Trend Logo

Wrackbörse: Geringe Entschädigung für Totalschaden droht

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
8 min
Totalschaden: Wie Versicherungen durch Wrackbörsen Unfallautos bewerten
Auto kaputt, Versicherung zahlt nur geringe Entschädigung? Kommt laut Versicherungen selten vor. Wappnen sollte man sich trotzdem.©istock
  1. home
  2. Lifestyle
  3. Mobilität

Versicherungen bestimmen mit umstrittenen Methoden, wann ein Auto ein Totalschaden ist. Autohändler ärgert das immer wieder. Wie Versicherungen vorgehen, worauf man bei Kfz-Versicherungen achten sollte, um nach einem Unfall Entschädigung zu bekommen, um sich damit ein gleichwertiges Auto leisten zu können.

von

Im Fall des Falles zahlt bei einem Unfall mit einem Fahrzeug die Versicherung alles? Mitnichten. Diese Erfahrung machen vor allem Autofahrer. Selbst dann, wenn sie im vermeintlichen Vertrauen auf Sicherheit eine Kasko-Versicherung abgeschlossen haben, muss das nicht der Fall sein.

Darf die Kfz-Versicherung Reparatur eines Schadens ablehnen?

Grundsätzlich gilt: Bei einer Reparatur wird der mit einer Kaskoversicherung versicherte Schaden behoben und der Kunde kann sein Auto weiterhin nutzen. Dich die Versicherung kann die Reparatur eines Schadens auch ablehnen, nämlich dann wenn sie einen Totalschaden am Fahrzeug feststellt.

Stimmt der Versicherer der Reparatur aufgrund eines ermittelten Totalschadens einer Reparatur nicht zu, wird der Restwert des Fahrzeuges über die Wrackbörse ermittelt. Dieser Wert wird dann vom Wiederbeschaffungswert abgezogen.

Wann liegt ein Totalschaden vor?

Ein Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten und der Restwert den Wiederbeschaffungswert übersteigen.

In der Haftpflichtversicherung liegt ein Totalschaden vor, wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um 15 Prozent übersteigen.

Bei der Kaskoversicherung liegt bereits ein Totalschaden vor, wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten zuzüglich Restwert den Wiederbeschaffungswert übersteigen.

"Versicherer können jedoch Schäden, die bei weitem nicht an den Fahrzeugwert heranreichen, zum Totalschaden erklären", weiß Burkard Ernst, Gründer von Mazda Rainer und frühere Obmann des Bundesgremium für den Fahrzeughandel.

Was ist eine Wrackbörse?

Lange wurde der Wert eines havarierten Autos von einem sachverständigen Gutachter ermittelt. Die Bezifferung des Schadens ergab was der Besitzer dafür bekommt (Restwert).

Mittlerweile bieten Kfz-Versicherungen (Haftpflicht- und Kaskoversicherungen) stark beschädigte Pkws/Totalschaden an einer Online-Wrackbörse an. Wrackbörsen sind Online-Auktionsplattformen, zu denen nur Händler Zutritt haben.

Die Angebote der Wrackbörsen und die Entscheidung für ein Offert bildet die Grundlage wie viel die Kfz-Versicherungen dem Besitzer für den Totalschaden zahlt. Nunmehr bestimmen damit, wie es an Börsen üblich ist, Angebot und Nachfrage den Preis für ein Wrack/einen Totalschaden. Dabei geht es bei der Bewertung des Schadens naturgemäß nicht unbedingt gerecht zu. Wenn die Versicherungsbranche auch immer wieder betont, dass es bei 99 Prozent aller Kasko-Schäden keine Probleme gibt: Die Finesse liegt bei der Beurteilung der Schäden. So ist Bewertung eines Schadens ein heikles Unterfangen, bei dem die Geschädigten das finanzielle Nachsehen haben können, geht es dabei doch meist um viel Geld.

Versicherungen können Schäden, die bei weitem nicht an den Fahrzeugwert heranreichen, zum Totalschaden erklären.

Totalschaden: Was die Versicherung zahlen muss

Kommt die Versicherung zu dem Ergebnis, dass es sich um einen "wirtschaftlichen Totalschadens" handelt, muss sie nur die Differenz zwischen dem Zeitwert und dem aus dem Wrack erlösbaren Verkaufspreis begleichen, ohne die tatsächlichen Reparaturkosten zu berücksichtigen.

Wer entscheidet, welches Angebot einer Wrackbörse angenommen wird?

"Die Entscheidung an wen das Wrack verkauft wird, verbleibt zwar beim Geschädigten und so beispielsweise der Leasingfirma", erklärt Anwalt Focke.

Rechenbeispiel Reparatur versus Totalschadenabrechnung

Blurred image background
Rechenbeispiel Reparatur versus Totalschadenabrechnung

k.A

© Garanta

Kann man bei einem Totalschaden auf eine Reparatur bestehen?

Auf eine Reparatur des Pkws können Kasko-Versicherte rein rechtlich nicht bestehen. Sie bekommen zwar, sofern das Auto nicht zu alt ist, den Zeitwert ersetzt, ein gleichwertiges Auto können sie mit der Entschädigung aber meistens nicht kaufen.

Warum stehen Wrackbörsen in der Kritik?

  • So mancher Autohändler ist der Ansicht, dass die Wrackbörsen eine Einrichtung der Versicherungen sind, um im Schadensfall Geld zu sparen. Die Leidtragenden dieser Vorgehensweise von Versicherungen sind nach Ansicht von Autohändlern die Autobesitzer, die mitunter ihr Auto zu viel zu niedrigem Preis hergeben sollen.

    Dem Kunden bleibt, wenn die Versicherung einen Totalschaden feststellt, meist nichts anderes übrig, als sich mit der Entschädigung der Versicherung und dem Erlös aus dem Wrackverkauf ein neues Auto anzuschaffen. Gerade bei älteren Autos ist dem Kunden aber oft eine Reparatur lieber, um das Fahrzeug noch einige Jahre weiterfahren zu können. Möchte ein Kunde das Auto nicht verkaufen, zahlt die Versicherung wie ein Rechenbeispiel der Garanta Versicherung zeigt, lediglich € 2.500, obwohl die Reparaturkosten € 4.650 betragen.

  • Auch die die Kfz-Werkstätten, einer der wichtigsten Umsatzbringer von Autohändlern leiden, schließlich werden wegen des Handels an den Wrackbörsen deutlich weniger Autos repariert. Die beschädigten Autos werden oft ins Ausland verkauft, mitunter auch nur, um an einen Typenschein heranzukommen. Die Autohändler mit ihren angeschlossenen Kfz-Werkstätten haben naturgemäß ein höheres Interesse, Autos zu reparieren und damit daran zu verdienen, als sie über Wrackbörsen auf Nimmerwiedersehen zu verkaufen.

Versicherungsfalle Schadenslenkungsklausel

Sollte die Versicherung doch eine Reparatur des Autos erlauben, droht der Kunde wieder in eine Falle zu tappen. Wenn nämlich im Vollkaskovertrag eine Schadenslenkungsklausel enthalten ist, kann die Versicherung bestimmen, in welcher Werkstatt das Auto repariert werden muss. Allfällige Bedingungen werden dabei wieder von den Versicherungen diktiert.

Ein OGH-Urteil bestätigte sogar die Rechtmäßigkeit dieser Vertragsvereinbarungen. Autoexperte Ernst warnt: "Diese Vertragsklauseln dürften Versicherungsnehmern nicht ausreichend bekannt sein." Ein OGH-Urteil bestätigte sogar die Rechtmäßigkeit dieser Vertragsvereinbarungen. Autoexperte Ernst warnt: "Diese Vertragsklauseln dürften Versicherungsnehmern nicht ausreichend bekannt sein." Er rät daher, Versicherungen direkt beim Autohändler abzuschließen. Der Branchenversicherer des österreichischen Kfz-Gewerbes biete beispielsweise Reparaturen bis zu 100 Prozent des Wiederbeschaffungswertes.

Zu niedriges Angebot der Versicherung bei Unfallschaden: Was tun?

Der ÖAMTC rät in solchen Fällen, das Angebot der Versicherung nicht zu akzeptieren. Versicherungsgutachten sind nicht in Stein gemeißelt und Geschädigte sollten sich wehren.

Wrackbörsen: Für und Wider

"Wrackbörsen sind keine Neuheit, sondern lange gängige Praxis", wehrt sich ein Kfz-Vorstandsdirektor eines großen heimischen Allspartenversicherers gegen die Kritik. Fälle, in denen Kunden stark benachteiligt würden, wären Einzelfälle. Dem kontert der ÖAMTC: "Mangelhafte Bewertungen von Fahrzeugen sind leider kein Einzelfall. Immer wieder kontaktieren Mitglieder unsere Rechtsberater, weil sie mit der Schadensbewertung bei älteren Autos unzufrieden sind."


Dem widerspricht die Versicherungsbranche: Von diesen Preisbörsen würden Kunden auch profitieren. So seien Restwerte früher oft von Kfz-Werkstätten oder Händlern zu niedrig eingestuft worden. "Das war früher das große Körberlgeld, auch wenn das schon Jahrzehnte her ist." Es sei außerdem unrichtig, dass kaskoversicherte Autos nur bis zu einem Schaden von etwa 70 Prozent des Wiederbeschaffungswertes repariert würden. Tatsächlich lege dieser Wert "viel, viel höher".

Bis zu wie viel Prozent des Wiederbeschaffungswertes darf repariert werden?

Online-Recherchen ergaben, dass im Einklang mit der Judikatur bis zu einer Höhe von 110 oder 115 Prozent des Wiederbeschaffungswertes repariert wird. Das Problem dabei ist allerdings: Es gibt keine starren Prozentsätze, bis zu denen Autos repariert werden. Autofahrer sind daher auf den guten Willen der Versicherer angewiesen. Gerade wer knapp bei Kasse ist und ein älteres Auto hat, wird nach einem Unfall keine ganz leichte Position gegenüber dem Versicherer haben.

Auto & Motor

Über die Autoren

Logo
Abo ab €16,81 pro Monat