Oberbank-Chef Gasselsberger: "Zinsende statt Zinswende"

Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank, sieht die expansive Geldpolitik der EZB sehr kritisch: "Wir sind weit entfernt von einer Normalisierung." Der Bank-Chef setzt weiterhin "gegen den Mainstream" auf den Ausbau des Filialnetzes.

Franz Gasselsberger, Generaldirektor Oberbank

Franz Gasselsberger, Generaldirektor Oberbank

Die Oberbank will auch weiterhin ihre Strategie "gegen den Mainstream" forcieren und in Zeiten, in denen anderen Banken ihr Filialgeschäft reduzieren, genau dieses weiter ausbauen. Denn, so der Bankchef Franz Gasselsberger am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten, der direkte Kontakt zu den Kunden in den Filialen sei wesentlich für die Kundenbindung und damit auch die Kundenzufriedenheit.

Gasselsberger ist damit in den vergangenen Jahren sehr gut gefahren und hat die Oberbank Zug um Zug aus ihrer angestammten Region Oberösterreich in die Bundesländer und über die Staatsgrenzen hinaus wachsen lassen. Mit dem Fokus auf Regionalität wurde zuletzt in Deutschland kräftig expandiert. "Wir setzen weiterhin auf Filialen, wir wollen den Kontakt", sagte Gasselsberger. "Handlungsbedarf", also eine Notwendigkeit zum Ausbau der Filialen, sieht der Bank-Chef vor allem in Ungarn, Tschechien und Baden-Württemberg. Zunächst müsse aber der Ausbau in Sachsen abgeschlossen werden.

Wichtig sei für die oberösterreichische Oberbank in Deutschland vor allem das Geschäft mit mittelständigen Unternehmen - es macht rund 70 bis 80 Prozent aus -, im Privatkundenbereich gebe es dagegen "nichts zu verdienen". Auch in Wien sieht Gasselsberger noch etwas Ausbaupotenzial, derzeit gibt es bereits 30 Oberbank-Filialen.

"EZB-Politik sehr kritisch"

Die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sieht Gasselsberger sehr kritisch. "Hat man vor einigen Monaten noch von der Zinswende gesprochen, spreche ich von einem Zinsende", sagte Gasselsberger im Klub der Wirtschaftspublizisten. So weit wie jetzt sei man noch nie entfernt gewesen von einer Normalisierung der Geldpolitik. Derzeit wird von Marktteilnehmern damit gerechnet, dass die EZB ihren Strafzins für Banken von derzeit minus 0,4 Prozent heuer noch auf bis zu minus 0,6 Prozent ausweiten könnte. Eine Senkung auf minus 0,5 Prozent noch bei der Sitzung im September gilt derzeit als sicher. Gasselsberger: "Ich stehe auch äußerst kritisch dazu."

Dass mit einem höheren Strafzins Banken ihre steigenden Kosten verstärkt auf die Kunden überwälzen könnten, glaubt Gasselsberger aber nicht. Bei Spareinlagen von Privaten verhindert in Österreich ein OGH-Urteil eine Überwälzung der Strafzinsen. Bei Unternehmenskunden, "die ihr Geld lediglich bei der Bank parken", gebe es dagegen bei der Oberbank bereits fallweise negative Zinsen. Die Einführung neuer Gebühren - beispielsweise einer Bankomatgebühr - würden hierzulande zudem sofort die Verbraucherschützer auf den Plan rufen und "für einen großen Aufschrei" sorgen, sagte der Oberbank-Chef. Anders sei die Lage dagegen in Deutschland, wo man nahezu täglich in den Medien von einer drastischen Erhöhung der Privatgebühren - um bis zu 30 Prozent - lese. "Das kann ich mir bei uns in Österreich aber nicht vorstellen", so Gasselsberger.

Zores mit Bank Austria

Etwas belastet wird die Entwicklung der Bank durch den Rechtsstreit der Bankgruppe mit der Bank Austria, die derzeit rund 27 Prozent an der Oberbank hält. Hintergrund ist der Vorwurf der UniCredit-Tochter Bank Austria, die 3-Banken-Gruppe habe Kapitalerhöhungen nicht rechtmäßig durchgeführt. Zudem ging die Bank Austria mit einer Anfechtungsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse vor. Konkret ging es dabei um die Reduktion des Aufsichtsrats der Oberbank auf elf Mitglieder. Damit war die Bankgruppe einem Ansinnen der UniCredit-Tochter nach einem weiteren Aufsichtsrat nicht gefolgt.



Die 3-Banken-Gruppe verwehrt sich gegen beide Vorwürfe. "Wir glauben, dass unsere Vorgehensweise richtig war", betonte Gasselsberger am Dienstag erneut gegen den Vorwurf, dass bei den Kapitalerhöhungen Geld zwischen den drei Bankschwestern im Kreis geschickt wurde. Auch FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller hat die Governance und die Ringbeteiligung zwischen der BTV, der BKS Bank und der Oberbank vergangene Woche am Rande des Forum Alpbach als "in Ordnung" bezeichnet.

In dem anstehenden Verfahren gehe es hauptsächlich darum, Rechtssicherheit zu schaffen - auch um letztlich an die Kunden positive Signale senden zu können, so Gasselsberger. Denn in Zeiten der tief greifenden Veränderungen der Bankenbranche - nicht zuletzt wegen der rasch fortschreitenden Digitalisierung - wollen die Kunden Stetigkeit, sagte der Bankchef. Darüber hinaus dürfe die Bedeutung der starken Mitarbeiterbindung für die Kundenbindung nicht unterschätzt werden. "Zufriedene Mitarbeiter sind der Schlüssel."

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