Nach Revisionsbericht: Regierung knüpft sich das AMS vor
Bundeskanzler Sebastian Kurz will mit einer Regierungs-Task-Force das Arbeitsmarktservice AMS umkrempeln. Sozialpartner kritisieren das Vorgehen.
Das AMS und seine Leistungen stehen in Kritik. Die Bundesregierung will umrühren.
Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat bei der neuen Bundesregierung keinen guten Stand. Seine Leistungen stehen in Kritik, von früheren Bundesregierungen gestartete Beschäftigungsprojekte wie die Aktion 20.000 zur Unterstützung langzeitarbeitsloser älterer Menschen werden gestoppt oder dramatisch zurückgefahren. Langzeitarbeitslose sollen zudem statt wie bisher Notstandshilfe nur noch Mindestsicherung beziehen können.
Im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik sollen Finanzminister Hartwig Lögers Budgetentwurf zufolge 150 Millionen Euro eingespart werden, was die Finanzierung etlicher Sozialprojekte gefährdet. (Siehe Artikel: "Arbeitsmarkt: Regierungs-Pläne gefährden Sozialprojekte")
Das AMS-Budget für das Jahr 2018 liegt den Vorgaben der neuen Bundesregierung zufolge bei 1,355 Milliarden Euro, um fast 600 Millionen weniger als die Vorgänger-Regierung im Voranschlag budgetiert hatte (1,944 Milliarden Euro).
Nun will Bundeskanzler Sebastian Kurz noch vehementer eingreifen und das AMS grundlegend reformieren. "Beim AMS muss sich dringend etwas ändern. Das AMS wird reformiert", erklärte Kurz im Gespräch mit dem Radiosender Ö1.
Interne Untersuchung
Auslöser für die Kritik am AMS war ein den Medien zugespielter Bericht mit den Ergebnissen einer von AMS-Vorstand Johannes Kopf beauftragten und im vergangenen Juni durchgeführten internen Revision. Im Zuge der Untersuchung wurde die Betreuung von nicht-deutschsprachigen Arbeitslosen in AMS-Geschäftsstellen in Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Wien untersucht. Es sollte festgestellt werden, ob die Migranten schlechter betreut werden als Inländer und ob es eine Diskriminierung bei der Jobsuche gibt.
Obwohl keine Diskriminierung festgestellt werden konnte, gibt es in dem Bericht jedoch einige kritische Anmerkungen zur Verbesserung der vom AMS gebotenen Leistungen.Diese Anmerkungen ließen Kurz nun schließen, das AMS sei den Herausforderungen durch die Zuwanderung nicht gewachsen.
Die Bundesregierung hat AMS-Vorstand Johannes Kopf zu sich gerufen. Im Zuge des für nach Ostern anberaumten Termins soll eine Reform des Arbeitsmarktservice eingeleitet werden. Die Regierungskoordinatoren Gernot Blümel und Norbert Hofer sowie die Sozialministerin Beate Hartinger, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Finanzminister Hartwig Löger sollen eine Task Force für diese AMS-Reform bilden.
Kurz meinte, der Bericht zeige auch, dass viele Maßnahmen des AMS nicht geeignet seien. Man werde daher die Programme durchforsten und schauen, welche Schulungen überhaupt Sinn machen, damit das Geld des Steuerzahlers effizient eingesetzt werde.
Hinter vorgehaltener Hand ist auch zu hören, dass die Regierung beabsichtigt, den AMS-Vorstand auszutauschen. Im Herbst 2017 hatte die rot-schwarze Regierung noch die Verträge der Langzeitvorstände Herbert Buchinger und Johannes Kopf ab Juli 2018 für weitere sechs Jahre verlängert.
Reaktionen von Opposition und Sozialpartnern
Die Opposition kann die grundlegende Kritik am AMS nicht nachvollziehen. NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker befand die Einschätzung, das AMS sei den Herausforderungen durch die Zuwanderung nicht gewachsen, als zynisch und erklärte: "Kanzler Kurz will die Versäumnisse des früheren Integrationsministers Kurz auf den heutigen AMS-Chef Kopf abwälzen – das geht so nicht." Loacker stärkte auch AMS-Vorstand Kopf den Rücken: „Johannes Kopf ist unbestritten ein europaweit gefragter Experte in Arbeitsmarktfragen. Wir müssen froh sein, dass solche Fachleute überhaupt noch für öffentliche Funktionen zur Verfügung stehen."
Die Arbeiterkammer kritisiert Regierung ebenfalls. "Wenn ein Vorstand die eigene interne Revision beauftragt, die Situation bei der Betreuung und Vermittlung einer wichtigen Zielgruppe zu durchleuchten und Verbesserungsvorschläge zu machen, kommt er damit nur seiner Aufgabe für ein verantwortungsbewusstes Management nach", sagte AK-Präsident Rudolf Kaske in einer Aussendung. Das Finanzministerium und Sozialministerium sei im Verwaltungsrat des AMS vertreten und hätte sich mit eigenen Vorschlägen zu Wort melden können. "Das AMS muss Fehlentwicklungen bei der Integrationspolitik reparieren, für die es nicht verantwortlich ist", so Kaske. Eine Kürzung des AMS-Budgets sei "einfach verantwortungslos".
Der Verwaltungsrat des AMS besteht aus Vertretern des Finanz- und Sozialministeriums, der Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Der neunköpfige Rat wird am Dienstag über die Einsparungen im AMS-Budget 2018 beraten. Viele Mittel des AMS-Budgets sind per Gesetz zweckgewidmet, deswegen kann der Verwaltungsrat nur über freie Mittel verfügen. Generelle Sparvorgaben werden von den einzelnen AMS-Geschäftsstellen in den Bundesländern individuell umgesetzt. Das AMS hat einen Teil des Budgets 2018 bereits fix verplant und Verträge mit externen Weiterbildungsträgern abgeschlossen.
Auch Walter Marschitz, Geschäftsführer der SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich), stellt sich hinter Kopf. "Das AMS leistet gemeinsam mit seinen Partnern aus der Sozialwirtschaft wertvolle Arbeit", betont er. Gesellschaftliche Probleme zu lösen sei nicht Aufgabe des AMS, sondern der Bildungs- und Integrationspolitik. SWÖ-Verbandschef Erich Fenninger wies zudem darauf hin, dass es in Österreich nach wie vor mehr Arbeitslose gebe als vor der Finanzkrise.