Viele gute Gründe für den Aufschwung
Die neue OECD-Prognose deutet darauf hin, dass die Krise endich überwunden ist. Die Weltwirtschaft wird heuer um 2,9 Prozent wachsen, im kommenden Jahr sogar um 3,3 Prozent. Warnungen gibt es an die Adresse derer, die mit Protektionsimus neue Schranken und Mauern hochziehen wollen.
Viel Chancen, aber auch Risiken gibt es für die Weltwirtschaft.
Positive Signale für die Weltwirtschaft kommen aus Paris: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die jüngste Prognose für die kommenden drei Jahre präsentiert. Auf den Punkt gebracht: Das Wachstum der Wirtschaft zieht wieder an - und zwar weltweit. Demnach scheint die Krise zumindest für die kommenden zwei Jahre überwunden zu sein.
Im Jahr 2019 könnte die Weltwirtschaft sogar die Marke von 4,0-Prozent steifen, wie OECD-Generalsekretär Angel Gurría meinte. "Es gibt einige Gründe für die Hoffnung", so Garría, wenngleich er mit Vorsicht seine Prognose unterlegte.
Die Zahlen der Hoffnung
Im Jahr 2016 wird weltweit mit einem Wachstum von 2,9 Prozent gerechnet. Das ist genauso viel, wie in der Prognose im September berechnet wurde. Angehoben wird nun die Prognose für 2017: Die Weltwirtschaft soll mit 3,3 Prozent wachsen (zuvor 3,2 Prozent). Für 2018 wird erstmals ein Wachstum von 3,6 Prozent prognostiziert, was erstmals wieder dem Niveau vor der Wirtschaftskrise entspricht.
Für die USA, Japan, Großbritannien, China und den Euroraum wurden die Prognosen jeweils moderat erhöht. In der Eurozone wächst die Wirtschaft heuer um 1,7 Prozent (bisherige Prognose: 1,5 Prozent), 2017 um 1,6 Prozent (statt 1,4).
Die OECD fordert einen Maßnahmenkatalog, damit die Weltwirtschaft aus der "Falle" kommt. Das Wirtschaftswachstum war in den vergangenen Jahren zu niedrig,
"Nach fünf Jahren enttäuschend schwacher Ergebnisse hat die Weltwirtschaft nun Aussicht auf ein etwas höheres Wachstum", sagt Gurría. In den meisten Ländern könnte eine gezielte Erhöhung der öffentlichen Ausgaben um jährlich 0,5 Prozent des BIPs finanziert werden, ohne dass sich damit die Schuldenquote mittelfristig erhöht. Würde diese Initiative von Strukturreformen begleitet und von allen Ländern gemeinsam getragen, wäre der Effekt laut OECD-Bericht noch stärker.
"Wir fordern die fiskalischen Mittel aktiver zu nutzen, um Wachstum zu fördern und Ungleichheit zu mindern, ohne dabei den Schuldenstand zu erhöhen", betont der OECD-Generalsekrtär.
Der Appell an die Vernunft
Die OECD verbindet die Wachstumsprognose mit dem Einsatz gezielter Ausgabenprogramme, die zur Ankurbelung der Privatschaft und in weitere Folge für das Wirtschaftswachstum beitragen sollen, um die Weltwirtschaft aus der Wachstumsschwäche zu befreien.
"Das ist kein Blankoscheck für Regierungen", so OECD-Generalsekretär Gurría. Die OECD fordert eine vernünftige Fiskalpolitik, die zusätzliche Ausgaben auf Bereiche konzentriert, die Wachstum fördern und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, wie Investition in qualitativ hochwertige Infrastruktur, Innovation, Bildung und Qualifikationen.
Der Bericht zeige aber auf, dass die ausgesprochen expansive Geldpolitik mit dem niedrigen Zinsniveau ein "Fenster der Möglichkeiten" für neue fiskalischen Initiativen geschaffen habe.
Ein Trump-Effekt
Positive Wachstumsaussichten sieht Gurría für die USA auch mit den jüngsten Ankündigungen des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der massiv die Staatsausgaben erhöhen will - etwa für Infrastrukturprojekte. Gleichzeitig hat Trump angekündigt, die steuerlichen Rahmenbedingungen zu erleichtern.
Trump will laut seinen Ankündigungen 550 Mrd. Dollar (519 Mrd. Euro) in die zum Teil marode Infrastruktur der USA investieren. Außerdem sollen die Unternehmenssteuern deutlich sinken. Der erwartete "fiskalische Impuls" werde das BIP-Wachstum nächstes Jahr um knapp 0,5 Prozentpunkte und 2018 um einen Prozentpunkt anheben.
Für die USA erwartet die OECD ein Wachstum von 2,3 Prozent für 2017. Im Jahr 2018 soll die US-Ökonomie um 3,0 Prozent wachsen. Der US-Beitrag für das gesamte Wirtschaftswachstum beläuft sich laut OECD auf 0,1 Prozent für das kommende Jahr.
Auch für die Europäische Union sieht die OECD noch Raum fü eine fiskalische Lockerung.

China dürfte laut OECD-Bericht die Krise der vergangenen zwei Jahre noch nicht in Griff bekommen haben. "China setzt seinen Weg zu einem neuen Gleichgewicht fort, was die Wachstumsaussichten weiter dämpft", so Gurría. Der OECD-Ausblick für 2017 geht von einem Wirtschaftswachstum von 6,4 Prozent aus, für 2018 nur noch von 6,1 Prozent. In Indien dürften die Wachstumsraten 2017-18 über 7,5 Prozent liegen, für die anderen Schwellenländer wird eine insgesamt trägere Wirtschaftsdynamik erwartet.
Für Brasilien hingegen erwartet die OECD mit einem Ende der Rezession im Jahr 2017. Nach einem Minus von 3,4 Prozent per Ende, dreht der Schrumpfkurs zumindest auf Null. Im Jahr 2018 soll die Wirtschaft im sechstgrößten Lande der Welt wieder mit 1,2 Prozent wachsen.
Brexit halbiert das Wachstum
Für Großbritannien wird der Ausstieg aus der EU laut OECD-Prognose wirtschaftlich ungünstige Folgen haben. Die OECD prognostiziert ein Rückgang des Wachstums von heuer 2,0 Prozent auf 1,2 und 1,0 Prozent im Jahr 2017 und 2018.
Österreich braucht Kindergärten, Breitband und weniger Barrieren
Die Unterstützung für Banken hat zuletzt die Verschuldung Österreichs erhöht und die Alterung der Bevölkerung wird weitere Steuerausgaben erfordern. Dennoch eröffne das aktuell niedrige Zinsniveau Spielraum für die Steuerpolitik, der dafür genutzt werden sollte, um öffentliche Ausgaben für Kleinstkinder und den Ausbau der Breitbandinfrastruktur zu erhöhen, empfiehlt die OECD.
Damit würde sich Österreich besser auf die Zukunft vorbereiten, heißt es im heute Montag veröffentlichten Länderbericht. 2016 sei das Wirtschaftswachstum dank Steuerreform, anziehenden Investitionen und der Schaffung neuer Jobs angesprungen. Diese Faktoren dürfen auch 2017 und in geringerem Ausmaß 2018 das Wachstum unterstützen. Sollte der Welthandel anspringen, könnte das Wachstum sogar noch stärker ausfallen. Die OECD geht heuer wie 2017 von 1,5 Prozent Wirtschaftswachstum aus, 2018 sollen es dann nur mehr 1,3 Prozent sein. Das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) rechnet von 2017 bis 2021 mit einem Wachstum von rund 1,5 Prozent. Das Insitut für Höhere Studien (IHS) rechnet im kommenden Jahr mit 1,3 Prozent Waxhstum nach 1,5 Prozent für 2016.
Würde Österreich die Eintrittsbarrieren in den Einzelhandel und in freie Berufe senken, käme dies dem Arbeitsmarkt zu Gute, insbesondere Migranten, und würde zu mehr Wettbewerb, Innovation und Wachstum führen. Auch eine weitere Konsolidierung der Banken würde deren Effizienz steigern, allerdings dürfe man dabei nicht den Wettbewerb behindern und zu große Institutionen ("too big to fail") schaffen.
Die OECD empfiehlt weiters ein System von Steuern und Förderungen, um die Arbeit besser zu verteilen. Auch solle man die Arbeitsplätze familienfreundlicher machen, um die Geschlechtergerechtigkeit der Gesellschaft zu verbessern. Arbeitsmarktausgaben sollten von passiven zu aktiven Maßnahmen umgeschichtet werden. Insgesamt könnte "Eine umfassende Überprüfung aller Ausgaben (des Staates)" helfen, vermerkt die OECD. Weitere Einsparungen wären durch eine mutigere Reform der staatlichen Institutionen möglich. Dazu sollte man auch die jüngsten Bemühungen um eine Verbesserung im Finanzausgleich verstärken.
Die Risiken
Trotz mehrerer Hoffnungsschimmer warnt die OECD auch vor den Risiken, wenn etwa Schwankungen bei Wechselkursen und Kapitalströmen gemeinsam mit Preisverzerrungen Schwachstellen in Unternehmensbilanzen offenlegen, insbesondere in den Schwellenländern.
In den entwickelten Volkswirtschaften könnte dies laut OECD die Rentabilität der Banken sowie die langfristige Stabilität der Rentensysteme auf die Probe stellen. Gewarnt wird auch von einem zunehmenden Protektionismus, wie er von vor allem rechts gerichteten Politkern in verschiedenen Ländern favorisiert wird. Handelsschranken und Zölle würde den Welthandel massiv einschränken.
Auch hier könnten die Ankündigungen etwa von Trump kontraproduktiv wirken. Er hatte gleich nach seiner Wahl angekündigt das Handelsabkommen TPP von zwölf Pazifikanrainerstaaten nicht zu ratifizieren. Unter Barack Obama wurde TPP mit insgesamt zwölf Staaten ratifiziert.
"Protektionismus und die unvermeidbar darauf folgenden Vergeltungsmaßnahmen würden einen Großteil der positiven Effekte der empfohlenen fiskalpolitischen Initiativen auf das inländische und globale Wachstum aufheben", sagte OECD-Chefökonomin Catherine L. Mann.
Die Folge wäre, dass "mit hoher Wahrscheinlichkeit die Preise anziehen, der Lebensstandard sinken und die Länder in einer schwächeren finanziellen Position zurückbleiben. Der Handelsprotektionismus würde zwar einige Arbeitsplätze schützen, er wird aber die Perspektiven und den Lebensstandard vieler Menschen verschlechtern".