Treibacher Industrie AG investiert 150 Millionen Euro
Die Kärntner Treibacher Industrie AG leidet zwar stark unter der Corona-Krise, investiert aber dennoch stark in Wachstumsfelder.
Treibacher AG Vorstände Rene Haberl (l.) und Rainer Schmidtmayer investieren trotz Krise, vor allem in Zukunftstechnologien.
Die Corona-Krise trifft auch die Kärntner Treibacher Industrie AG hart. Der Umsatz dürfte sich heuer gegenüber dem Spitzenjahr 2018 auf 350 Millionen Euro fast halbieren. „Bei den Gewinnen werden wir trotzdem deutlich positiv sein“, so Rainer Schmidtmayer, Vorstand der Treibacher AG anlässlich einer Videokonferenz. Er und Rene Haberl, ebenfalls Vorstand von Treibacher, rechnet jedoch erst 2023 oder 2024 wieder den Umsatz von 2019 zu erreichen.
Genügend Cash für Investitionen ist dennoch da. So startet nächstes Jahr der Bau einer neuen, rund 90 Millionen teuren Recylcing-Anlage, die zu einem de noch jungen Geschäftsfelder des Konzerns gehören, und ein neues Logistikzentrum soll ebenfalls in Treibach aus dem Boden gestampft werden. Für künstliche Intelligenz will der Konzern fünf Millionen Euro locker machen. Die Produktion soll dadurch schneller und flexibler werden. Ziel ist es die Qualitätskontrolle mit Hilfe von Algorithmen zu verbessern. Insgesamt plant der Konzern für diese Investitionen ein Budget von 150 Millionen Euro ein.
Keine Kurzarbeit am Standort Treibach, aber bei Tochterunternehmen
Die rund 800 Mitarbeiter am Standort müssen weder angesichts von Corona, noch wegen der bevorstehenden Automatisierungsschritte, um ihre Jobs bangen. „Es werden durch die von der Digitalisierung betroffenen Mitarbeiter in andere Bereiche umgeschichtet. Sie werden dann dafür eingesetzt, um Kundenlieferung noch schneller zu bewerkstelligen als heute. Kurzarbeit am Standort Treibach gibt es derzeit keine. Aber bei Tochterunternehmen in Wien und bei Tribotecc in Arnoldstein, in dem mit Metallsulfiden Zusatzstoffe für Bremsbelege hergestellt werden, um rückstandsfreies Bremsen zu ermöglichen. Derzeit sind rund 80 Mitarbeiter in Kurzarbeit.
Materialien, die Stahl leichter und biegsamer machen - voest einer der Großabnehmer
Hauptgeschäftsfelder von Treibacher Industrie sind die Herstellung von Umweltkatalysatoren, pharmazeutische Chemikalien, Metalle und Produkte für die Stahl- und Gießereiindustrie. Das Unternehmen, das von Carl Auer von Welsbach, Erfinder des Gasglühlichts gegründet wurde, zählt in vielen Bereichen zu den Weltmarktführern. Durch die Krise hat vor allem das traditionelle Geschäft, das sind Legierungen, die Stahl biegsamer, schlanker und leichter und rostfrei machen, gelitten. 20 Prozent des Umsatzes in diesem Bereich entfällt auf die zyklische Automobilindustrie. So ist die voestalpine einer der großen Kunden der Treibacher. Die Metalllegierungen werden auch im Bau, der Infrastruktur, Maschinenbau und der Lebensmittelindustrie eingesetzt.
Stahl-Absatz in China auf Vorkrisenniveau – Europa und die USA tief unter Wasser
Der Hauptabsatzmarkt von Treibacher ist mit einem Anteil von 80 Prozent Europa, der Rest entfällt auf die USA und Asien. „China läuft derzeit deutlich besser als Europa“, bemerkt Schmidtmayer. In China werden etwa mit Hilfe der Metalllegierungen aus Treibach Hochhäuser erdbebensicherer gemacht. „In China ist der Umsatz in der Stahlindustrie bereits ein Prozent über dem Vorjahrsniveau“, berichtet der Vorstand. In Europa ist der Stahlabsatz insgesamt um 20 Prozent geringer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, in den USA um 24 Prozent.
Breites Portfolio an neuen Hightech-Stoffen
Die Wachstumstreiber sieht Vorstand Haberl in Zukunft vor allem in den noch relativ jungen Geschäftszweigen des Unternehmens: Biotechnologie, Umwelttechnik, Hochleistungskeramik, Luft- und Seefahrttechnik, Pharmazeutische Rohstoffe für Medikamente und Recycling von Metallen. Um Innovationen voranzutreiben, arbeiten 70 Mitarbeiter in der Forschung & Entwicklung. "Unsere Innovationen sind kosten- und rescourcen-intensiv", sagt Haberl.
Wirkstoff zur Bekämpfung von Corona entwickelt
Derzeit besonders gefragt, ist ein von Treibacher entwickelter Rohstoff für Medikamente, das die Infektion durch Covid 19 lindern sollen. "Wir haben diesen Rohstoff mit Hochdruck fertig entwickelt. Große Pharmakonzerne wie Astra Zeneca sind unsere Abnehmer", erläutert Haberl.
Reycyling von Stahl- und Batterierohstoff Vanadium
Recycling, einer der Sparten des Unternehmens, betreibt die Treibacher Industrie AG etwa, um Vanadium aus Produkten herauszuholen. Das Schwermetall ist in der EU ein knappes Gut. „Wir wollen mit unserer Methode in der EU 15 Prozent der europäischen Versorgung mit diesem Metall durch Recycling erreichen“, so Treibacher-Vorstand Haberl. Derzeit ist der Markt für dieses Metall stark von China dominiert. Für Unternehmen außerhalb Asiens ist es vielfach schwer, sich das Metall zu konkurrenzfähigen Preisen zu beschaffen. Hauptabnehmer ist die Stahlindustrie. Vanadium wird vor allem als Zusatz für Legierungen für Stahl verwendet, als für Vorstoffe von Katalysatoren und wird in der Batterientechnologie eingesetzt. “Wir können Vanadium fast rückstandsfrei herausholen“, so Haberl. Der Preis des Rohstoffes ist jedoch starken Schwankungen ausgesetzt und drückt nach dem Preissturz, der bereits im Vorjahr eingesetzt hat, auf die Bilanz des Unternehmens. So ist der Preis von 43 auf 25 Dollar zurückgegangen.
Mit unserer Technik sind in der Luftfahrt Kerosin-Einsparungen in Milliardenhöhe möglich
Neue Techniken sparen Sprit: Beschichtungen von Flugzeugturbinen und Katalysatoren für große Schiffe
Einer der Wachstumssparten ist auch die Umwelttechnologie. "Wir können mit unseren Technologien Umweltbelastungen deutlich reduzieren", sagt Haberl. Von Treibacher entwickelte neuartige Vorstoffe von Katalysatoren sollen den Schadstoffausstoß von Kreuzfahrtschiffen und anderen großen Schiffen deutlich reduzieren. Zu den jüngsten Produkten des Unternehmens zählen auch neue Beschichtungswerkstoffe für Flugzeugturbinen. Dabei handelt es sich um ein Plasmabeschichtungspulver, das im eigenen Labor getestet und weiterentwickelt wird. "Damit werden Turbinen wesentlich leichter und halten wesentlich höhere Betriebstemperaturen aus. Mit dieser Technik könnten wir Kerosin für Flugzeuge in Milliardenhöhe zu sparen", hat Schmidtmayer errechnet.
Neue Materialien für hochwertige Keramikzähne und Prothesen
Großes Wachstumspotential hat laut Management auch die Hochleistungskeramik, ein Bereich in dem das Unternehmen schon heute weltweit führend ist. „Wir haben eine neue Technik entwickelt, um Keramikzähne in unterschiedlichen Lichtverhältnissen noch natürlicher als bisher aussehen zu lassen. Bei Prothesen für die Hüfte oder das Kniegelenk werden durch unsere neue Werkstoffe die Materialien langlebiger", erläutert Haberl. Der Schweizer Hersteller Biolux greift etwa auf das Know How der Kärntner zurück. Treibacher ist auch gelungen einen Bestandteil für Kontrastmittel zu entwickeln, die bei der Magnetresonanztherapie eine bessere Diagnostik ermöglichen. Das Geschäft mit diesen Werkstoffen zieht wieder leicht an. Schmidtmayer: „Viele Operationen wurden während des Shutdowns verschoben, auch Zahnarztbesuche. Das ändert sich langsam wieder.“