Würde die Politik so
agieren wie die Wirtschaft, Österreich wäre top
Der vorsichtigste Akteur der Innenpolitik formuliert einen erkenntnisreichen Satz: In Österreich werde seit Jahren an einer Reihe von Problemen wie an einem Kaugummi gekaut. Es bestehe erheblicher Reformstau, sagt Heinz Fischer. Wenn sich auch der Bundespräsident als letzter Verteidiger der großen Koalition zu den Kritikern gesellt, dürfte es um die Lage der Regierung in der Tat eher schlecht bestellt sein.
2010, ein verlorenes Jahr: zwölf Monate Stillstand
Budgetflickwerk, PISA-Debakel, nichts sonst. Außer: ödes Dauergezänk zwischen Rot und Schwarz. Die Beteiligten: schwerst beschädigt. Der Regierungschef: bestenfalls ein Kanzleroid (© Die Presse); der Vizekanzler: zurechtgestutzt auf den Status eines Möchtegern-Reformers; das Gros der Landeshauptleute: selbstverliebte Blockadekaiser. In einem börsennotierten Konzern wäre so eine Generaldirektion vom Aufsichtsrat längst davongejagt worden. Konkursgefahr.
Neustart, dröhnt es jetzt von allen medialen Fronten. Ja, eh. Aber wie? Nicht, dass Faymann und Pröll (der auf jeden Fall) die Probleme dieses Landes nicht erkannt hätten. Sie haben nur keine tauglichen Umsetzungslösungen. Das mag darin begründet sein, dass beide trotz ihrer Jugend Verteilungspolitiker alter Schule sind. Sie haben wie viele ihrer Kollegen immer nur im Raumschiff Politik gearbeitet und bloß eines von der Pike auf gelernt: Umverteilen von Steuermitteln. Der eine Gemeindewohnungen, der andere Bauernförderungen.
Da sie nie in der Privatwirtschaft waren, können sie nur erahnen, wie Rationalisieren funktioniert ist gleich Einsparen, Auflösen veralteter Strukturen etc. Um in der Folge Mittel für zukunftstaugliche Projekte freizuschaufeln ist gleich Investitionen in Bildung, Forschung, neue Wirtschaftszweige etc.
Aber noch ist das Land nicht verloren. Die SP-Länderfürsten machen vernünftigerweise einen Schwenk in Richtung Studiengebühren. Und wie zu hören ist, plant der Bundeskanzler für Jänner eine große und! programmatische Rede. Die ÖVP bastelt angeblich an einer rot-weiß-roten Reformagenda 2020. Kann ja nur besser werden, 2011. Vielleicht wird der Kaugummi dann endlich ausgespuckt.