RH: "Umgang mit Risiken von China-Investitionen ist fahrlässig"

Mehr als die Hälfte der Investitionen in der EU in den vergangenen neun Jahren sind von staatlichen chinesischen Unternehmen getätigt worden. Der Europäische Rechnungshof kritisiert jedoch das Vorgehen der Mitgliedsstaaten als fahrlässig, was den Umgang mit den so entstehenden Risiken betrifft und warum China-Firmen in Europa gegenüber europäischen Konkurrenten einen großen Vorteil haben.

RH: "Umgang mit Risiken von China-Investitionen ist fahrlässig"

China hat in den vergangenen neun Jahren in Europa bei Firmenkäufen kräftig zugelangt. Die Risiken wurden laut Rechungshof zu wenig bedacht.

Chinesische Investitionen in EU-Mitgliedsstaaten haben immer wieder Staub aufgewirbelt. Zuletzt war die Schließung des steirischen ATB-Werks in Spielberg durch die chinesischen Eigentümer in der Kritik. Der frühere Eigentümer Mirko Kovats ortet hinter dem damaligen Verkauf an die chinesische Wolong-Gruppe und den nun angekündigten Kündigungen von 360 Mitarbeitern eine "offensichtlich langfristig geplante Schließungsstrategie nach erfolgtem Technologietransfer". Ob das tatsächlich so ist, lässt sich wohl schwer beurteilen, aber der Europäische Rechnungshof hält generell den Umgang mit den Risiken, die durch Zukäufe und Beteiligungen chinesischer Firmen in Europa hervorgerufen werden, laut einer jüngsten Studie, für fahrlässig.

Atomic, Wolford und Aviation Industry: Bekannte Austrofirma in China-Besitz
In Österreich gibt es zahlreiche prominente Beispiele für chinesische Investments. So wurde der Atomic-Mutterkonzern Amer von einem chinesischen Konsortium des Sportartikelherstellers Anta übernommen. Der Vorarlberger Wäschekonzern Wolford ist seit März 2018 in der Hand. Ein weiteres prominentes Beispiel ist der oberösterreichische Luftfahrtzulieferer FACC, der seit 2009 mehrheitlich der staatlichen Aviation Industry Corporation of China (AVIC) gehört. Und für rund eine Milliarde Euro ist der Mobilfunker Orange vom österreichischen Markt verschwunden, nachdem der hinter Konkurrent "Drei" stehende Hongkonger Mischkonzern Hutchison zugriff. Auch die 2017 erfolgte 95 Millionen Euro schwere Übernahme von Tele2 Österreich geht auf das Konto von Hutchison/Drei.

Britische Großbrauerei und Daimler: Die größten Deals der Chinesen
In Europa war der größte chinesische Firmenkauf die Übernahme der britischen Brauereigruppe Greene King für 5,5 Milliarden Dollar durch eine Immobilien- und Investmentfirma des Hongkonger Multimilliardärs Li Ka-Shing. An zweiter Stelle kommt die Fünf-Prozent-Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Beijing Automotive an Daimler für knapp 2,9 Milliarden Dollar. Investoren aus der Volksrepublik gaben alleine im vergangenen Jahr mehr als 15 Milliarden Euro für Zukäufe und Beteiligungen an Unternehmen in Europa aus.

Für chinesische Beteiligungen gilt EU-Beihilfenrecht nicht
Einer der Hauptprobleme, laut einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs (EuRH): Mehr als die Hälfte der chinesischen Investitionen in der EU im Zeitraum von 2000 bis 2019 seien von staatseigenen Unternehmen getätigt worden, die von Zuschüssen durch die öffentliche Hand profitierten. Dies wiederum kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen, da chinesische staatseigene Unternehmen nicht den strengen EU-Beihilfevorschriften unterlägen. So kann China seine Beteiligungen in Europa mit üppigen Subventionen ausstatten, wohingegen europäische Unternehmen dahingehend strengen Reglements unterliegen.

Die größten Risiken von China-Investments in Europa
Zudem warnen die Experten davor, dass chinesische Investitionen in sensiblen oder strategisch wichtigen Sektoren die Sicherheit oder öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnten. Als weitere Risiken werden unter anderem erzwungene Technologietransfers und eine Abhängigkeit durch Schulden genannt.Als konkretes Beispiel für eine zweifelhafte Entwicklung nennen die Rechnungsprüfer die Tatsache, dass bereits 15 EU-Staaten eine Absichtserklärung mit China über Investitionen und Vorhaben im Rahmen der sogenannten Seidenstraßen-Initiative unterzeichnet haben.

EU-Staaten melden Vorgehen vorab Kommission nicht
Kritisch merken sie dabei vor allem an, dass die Mitgliedstaaten die EU-Kommission vorab nicht darüber unterrichteten - obwohl sie nach EU-Regeln eigentlich dazu verpflichtet sind, damit sichergestellt werden kann, dass die natonale Handelspolitik der Handelspolitik der EU entspricht. Weil die EU-Staaten wegen nationaler Interessen häufig bilateral mit China agierten, gestalte sich eine koordinierte EU-Reaktion schwierig, analysiert der Rechnungshof.

Gemeinsam agieren
Dem Aufstieg Chinas zu einem internationalen Wirtschaftsakteur wirkungsvoll zu begegnen, würde eine stärkere China-Strategie und ein gemeinsames Handeln der Mitgliedstaaten mit den EU-Organen als Union voraussetzen, kommentierte EuRH-Expertin Annemie Turtelboom.

China-Investments fördern aber auch Wachstum
Insgesamt 18 politischen, wirtschaftlichen, sozialen, rechtlichen und ökologischen Risiken der chinesischen Investitionsstrategie stellen die Autoren allerdings auch 13 Chancen gegenüber. So wird zum Beispiel vermerkt, dass chinesische Investitionen das Wirtschaftswachstum in der EU fördern könnten. Zudem sei es möglich, dass sie einen Beitrag zu Frieden und Sicherheit in den Nachbarschaftsländern der EU und in Entwicklungsländern leisteten.

„Strategiearbeit wird zum Dauerthema“
„Strategiearbeit wird zum Dauerthema“

Eine fixe Planung über fünf Jahre – schade ums Papier. Aber ein ständiger …

Voestalpine - internationaler Stahlkonzern aus Österreich
Voestalpine AG - globaler Stahl- & Technologiekonzern [PORTRÄT]

Die Voestalpine ist einer der weltweit führenden Stahlkonzerne und …

Nike Store
Nike - mit Laufschuhen zur Weltmarke [PORTRÄT]

Die Erfolgsgeschichte von Nike - Wie das Unternehmen von "Blue Ribbon …

Die Debatte um das Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten ist wieder voll entbrannt.
Minister Totschnig bekräftigt "Nein" zu Handelsabkommen Mercosur

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat das "klare Nein" …