Offensive Arbeitsmarkt: Details zur Corona-Kurzarbeit Phase 3
Die Sozialpartner starten die "Offensive Arbeitsmarkt". Die Verlängerung der Corona-Kurzarbeit ist dabei ein Punkt. Die Details zur Offensive und zur Phase 3 der Kurzarbeit.
(v.l.) Frauenministerin Susanne Raab, AK-Präsidentin Renate Anderl, WKO-Präsident Harald Mahrer, Gesundheitsminister Rudolf Anschober, Arbeitsministerin Christine Aschbacher und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian im Rahmen des Spitzengespräches der Sozialpartner und der Regierung "Offensive: Arbeitsmarkt"
Die Sozialpartner haben die "Offensive Arbeitsmarkt" gestartet und in deren Zuge auch die Details zur dritten Phase der Corona-Kurzarbeit fixiert (siehe unten). Die Maßnahmen drängen, denn die Arbeitslosigkeit geht in Österreich zwar stetig, aber nur langsam zurück. Mit Stichtag 15. September gab es in Österreich insgesamt 403.961 registrierten Arbeitslose und AMS-Schulungsteilnehmer. Das sind noch rund 77.500 mehr Arbeitslose als vor einem Jahr. der Negativ-Rekord von Mitte April lag bei 588.000 Arbeitslosen. Aktuell sind in Österreich außerdem rund 389.000 Personen in Kurzarbeit. Die bisherigen Aufwendungen für die Corona-Kurzarbeit belaufen sich auf rund 4,7 Milliarden Euro.
Mit einer weiteren, nachhaltigen Entspannung jedoch vorerst leider nicht zu rechnen. Arbeitsministerin Christine Aschbacher geht für den Herbst und Winter aus saisonalen Gründen wieder von einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen aus. "Unser arbeitsmarktpolitischer Instrumentenkoffer ist vorbereitet", beschwichtigt sie jedoch. Man werde versuchen, die Zunahme der Arbeitslosenzahlen zu dämpfen.
Hohe Erwartungen setzt sie in die mit bis zu 700 Millionen Euro dotierte Corona-Arbeitsstiftung, die Qualifizierungsmaßnahmen von heuer Oktober bis 2022 für rund 100.000 Personen anbieten soll. "Das wird die größte Qualifizierungsinitiative der Zweiten Republik", so Aschbacher. Hohe Nachfrage nach Arbeitskräften gebe es etwa im Bereich Erneuerbare Energie, Digitalisierung und Pflege.
Details zur Phase 3 der Corona-Kurzarbeit
- Dauer: Die Phase 3 wird von Oktober 2020 bis März 2021 laufen. Unternehmen können auch die Kurzarbeit auch für einen geringeren Zeitraum beantragen oder sie vorzeitig beenden, wenn keine wirtschaftliche Notwendigkeit mehr besteht.
- Mindestarbeitszeit: Sie wird in dem sechs Monate andauernden Zeitraum von bisher zehn auf 30 Prozent der Normalarbeitszeit angehoben.
- Antragstellung: Unternehmen müssen, sofern sie mindestens sechs Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, eine schriftliche Begründung einreichen. Darin muss die Umsatzentwicklung und eine Prognose für die weitere Geschäftsentwicklung enthalten sein. Ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer muss die Plausibilität der Daten bestätigen.
- Weiterbildung: Arbeitnehmer müssen vom Arbeitgeber angebotene, arbeitsplatzbezogene Weiterbildungsmaßnahmen annehmen. Das AMS soll über de Corona-Arbeitsstiftung den Großteil der Fortbildungskosten übernehmen.
- KV-Erhöhungen: Lohnvorrückungen werden laut Auskunft der Gewerkschaft Vida in der Phase 3 im Kurzarbeitsentgelt berücksichtigt.
- Lehrlinge: Die Möglichkeit zur Kurzarbeit soll auch für Lehrlinge bis Ende März 2021 gelten. Koalitionsparteien ÖVP und Grüne haben einen entsprechenden Antrag auf Änderung des Berufsausbildungsgesetzes im Wirtschaftsausschuss des Nationalrates eingebracht.
Wirtschaftsministerin Schramböck begrüßt "den Schulterschluss von Regierung und Sozialpartnern", dass man "gemeinsam diese schwierige Zeit" überstehe. Es gehe darum, Impulse zu setzen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Mit der Anfang September eingeführten Investitionsprämie zeigte sich Schramböck zufrieden. Die Nachfrage nach der Prämie sei sehr hoch. Man werde dies erweitern, weil Arbeitsplätze davon abhängen. Als Rezept gegen die hohen Arbeitslosenzahlen sei "Beschäftigung im öffentlichen Sektor nicht die Lösung", sondern man müsse Beschäftigung in den Betrieben schaffen, sagte Schramböck in Richtung der Arbeitnehmervertreter.
Sozialminister- und Gesundheitsminister Anschober betont, dass alles unternommen werden müsse, damit "die Arbeitsmarktkrise nicht eine soziale Krise wird". Außerdem kämpfe man dafür, dass es bei den Corona-Neuinfektionen "keine umfassende zweite Welle" gibt. "Ein zweiter Lockdown wäre ein schwerer wirtschaftlicher Gesamtrückschlag". Anschober warb auch dafür, "die bessere Verteilung von Arbeit, an möglichst viele" nicht aus den Augen zu verlieren. Es gebe Modelle, "die sehr spannend" seien, etwa das freiwillige Solidaritätsprämien-Modell des Arbeitsmarktservice (AMS). Lobende Worte fand er für die Corona-Arbeitsstiftung. "Das ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung."
Debatte um Arbeitszeitverkürzung
Uneinigkeit herrscht unter den Sozialpartnern rund um das Thema Arbeitszeit. Für Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer ist die Arbeitszeitverkürzung ein "Instrument aus den 60er und 70er-Jahren" und wäre für durch Corona schon stark betroffene Betriebe "eine noch größere Belastung". Um Branchen, die vor der Coronapandemie stark vom Strukturwandel betroffen waren - etwa die Fahrzeugindustrie, müsse man sich speziell kümmern, so Mahrer. Beim Lkw-Hersteller MAN Steyr ist das oberösterreichischen Werk mit 2.300 Stellen in Gefahr. Es wäre, "schade eine Kompetenz zu verlieren", betont der Wirtschaftskammer-Präsident.
Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sieht eine Arbeitszeitverkürzung hingegen durchaus als Hebel, um die hohen Arbeitslosenzahlen senken zukönnen. Man solle die "Unterschiede in Regionen und Branchen" diskutieren, so Anderl.
Auch für ÖGB-Chef Katzian ist das Thema Arbeitszeit weiterhin auf der Agenda. Es gebe 66.000 offene Stellen und 404.00 Arbeitslose. "Arbeitslosigkeit ist die unsozialste und unmenschlichste Arbeitszeitverkürzung."
Weitere Forderungen
Wirtschaftskammer-Präsident Mahrer weist auf die paradoxe Situation am Arbeitsmarkt hin: "Auf der einen Seite haben wir eine hohe Arbeitslosigkeit, auf der anderen fehlen nach wie vor viele Fachkräfte." Man müsse "Angebot und Nachfrage besser zusammenführen", damit "der Kuchen wieder größer wird". Die Wirtschaftskammer drängt auf mehr Mobilität der Arbeitskräfte und eine betriebsnahe Qualifizierung. Die in der Kurzarbeit Phase 3 beschlossene Weiterbildungspflicht für Arbeitnehmer geht in diese Richtung.
ÖGB-Chef Katzian fordert hingegen weiter die Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld und drängt auf spezielle Maßnahmen für junge und ältere Arbeitskräfte, Frauen und Langzeitarbeitslose. Bedarf für zusätzliche Investitionen sieht Katzian vor allem im Bereich öffentlicher Verkehr, Digitalisierung und Bildung, Wohnen sowie Umwelt- und Energiepolitik. Auch mehr Mittel im Sozialbereich seien notwendig, etwa bei der Pflege
AK-Chefin Anderl wünscht sich bei der Corona-Arbeitsstiftung, "rasch in die konkrete Umsetzung" zu gehen und eine Abwicklung der Stiftung über das AMS. Die Arbeitsstiftung müsse zudem "allen offenstehen" und "anerkannte Berufsabschlüsse" ermöglichen.