„Wertschätzung gegenüber Unternehmen fördern“
Nach dem kompletten Umsatzausfall aufgrund der Covid-19-Pandemie setzt Cateringunternehmerin Margit Köffler jetzt auf hochwertige Tiefkühlkost. Bei den Kundinnen und Kunden kommt das innovative Konzept gut an – für die Umsetzung ihrer Idee hätte sich die Unternehmerin aber mehr Unterstützung gewünscht.
Tip Top ernähren mit Tiefkühlkost: Die Wienerin Margit Köffler macht es möglich.
Seit 1995 betreibt Margit Köffler das nachhaltige Cateringunternehmen Tip Top Table, das sich mit kulinarisch wertvollen Gerichten aus regionalen Produkten einen Namen gemacht hat. Events mit bis zu 1.000 Personen standen für Köffler und ihr Team an der Tagesordnung – bis mit dem ersten Lockdown im März 2020 das gesamte Geschäft zum Erliegen kam.
Fast ein halbes Jahr lang zerbrach sich die Wienerin den Kopf über die Rettung ihres Unternehmens und der verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im August 2020 kam schließlich der entscheidende Einfall: Mit hochwertigen Tiefkühlgerichten eine Marktlücke schließen und den Trend zu bewusster Ernährung weiter vorantreiben. Dafür gründete die 57-jährige das Unternehmen Tip Top Frozen, richtete im Catering-Headquarter im vierten Wiener Gemeindebezirk einen Pop-up-Tiefkühlmarkt ein und bot zusätzlich die Zustellung innerhalb der Hauptstadt an. Aktuell arbeitet das Team daran, ein permanentes Geschäftslokal samt 24-Stunden-Automaten einzurichten.
Start aus eigener Kraft
Bei den Kundinnen und Kunden kommt die Idee gut an, in die Umsetzung musste Köffler allerdings ihre gesamten finanziellen Rücklagen investieren – denn während das seit 25 Jahren bestehende Cateringunternehmen Tip Top Table in der COVID-19-Krise gut unterstützt wurde, sind Förderungen im Zuge der Neugründung von Tip Top Frozen bisher ausgeblieben. Um es Gründerinnen und Gründern in Österreich leichter zu machen, plädiert Köffler für eine Reform des Systems.
„Ich habe für Tip Top Frozen um viele Förderungen angesucht. Wenn ich das alles bekomme, bin ich happy – allerdings weiß ich es noch immer nicht. Das macht es für mich schwierig zu agieren, denn Dinge wie Tiefkühlschränke kosten einfach sehr viel Geld“, erzählt die Unternehmerin. „Seit einem halben Jahr herrscht bezüglich der Förderungen für die Neugründung Unsicherheit – das ist einfach zu lange für jemanden, der durchstarten will. Ich hatte zum Glück die entsprechenden Reserven, aber im Fall eines Jungunternehmers kann es gut sein, dass die Idee schon wieder gestorben ist, bevor alle Hürden genommen sind. Dabei ist es sehr mutig, eine neue Firma zu gründen, ganz besonders in der aktuellen Zeit, da wäre eine bessere Unterstützung wichtig. Das System sollte grundlegend überdacht und geändert werden. Meine Kinder, die um die 30 Jahre alt sind, brennen zwar ebenfalls für unser Konzept – sie hätten unter den derzeitigen Voraussetzungen aber keine Chance gehabt, es wirklich umzusetzen.“
„Lohnnebenkosten senken"
Aus jahrzehntelanger Erfahrung weiß Köffler, dass es nicht nur jungen Selbständigen in Österreich durch mangelnde Unterstützung sowie steuerliche und administrative Belastungen schwer gemacht wird. „Ich würde mir wünschen, dass die Wertschätzung gegenüber Unternehmen gefördert wird, und das geht vielen so. Man müsste die Kleinen viel mehr unterstützen, wenn man will, dass auch sie die Chance haben, groß zu werden.“
Handlungsbedarf sieht Köffler unter anderem im Bereich der Lohnnebenkosten. Eine Senkung hätte nicht nur eine Reduktion der oft enormen Arbeitsbelastung von Unternehmerinnen und Unternehmern zur Folge, sondern würde auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze und damit die Expansion erleichtern. „Ich möchte nicht jede Woche 60 Stunden arbeiten, ich würde liebend gerne neue Mitarbeiter einstellen – aber ich kann es mir einfach nicht leisten“, bringt Köffler das Dilemma auf den Punkt. Dabei wäre genau das wichtig, um den Erfolg eines Unternehmens langfristig zu sichern. Denn: „Im Endeffekt müssen wir auch weiterwachsen, denn wenn wir das nicht tun, ist die Idee wieder gestorben.“
Zweite Chance für Unternehmen
Die Angst vor dem Scheitern ist generell ein großes Problem für Unternehmen. Sie schwingt aber nicht nur in Krisenzeiten mit, sondern hält auch viele Menschen davon ab, den Schritt in die Selbständigkeit überhaupt erst zu wagen – denn es gilt immer noch als Zeichen des Versagens, wenn eine Geschäftsidee mit einer Pleite endet. Wer bereits einmal gescheitert ist, bekommt hierzulande oft keine zweite Chance. „In Österreich ist es so: Wenn eine Idee nicht greift, hat man erstens gesellschaftlich verloren, und wenn man einmal in Konkurs gewesen oder gescheitert ist, wird es einem sehr schwer gemacht wieder neu anzufangen“, so Köffler. „Mir ist das zum Glück noch nie passiert, aber ich fürchte mich davor.“
Wunsch nach Veränderung
Trotz der Hürden, die es zu meistern galt und gilt, ist Tip Top Frozen auf dem besten Weg, Pionierarbeit am Tiefkühlmarkt zu leisten. Auch das Cateringunternehmen soll weiterlaufen, sobald es die Rahmenbedingungen wieder zulassen. Köffler hat die Krise als Chance genutzt – und nimmt auch in der Gesellschaft den Wunsch nach Veränderung wahr. Um speziell im Bereich der Lebensmittelindustrie eine positive Entwicklung zu bewirken, brauche es aber auch politische Maßnahmen: „Ich glaube, es ist der richtige Zeitpunkt dafür, endlich den Fokus auf mehr Qualität zu legen, weil jetzt sowieso vieles anders ist. Bei den Menschen wächst das Bewusstsein dafür, was sie essen und wie sie essen, deshalb wäre es wichtig, jetzt auf diesen Zug aufzuspringen. Aber wenn ich höre, dass es im Supermarkt ein österreichisches Huhn um 2,50 Euro gibt, dann weiß ich, dass das weder für das Tier noch für den Menschen gut sein kann – auch da besteht seitens der Regierung Handlungsbedarf.“