Herbert Hacker über die Wienerin im ersten Bezirk
Lokaleröffnungen aus dem Reich der Dutzendkaschemmen sind normalerweise kein Grund, darüber zu berichten. Wenn aber ein Lokal in Bestlage eröffnet, etwa am Petersplatz nahe dem Graben, lohnt es sich schon, einen neugierigen Blick darauf zu werfen.
Wie im Fall der neuen Wienerin. Früher war an dieser Stelle ein eigenartiges Lokal namens Snooze, daraus ist vor kurzem die besagte Wienerin geworden. Weshalb man diesen Namen gewählt hat, bleibt nach einem Besuch ebenso rätselhaft wie vieles andere auch. Lediglich ein paar Fotos mit Frauengesichtern an den Wänden könnten einen wohl etwas weit hergeholten Rückschluss erlauben. Die bizarre Mischung reicht dabei von Romy Schneider bis zu Elfriede Ott.
Im ersten Raum dominieren ein langer Tisch und eine Bar, im hinteren Teil sind kleine, rustikale Holztische so eng aneinandergereiht, dass dazwischen kaum ein Blatt Papier passt. Der Betreiber, er besitzt unter anderem das Gürtelbräu, ist offenbar kein Freund ungenützter Raumflächen.
Zu essen gibt es eine bunte Mischung an Gerichten ohne klare Linie. Ein etwas ungewürztes Beef Tatar, ein durchaus gelungenes Kalbsrahmgulasch vom Steirischen Hochlandrind, ein Schnitzel vom Tullnerfeldschwein, ein Rumpsteak oder eine ausgelöste Hühnerkeule, mariniert mit Zitrone (was einem allerdings verborgen bleibt) mit Süßkartoffeln.
Das alles ist nicht schlecht, aber auch nicht wirklich sonderlich erhebend. Ähnliches gilt für das Getränkeangebot mit ein paar Weinen aus Wien und einigen Cocktails und Longdrinks.
Ob man damit dem Anspruch gerecht wird, ein Lokal in privilegierter Lage wie dieser erfolgreich zu führen, erscheint höchst fraglich. Ein bisschen mehr an Konzept könnte jedenfalls nicht schaden.
Sonst wird aus der großstädtischen Wienerin schnell eine blasse Dorfschönheit.
NAME:
Wienerin
ADRESSE:
1010 Wien, Petersplatz 1, Tel.: 01/532 13 80
ÖFFNUNGSZEITEN:
tägl. 1124 Uhr, Küche bis 22 Uhr
PREISE:
Vorspeisen bis 12,90, Hauptspeisen bis 16,20 Euro
WEB:
wienerin.org