst, in dem weitere Ratschläge zum Thema digitaler Nachlass zu finden sind. Diesen zu ordnen beginnt bei der Vorsorge, sprich einer Bestandsaufnahme, die aus einer einfachen Liste mit allen Online-Mitgliedschaften, Profilen und den entsprechenden Login-Daten besteht. Eine solche Liste sollte im Idealfall bei einem Notar hinterlegt werden, damit dieser im Todesfall eine entsprechende Anleitung hat. Außerdem sollte geregelt werden, wer im Todesfall Zugriff auf sensible und persönliche Daten bekommt.

Sonst wird die Arbeit der Hinterbliebenen dadurch erschwert, dass viele Online-Communities noch keine festgeschriebenen Prozedere für Todesfälle haben und sich Angehörige von Kundenservice zu Kundenservice durcharbeiten müssen. Vor allem das Löschen von Profilen wird oft zum Spießrutenlauf. Das Onlineverzeichnis backgroundchecks.org gibt einen Überblick darüber, wie einfach oder schwer es ist, Online-Profile bei diversen Anbietern zu löschen.

Das digitale Zeitalter macht Erben damit um ein schwieriges Kapitel reicher. "Zu wenige Menschen regeln ihren digitalen Nachlass. Es ist daher ratsam, hier entsprechende Vorsorge zu treffen", so Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ).

Online-Konten, Abos und Services

Erben treten in Online-Verträge des Erblassers ein

"Erben treten in alle Rechtsbeziehungen des Erblassers ein, also auch solcher zu Online-Konten und –Services", erklärt Philipp Nierlich, Notar und Spezialist für den digitalen Nachlass bei Notare Huppmann, Poindl, Pfaffenberger und Partner.

Das bedeutet: Entgeltliche Verträge wie Netflix oder Parship gehen damit auf die Erben über. Meist besteht aber die Möglichkeit, dass die Erben im Todesfall kündigen können. Entsprechend wichtig sei es für Erblasser bereits zu Lebzeiten Vorsorge zu treffen. Damit kann Missbrauch und unerwartete Rechnungen etwa von Online-Abos verhindert werden. Deshalb ist es vor Erbantritt umso wichtiger herauszufinden, welche Konten und Services der Verstorbene genutzt hat.

Diese Vermögenswerte zählen zum digitalen Nachlass:

  • Konten bei Online-Banken

  • Guthaben bei Bezahldiensten wie Paypal

  • Guthaben bei Online-Shopping-Konten wie Amazon

  • Guthaben, etwa von Wettbüros

  • Guthaben auf einem Kryptowährungsdepot

  • Digitale Verträge, wie Abos für Zeitungen, Dating-Portale oder bei Verleihen wie iTunes

  • Guthaben in Form von Kryptowährungen

  • Blogs, Domains und eigene Webhops

Rechtlich ist nicht gänzlich geklärt, wie mit einer Hinterlassenschaft in der Online-Welt umzugehen ist. In sozialen Netzwerken muss zunächst der Todesfall gemeldet und belegt werden, andernfalls besteht das Konto weiter. Das weitere Vorgehen unterscheidet sich von Netzwerk zu Netzwerk. Auf der Informationswebsite des Bundeskanzleramts help.gv.at wird die grundlegende Problematik erklärt.

Benutzerkonten

Der deutsche Bundesgerichtshof hat 2018 ein Urteil zum digitalen Nachlass gefällt, das auch für Österreich als richtungsweisend eingestuft wurde. Bis dahin war nicht klar, wem im Todesfall die Inhalte auf digitalen Konten gehören. Damals ging es zwar um einen Streit über den Zugang zu einem Facebook-Konto von Eltern zum Profil ihres verstorbenen Kindes, es wurde aber im Zuge dessen grundsätzlich festgehalten: „Ein Vertrag über ein Benutzerkonto ist vererbbar.“

Damit haben Erben auch das Recht, vom Provider oder Dienstleister die Herausgabe von Passwörtern zu verlangen. In der Entscheidung dieses Karlsruher Urteils heißt es: „Eine Differenzierung des Kontozugangs nach Vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten scheidet aus." Hinterbliebene selbst dürfen jedoch beispielsweise nicht bei Paypal & Co im Namen des Verstorbenen Konten aufspüren und bei diversen Online-Diensten Zugang zu diesen verlangen.

Online-Sparbücher

Bei einem legitimierten, auf den Erblasser lautenden Sparbuch in Papierform kommen Beträge bis zu 15.000 Euro einer Schenkung gleich, sofern das Passwort bekannt ist und das Konto nicht im Testament aufgelistet ist.

Für Online-Sparbücher gilt das nicht. Selbst wenn Online-Konten und Passwörter den Hinterbliebenen bekannt sind, kommen anders als beim klassischen Inhaber-Sparbuch Beträge unter 15.000 Euro rechtlich nicht einer Schenkung gleich.

iTunes

Einen Spezialfall bilden Online-Abschlüsse von Musikstores wie iTunes. „Das Unternehmen wirbt zwar damit, dass Kunden Inhalte wie Musik und Podcasts kaufen können, tatsächlich werden diese aber nur verliehen. Der Leihvertrag erlischt mit dem Tod“, hält Nierlich fest. Anspruch auf Nutzungsrechte der Lieder, die der Verstorbene im Laufe seines Lebens erworben hat, gibt es damit nicht.

Ähnliches gilt für viele andere Musik- und Streaming-Dienste. Dasselbe gilt auch für E-Books. Auch da werden nur Nutzungsrechte vergeben. Nicht immer ist es möglich, eine Kopie auf einem anderen Gerät zu speichern. Wenn iTunes & Co jedoch nichts vom Ableben des Nutzers erfahren und die Zugangsdaten bekannt sind, können die Hinterbliebenen bis auf Weiteres die Lieder hören und die Bücher lesen.

9 Tipps für den digitalen Nachlass

Liste der Online-Konten im Testament anführen

Um im Todesfall für die Hinterbliebenen rasch Licht ins Dunkel zu bringen, rät Notar Nierlich, entweder eine Liste der elektronischen Konten und Diensten mit dazugehörigen Passwörtern im Testament als Anhang anzuführen oder die Liste entweder zu Hause in einem Ordner oder in einem Bankschließfach aufzubewahren. „Ob der jeweilige Ort vor unerwünschten Zugriffen sicher ist, muss jeder selbst beurteilen“, so der Notar. In jedem Fall sollte die Liste über digitale Konten und Services immer wieder aktualisiert werden. „Auch ein Testament sollte alle paar Jahre mit neuen Daten aktualisiert werden, neu überdacht und gegebenenfalls überarbeiten werden“, rät der Experte.

Festlegen, wer welche digitalen Inhalte erbt

Im Testament sollte also genau festgehalten werden, wer welche digitalen Inhalte erbt. Je detaillierter ein Testament formuliert ist, auch was Online-Geld betrifft, umso besser, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen sind vielfältig und noch nicht vollständig geklärt.

Nachlassverwalter bestimmen

Weiters kann eine Vertrauensperson zum digitalen Nachlassverwalter bestimmt werden. Dieser kann dazu bestimmt werden, Blogs oder andere soziale Inhalte zu verwalten.

Zugang zu privaten Daten auf Computer klären

Gerade jene, die unerwartet aus dem Leben gerissen werden, haben Passwörter mitunter nicht zu Hause gesammelt, sondern beispielsweise am Firmencomputer gespeichert. „Die Hinterbliebenen haben jedoch keinen rechtlich gesicherten Anspruch darauf, dass dessen Arbeitgeber private Daten herausgibt“, klärt Nierlich auf. Es sei denn, es wurde vertraglich so festgehalten.

Bestimmen, was mit Daten geschieht

Die AK empfiehlt, die gewünschte Vorgehensweise mit den digitalen Konten für die Hinterbliebenen festzuhalten. Es bieten sich dafür vier Möglichkeiten: Erhaltung, Löschung, Archivierung oder Übertragung der Daten an Angehörige, Erben oder dritte Personen.

Nachlasskontakt auf sozialen Netzwerken festlegen

So manches soziales Netzwerke wie Facebook oder bietet mittlerweile Möglichkeiten, für den Todesfall vorzusorgen. Beispielsweise kann verfügt werden, dass eine bestimmte Person informiert wird, wenn der Kontoinhaber über längere Zeit inaktiv ist. Dazu kann eine Person als sogenannter Nachlasskontakt festgelegt werden. Dieser hat nach dem Tod das Recht, das Konto zu verwalten.

Auf die privaten Nachrichten zugreifen kann diese allerdings nicht. Die zweite Möglichkeit wäre, das Profil bei längerer Inaktivität automatisch löschen zu lassen. Das Businessnetzwerk Xing bietet die Möglichkeit, den Hinterbliebenen Zugriff auf das eigene Profil zu gestatten, sofern das im Testament verfügt wurde. Auch Rechtsanwälte oder Notare können damit beauftragt werden. Xing geht dabei nach folgendem Prozedere vor: Es schaltet das Profil einer als verstorbenen gemeldeten Person zunächst inaktiv und sendet eine E-Mail an den Nutzer. Bleibt diese E-Mail innerhalb von drei Monaten unbeantwortet, wird das Profil endgültig gelöscht.

Erinnerungsstatus vorsehen

Facebook hat zudem einen sogenannten Erinnerungsstatus geschaffen, der nach einer Todesmeldung aktiviert werden kann. So können Gedenkseiten geschaffen werden. Das Profil wird dabei eingefroren, Freunde der Verstorbenen können weiterhin Einträge hinterlassen. Die Angehörigen können auch beantragen, den Account komplett löschen zu lassen.

Bitcoins richtig vererben

Jeder Besitzer von Bitcoins hat einen sogenannten Private-Key, um auf seine Wallet, die elektronische Geldbörse zugreifen zu können. Dieser Private-Key ist vererbbar. Es kommt jedoch darauf an, wo der Key verwahrt wird. Wird ein Private-Key auf einem Datenträger, also etwa auf einer Festplatte gesichert, ist dieser im Eigentum des Erblassers und wird automatisch an den Erben übertragen. Wenn der Zugangscode jedoch in einem Online-Wallet, also auf einem externen Server, aufbewahrt wird, können Erben die Herausgabe der Daten fordern.

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