Kasperl, Pezi und ein Krokodil namens Maria
Das Beispiel Maria Fekter zeigt: Es ist Zeit, das Profil für die Leitung des Finanzministeriums neu zu definieren immerhin der wichtigste Job der Republik.

Es begann im Kasperltheater. Vor 23 Jahren, an einem Samstag im Herbst 1990. Weil Kanzler Franz Vranitzky einen VP-Staatsekretär namens Kukacka abgelehnt hatte, mussten die Schwarzen Ersatz suchen. Gemäß interner Logik ein Oberösterreich-Posten. Der VP-Parteichef versucht den Landeshauptmann zu erreichen. Die Zeit drängt, die neue Regierung soll Sonntag stehen. Doch Josef Ratzenböck ist verschollen, erst nach Stunden zu erreichen. Er war mit den Enkerln bei Kasperl und Pezi.
Der Landescapo nominiert eine unbekannte Kraft für den Job in Wien: Wirtschaftsbündlerin Maria Fekter, 34. Die erfährt der Legende nach von ihrem Karrieresprung aus dem Autoradio.
Wie es begann, so endet es auch: im Kasperltheater. Nur dass die Bühne ein wenig größer wurde und sie im Herbst der Karriere zum Krokodil mutiert ist, auf das alle einprügeln. Der nächsten Regierung wird Maria Fekter nicht mehr angehören, in keiner Konstellation.
Die Kämpfe um ihre Nachfolge haben längst begonnen. So mancher will sich als Entfesselungskünstler der Wirtschaft profilieren, auch wenn er bisher nur Erfahrung als Verteilungskünstler von Steuergeld aufweisen kann. Es ist wie eh und je: Nach der Qualifikation eines Kandidaten fragt keiner, entscheidend ist, wer sich im Machtpoker durchsetzt.
Dabei ist gerade Maria Fekter ein Lehrstück für das berühmte Peter-Prinzip, wonach Mitglieder komplexer Organisationen das politische Getriebe ist eine solche so lange befördert werden, bis sie an eigener Unfähigkeit scheitern.
Ursprünglich war der Transfer von Fekter vom Innen- ins Finanzressort nach Josef Prölls Rücktritt politisch kein dummer Schachzug. Als Maria ohne Gnade hatte sich die studierte Juristin und Betriebswirtin einen Hardlinerruf erworben, der jedoch der Partei zu schaden begann. Aber der resoluten Fekter wurde zugetraut, die kriselnden Staatsfinanzen und alles, was in diesem wichtigsten und schwierigsten Ressort noch dazugehört, zu schupfen. Gemeinhin gilt ja: Verglichen mit dem Terminkalender eines Finanzministers ist jener des Kanzlers fast leer.
Die Anforderungen sind im letzten Jahrzehnt gewaltig gestiegen. Internationale Einsätze bei Weltbank, Ecofin, Eurogruppe, Krisentreffen zur Rettung von Pleitestaaten, tagein, tagaus. Der Druck ist enorm. An der Heimatfront ist der Finanzminister Schlüsselfigur jeder Verhandlung, ob bei Budget, Banken, Konjunkturpaketen oder Lehrerdienstrecht. Als Fekter zu Amtsantritt flapsig formulierte, Finance ist etwas anderes als die Kieberei, dürfte sie in Wahrheit keine Ahnung gehabt haben, wovon sie redet.
Heute hat sie als herbes Politkrokodil Bissspuren in halb Europa hinterlassen. Wäre sie deutsche Finanzministerin, gäbe es den Euro dank ihrer Sprüche vor, während und nach heiklen Verhandlungen wahrscheinlich nicht mehr.
Im Inland sieht es nicht viel besser aus: Das eigene Haus ist wegen parteipolitischer Personalentscheidungen gegen sie. Dabei gelten die Beamten des Ressorts als Elite der austriakischen Ärmelschoner.
Karl-Heinz Grasser, noch weniger sachkundig als die jetzige Amtsträgerin, konnte mit seinem Marketinggeschwurbel nur deshalb überleben, weil er es schaffte, die Sektionschefs auf seine Seite zu ziehen.
Am Hypo-Debakel ist Fekter nicht schuld, wohl aber an der fehlgeschlagenen Minimierung des Schadens. Ihre Weigerung, eine Bad Bank zu errichten, wird den Steuerzahler noch viel Geld kosten. Der Widerstand ist wahltaktisch motiviert: Eine Bad Bank hätte die Staatsschuld erhöht, den Abverkauf gesunder Teile aber erleichtert. Die Fehlerliste könnte fortgesetzt werden.
Zusammenfassend darf bilanziert werden: In zwei Jahren hat Fekter die halbe EU, weite Teile ihres Ressorts, alle Banker, die gesamte SPÖ und zwei Drittel der ÖVP gegen sich aufgebracht. Und der Rest fürchtet sich vor ihr. Mehr geht nicht.
So tragisch ihr Scheitern auch sein mag Maria Fekter kann im persönlichen Umgang sehr gewinnend sein ist es an der Zeit, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie das Profil der/des Nächsten aussehen soll.
Die Komplexität der Aufgabe erfordert: Internationalität statt provinzieller Klientelpolitik, Überblick, hohes volkswirtschaftliches Wissen, Liebe zu Zahlen, starke Nerven verbunden mit einem politischen Konzept. Und sie/er darf nicht Parteichef/in sein. Denn dann ist man bei jedem Nein, bei jedem Einschnitt, der wehtut, von den Eigenen erpressbar. Und solche werden kommen müssen, die Zeiten werden stürmisch.
Es gibt nicht viele, die das Amt könnten. In der ÖVP wohl Reinhold Mitterlehner oder Claus Raidl, in der SPÖ Notenbankerin Gertrude Tumpel-Gugerell und Andreas Schieder. Mal sehen, ob es einer von denen wird.
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