Neuer Ökostromstreit im Burgenland
Einerseits will Österreichs Parade-Windstromland auch Vorreiter bei Sonnenkraft werden. Andererseits verweigert der Landesenergieversorger gerade den Anschluss größerer PV-Projekte: Das Stromnetz ist überlastet.
Energie aus Wind, Sonne und Wein. Zumindest um den Wein gibt es im Burgenland derzeit keinen Streit.
Der Sturm der Entrüstung um geplante Landesabgaben für neue Windräder im Burgenland hat sich kaum gelegt, da ziehen bereits die nächsten Wolken in Österreichs ambitioniertestem Ökostromland auf.
Diesmal geht es um Photovoltaik-Anlagen (PVA), immerhin die Zukunftshoffnung der Ökos: Mit einem Ausbau für plus 11 Terawattstunden (TWh) pro Jahr österreichweit müssen sie die relativ größte Last zur Erreichung des Bundesziels von bilanziell 100 Prozent Ökostrom bis 2030 tragen. Und was beim Vorreiter Burgenland passiert, könnte ein Blaupause in anderen Bundesländern sein.
Die schwer getrübte Sonnenstimmung hat gleich mehrere Ursachen. Zum einen hat das Land eben den Entwurf eines neuen Zonierungplans vorgelegt, wo – abgesehen von Hausdächern – die benötigten großen Solarkraftwerke errichtet werden dürfen. Doch obwohl der Entwurf beachtliche 1.300 Hektar an PV-Zonen vorsieht, hagelt es Kritik.
Intransparente Flächenaufteilung
Die ausgewiesenen Flächen kommen relativ wenigen, dafür umso größeren Projektbetreibern zugute, beklagt der Bundesverband Photovoltaic Austria. Sie seien regional sehr ungleich verteilt und konzentrieren sich auf den Norden des Landes. Außerdem seien entgegen allen Empfehlungen auch hochwertige Ackerflächen darunter. Verbandspräsident Herbert Paierl lobt zwar prinzipiell die Zonierung – „da marschiert Burgenland voran“ – ist aber unzufrieden: „Die Transparenz der Erstellung war mangelhaft. Und wenn in der Raumordnung einmal so gesündigt wird, dann kriegen wir die Probleme nie wieder weg. Denn jeder wird kommen und fragen: warum bin ich nicht berücksichtigt?“

Quelle: Energie Burgenland
Noch kritischer als vermeintlich unfaire Flächenaufteilung (immerhin wird intern schon über eine zweite und dritte Phase einer Zonierung gesprochen) dürfte aber das zweite Problem sein. Es stellt sich heraus, dass das überregionale burgenländische Stromnetz für den gleichmäßigen Ausbau an PV-Kraftwerken schlicht nicht gerüstet ist. Ein Gutteil des bruchstückhaften Zonierung ist nämlich auf eine Art Anschlussstopp des Netzbetreibers Netz Burgenland zurückzuführen. Die Landesgesellschaft hat ihren Kunden vor wenigen Tagen verkündet, nur mehr kleine Hausdachanlagen anzuschließen. Größere Projekte werden abgewiesen, die Grenze liegt bei vergleichsweise geringen 20 KWp. Damit ist ein Ausbau im größeren Maßstab vorläufig aufs Eis gelegt.
Anschlussstopp für Großanlagen

Stephan Sharma, Vorstandschef Energie Burgenland
Die Energie Burgenland bestätigt das Dilemma. Sprecher Jürgen Schwarz: „Wir schaffen es nicht, den Strom abzutransportieren, dazu sind unsere Stromnetze zu schwach“. Und man verweist gleichzeitig auf eine Verantwortung des Betreibers von überregionalen Hochspannungsleitungen, die Verbund-Tochter APG: „Im Netzausbauplan der APG kommt das Burgenland gar nicht vor.“ Dass man sich als Landesgesellschaft Ausnahmen vom Anschlussstopp genehmige, wird hingegen zurückgewiesen: „Diese Grenze betrifft alle Marktteilnehmer, auch die Energie Burgenland“.
Um den Ausbau nicht ganz stoppen zu müssen, will man nun doch jene Projekte ermöglichen, die genug Eigenverbrauch (auch gemeinsam mit Nachbarn) oder genug Speichermöglichkeit nachweisen. Dennoch: Sollte die Netzbelastung über 20 KW steigen, müsse man abregeln. Das heißt, das PV-Kraftwerk wird vom Netzbetreiber aus der Ferne abgeschaltet, um die Netzstabilität nicht zu gefährden, und kann keinen Strom verkaufen. Sprecher Schwarz: „Wir sind für die Netzstabilität verantwortlich, diesen Aspekt müssen wir schon auch beachten. Ein Blackout kostet 50 Millionen Euro am Tag im Burgenland“.
Ein schwacher Trost dürfte sein, dass sich auch in anderen Bundesländern ähnliche Überlastungseffekte im Stromnetz zeigen. Niederösterreich etwa hat neue PV-Projekte gleich für zwei Jahre gestoppt, ältere Projekte scheitern am zu schwachen Netzzugang. Und in Wien bekommen lange nicht alle Bauwerber automatisch auch Schnellladestationen für E-Autos: Das stellenweise veraltete Stromnetz hält die Hochstrombelastung durch Ladevorgänge schlicht nicht mehr aus.