Miba-Chef Mitterbauer: "Bei Diesel Politik der Verunsicherung“
Trend.at sprach mit Miba-Vorstandschef Peter Mitterbauer über neue Wachstumschancen des Automobil- und Tech-Konzerns in China, große Zukunftsthemen in der Elektromobilität, Versäumnisse in Europa und warum die Diskussion über Dieselfahrverbote falsch geführt wird, die ersten Auswirkungen und warum für die Standorte in Österreich hunderte neue Mitarbeiter gesucht werden.
Miba-Boss Peter Mitterbauer vermisst bei der Diesel-Diskussion eine von der Politik geführte sachliche Debatte.
Der Laakirchner Komponenten-Spezialist Miba zählt derzeit zu den am dynamischsten wachsenden Industrieunternehmen Österreichs. Im Vorjahr kletterte der Umsatz um 18 Prozent auf 888 Millionen Euro. Der Konzern mischt überall dort mit, wo Teile für den Maschinen- und den Anlagenbau produziert werden und baut Anlagen auch selbst.
Wenn es nicht um die Erzeugung von Komponenten für Autos geht (diese machen rund die Hälfte des Umsatzes aus), geht es meist um Teile richtig großer Maschinen. So können Schiffsmotoren, für die Miba Komponenten zuliefert, schon einmal fünf Meter und mehr hoch sein. Die Teile von Miba stecken in Dampfturbinen, Kraftwerken, Flugzeugen, Hochgeschwindigkeitszügen oder eben großen Schiffen.
Vor kurzem hat Miba mit der John Crane Group einen großen Hersteller der Industriegleitlagersparte mit vier Werken - drei in den USA und einem in Deutschland – geschluckt. Kaufpreis rund 50 Millionen Euro.
Fokus liegt zunehmend auf Elektromobilität
Weit mehr Geld pumpen die Oberösterreicher in die Ausweitung ihrer Kapazitäten in China. In den nächsten drei Jahren werden 100 Millionen Euro in zwei neue Werke in China investiert. Zwei Werke von Miba stehen bereits im Reich der Mitte. Dort werden etwa Antriebsteile für Verbrennungsmotoren für den asiatischen Markt zu produziert. So können unter anderem Abnehmer wie VW oder Daimler, die ebenfalls vor Ort produzieren, rasch beliefert werden. Doch der Fokus des Techkonzerns liegt zunehmend Elektromobilität.
Kühlung von E-Motoren und Energiemanagement von Batterien als große Zukunftsthemen
Großes Wachstum und auch Potential ortet Miba etwa bei Batteriemanagement-Systemen für Elektroautos. Dafür baut Miba Widerstände in Form kleiner Komponenten. Die Technik von Miba soll dazu beitragen Strom und Energie richtig zu dosieren, um Elektroantriebe optimal zu steuern. Derzeit tüftelt der Konzern auch an einer Methode, um die Kühlsysteme von Elektromotoren zu verbessern. „Das ist eines der großen Zukunftsthemen bei E-Antrieb“, erklärt Mitterbauer.
Schon heute beliefern der oberösterreichische Hightech-Konzern BYD, den größten chinesischen Autoproduzenten und weltweit größter Produzent von Elektroautos und Bussen. Auch der ebenfalls in China beheimatete Autohersteller und Daimler-Großaktionär Geely zählt zu den Kunden von Miba.
Als Autozulieferer will das Unternehmen mit dem E-Wachstum in Asien mitwachsen, denn dort kommt der Markt für Elektromobilität zunehmend in Schwung: In China wurden 2017 bereits mehr als eine halbe Million Elektro- und Hybridwagen neu zugelassen. Damit ist der chinesische Markt auch mit Abstand der größte weltweit in Sachen Elektromobilität. Noch macht Miba rund 40 Prozent seines Umsatzes in Europa und nur jeweils unter 20 Prozent in Asien und dem amerikanischen Raum. „Wir wachsen aber deutlich stärker in den letzteren beiden Regionen. Und auch das Potential ist dort höher“, sagt Mitterbauer.
Ab 2020 soll der Absatz der Elektroautos laut Experten des Düsseldorfer CAM-Instituts weltweit deutlich an Fahrt gewinnen. Neue Batterietechnologien dürften die Modelle deutlich günstiger machen und mehr Reichweite als bisher bieten.
Asiatische Hersteller sind europäischen bei der Batteriezellentechnik weit voraus
Europa gerät bei der Batteriezellentechnologie für Elektroautos dagegen immer mehr ins Hintertreffen. „Bei den Batteriezellenherstellern gibt es derzeit drei große Spieler. Die sitzen alle in Asien“, bemerkt Mitterbauer. Ein Hersteller ist in China, einer in Japan und einer in Korea. „Die europäischen Hersteller investieren zwar viel in Elektrotechnik, aber für die in E-Autos wichtige Batteriezellentechnologie gibt es kein Werk in Europa“, moniert der Miba-Boss.
Seine Empfehlung: Die Politik wäre gut beraten, Investitionen in die kostenintensive E-Auto-Technologie zu fördern, etwa „durch Anschubfinanzierung wie es sie in den USA und China gibt.“ Doch man wäre ohnehin reichlich spät dran. Weshalb bereits enorme Investitionen nötig wären.
Der deutsche Autozulieferriese Bosch hat bereits abgewunken, hierfür Geld in die Hand zu nehmen. Der Vorsprung der Asiaten bei der Batterietechnik scheint fast schon zu groß. Mitterbauer erwartet ohnehin etwas Anderes: "Vielleicht bauen ja die Chinesen irgendwann in Europa ein Batteriewerk." Dann könnten die Komponenten für E-Batterien aus Oberösterreich über diesen Weg Eingang in europäische Werke finden.
Verbrennungsmotoren sind nicht so dreckig, wie sie in der emotionalen Debatte dargestellt werden
Als weitere große Baustelle in Europa erachtet der Miba-Vorstandschef die Diskussion um den Dieselantrieb. Mitterbauer: "Verbrennungsmotoren sind nicht so dreckig, wie sie derzeit in der emotionalen öffentlichen Debatte dargestellt werden. Eine faktenorientierte Diskussion fehlt.“ Fakt sei, dass Elektroautos derzeit nicht sauberer als Verbrennungsmotoren seien. „Schließlich stammen 50 Prozent des dafür verwendeten Stroms in der EU aus umweltschädlichen Rohstoffen wie Kohle, Gas und Öl.“
Miba-Finanzchef Markus Hofer assistiert: „Die Politik betreibt, was den Dieselantrieb betrifft, eine Verunsicherungspolitik. Die Bürger haben ein Recht darauf, Klarheit zu haben, welche Maßnahmen tatsächlich getroffen werden.“ Androhungen von Verboten seien weder hilfreich, noch der richtige Weg. Die Weiterentwicklung sämtlicher Antriebstechniken stünde vielmehr im Vordergrund.
Rückgänge in zweistelliger Höhe bei Dieselkomponenten
Miba sieht bereits erste, deutliche Auswirkungen der Diskussion um Dieselautos. „Wir spüren bei der Nachfrage von unseren Zulieferteilen für Dieselantrieb einen Nachfragerückgang in zweistelliger Höhe und eine Verlagerung hin zum Benzinantrieb. Der Trend ginge seit Monaten klar nach unten. Für den Konzern selbst spielt es jedoch eigentlich keine Rolle, ob der mehr Komponenten für Diesel- oder Benzinmotoren produziert.
Trotz des Fokus auf Asien profitieren auch die Miba-Standorte in Österreich von der Expansions- und Wachstumsstrategie im Ausland. In den kommenden drei Jahren sollen in Österreich 400 gut qualifizierte Mitarbeiter eingestellt werden. "Wir benötigen für unser starkes Wachstum dringend Facharbeiter", sagt Mitterbauer. Allein im Gleitlagerwerk in Laakirchen würden derzeit 20 Metalltechniker gesucht, die am Arbeitsmarkt nur schwer zu finden sind.