Schuldnerberater setzen sich beim Privatkonkurs durch

Bei der Novelle um das Privatkonkursrecht dürften sich die Schuldnerberater durchsetzen. Ende der Woche soll das Gesetz in die Begutachtung gehen. Die Gläubigervertreter warnen einmal mehr und sehen in den Neuerungen sogar eine "gesellschaftliche Bombe".

Schuldnerberater setzen sich beim Privatkonkurs durch

Wien. Bei den Schuldnerberatern herrscht Jubel - soweit man bei der bevorstehenden Novelle des Privatkonkurs-Recht sich darüber freuen kann, dass Privatpleitiers künftig leichter entschulden können. Am Freitag soll die Novelle in Begutachtung gehen. Und sie wird weitgehend die Vorschläge der Schuldnerberater berücksichtigen. Betroffen waren in Österreich im Vorjahr über 8000 Menschen, die Privatkonkurs anmelden mussten.

Die Entschuldung soll demnach schon nach drei Jahren statt bisher sieben Jahren möglich sein. Die Hürde der Mindestquote für die Rückzahlung der Schulden entfällt. „Das sind ganz wesentliche Verbesserungen im Privatkonkurs, von dem bisher ausgerechnet jene Menschen ausgeschlossen waren, die den Neustart am dringendsten brauchten", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen und Mitglied der Experten-Kommission im Justizministerium. Gescheiterten Selbstständigen mit sehr hohen Schulden und Menschen mit sehr niedrigem Einkommen, die einen Privatkonkurs hingelegt haben, würde somit ein Neustart vereinfacht werden.

Die im Jänner im Arbeitsprogramm der Regierung formulierten Vorgaben dürften nun in einem neuen Gesetz münden.

Das ist nicht zuletzt deshalb möglich, weil sowohl die beteiligten Ministerien, wie auch die meisten anderen Interessensvertretungen die Erleichterungen im „Österreich ist damit auch endlich nicht mehr Schlusslicht in Europa, wo schon seit vielen Jahren der Trend Richtung einer verkürzten Verfahrensdauer und einer Entschuldung ohne Mindestquote geht“, sagt ASB-Chef Mitterlehner.

Während die Schuldnerberater das neue Gesetz als Erfolg buchen können, gibt es von der Gläubigerseite massiv Kritik. Die Absenkung der Entschuldungsdauer ist den Kreditschützern ein Dorn im Auge. Kreditschutzverband 1870 (KSV), Credirreform und AKV stemmten sich bis zuletzt auch gegen die Abschaffung der Mindestquote. Der KSV fürchtet, dass für die Schulden künftig die Gesellschaft aufkommen müsse.

In der Praxis wurden Pleitiers, die es in fünf oder sieben Jahren nicht geschafft hatten die volle Mindestquote zu begleichen ohnehin pardoniert. KSV-Insolvenzexperte Georg Kantner wollte vor allem auch einen Unterschied sehen etwa bei Konsumschulden von Unternehmern. "Wir sind nicht gegen die zweite Chance für gescheiterte Unternehmer", so Kantner. "Es nicht aber nicht fair, dass die Konsumschulden einiger an die Solidargemeinschaft aller ausgelagert werden." Der KSV hat in einem /-Punkte-Programm seine Vorschläge präsentiert, die ebenso Erleichterungen vorgesehen hatten. Unternehmer, die rechtzeitig ihre Zahlungsunfähigkeit anzeigen, hätten unter anderm auch mit Erleichterungen rechnen können.

Drohende Kreditbremse

Den Schuldnerberatern ging dies aber nicht weit genug. Die "Freude" hält sich ob der bevorstehenden Novelle auch bei Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer in Grenzen. "Weil es im Geschäftsleben keine Gleichbehandlung mehr zwischen Gläubigern und Schuldnern gibt. Die Interessen von Gläubigern und Schuldner werden nicht mehr wie bisher austariert und berücksichtigt", sagt der Creditreform-Chef der APA.

Gläubigervertreter Weinhofer ortet sogar "eine kleine gesellschaftspolitische Bombe". Denn die Banken würden die Kredite um etwa einen viertel Prozentpunkt verteuern.

Die Folge sei daher auch, dass es wohl für Einzelunternehmer und persönlich haftende Gesellschafter künftig schwieriger werde Kredite zu bekommen.


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ASB-Schuldnervertreter Mitterlehner glaubt, dass die Erleichterungen zum Privatkonkurs kaum als Aufforderung zum Schulden-Machen zu sehen sei. Trotz Privatkonkurs-Novelle bleibt eine klare Grenze zwischen Strafrecht und Insolvenzrecht: „Wenn jemand absichtlich Schulden in dem Wissen macht, dass er diese nicht zurückzahlen wird können, ist das ein klarer Fall von Betrug. Daran ändert das neue Insolvenzrecht nichts.“

Keine Aufforderung zum Schulden-Machen

Der Wegfall der Mindestquote bedeutet nicht, dass Schuldner plötzlich nichts mehr zahlen müssen, betont ASB-Chef Mitterlehner. Zahlungsunfähigkeit (und nicht Zahlungsunwilligkeit) bleibt Voraussetzung für die Konkurseröffnung. Der Schuldnerberater betont, dass auch weiterhin auf das Vermögen der Schuldner zugegriffen wird. Dieser müsse im Pleitefall das Vermögen verkaufen. Sein Einkommen wird - wie gehabt - auf das Existenzminimum reduziert.

Mitterlehner betont, dass nun auch jene Menschen eine Chance auf eine Schuldenregelung erhalten, die bisher vom Privatkonkurs ausgeschlossen waren. Dazu zählen Verarmte und Mittellose Menschen. "Wer nichts hat, dem kann man auch nichts holen", sagt Mitterlehner. Nur: Die Personen, die zu wenig besitzen und verdient haben, um bisher auf die Mindestquote von zehn Prozent zu kommen, können sich nach den neuen Regelungen trotzdem entschulden.

„Das ist eine lupenreine Maßnahme der Armutsbekämpfung. Niemand – auch nicht die Wirtschaft – hat etwas davon, Menschen viele Jahre unterhalb der Armutsgrenze zu halten. Und niemandem ist geholfen, wenn sich eine Alleinerzieherin oder ein gescheiterter Jungunternehmer nicht entschulden können und sie bis an ihr Lebensende exekutiert werden“, sagt Mitterlehner.

Das neue Insolvenzrecht soll mit 1.7.2017 in Kraft treten.

Weniger Privatkonkurse

In Österreich haben im Jahr 2016 8101 Menschen Privatkonkurs eingereicht - damit über 700 weniger als im Vorjahr. Die Schulden bei den festgestellten Pleiten sind dabei ebenso leicht rückläufig.

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