Glück ist die geheime Zutat für erfolgreiche Unternehmen
Wenn Sie eine glückliche Firma haben, sind Sie unbesiegbar, schrieb jüngst Richard Branson in seinem Internet-Blog. Branson ist ein erfolgreicher britischer Unternehmer und Gründer des Virgin-Konglomerates.

Das Streben nach Glück ist nicht nur in der amerikanischen Verfassung als Grundrecht verankert. Es ist das ultimative Ziel menschlichen Handelns, wusste schon Aristoteles.
In Zeiten, in denen Menschen sich nach Work-Life-Balance sehnen und Unternehmen versuchen den Burn-Out ihrer Mitarbeiter zu verhindern, wird dieses Streben nach Glück auch zunehmend von Unternehmern und Politikern thematisiert.
Die Deutsche Bank veröffentlichte bereits 2006 eine Studie, die sich mit Glück als Wohlstandsindikator befasste. Die Deutsche Post veröffentlicht jährlich einen Glücksatlas, der die Einflüsse der Lebenszufriedenheit deutscher Bürger misst.
Auch volkwirtschaftlich rückt das Thema Glück mehr und mehr in den Vordergrund. Das bekannteste Beispiel ist wohl das Bruttosozialglück des Landes Buthan mit dem gesteckten Ziel der Regierung, die Zufriedenheit der Bürger zu maximieren. Sogar die deutsche Politik diskutiert derzeit Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) als alleinigen Wohlstandsindikator.
Schaut man jedoch in die Bilanzen der Unternehmen finden wir hier nach wie vor lediglich Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, es werden Cash-Flow, Umsatzzahlen und Produktivität gemessen. Von Glück fehlt dort jede Spur.
Liegt es daran, dass die Bedeutung des Glücks der Mitarbeiter noch nicht überall angekommen ist?
Ist in vielen Unternehmen vielleicht nach wie vor eine eher kurzfristige Denkweise verankert und man bemüht sich um das Erreichen kurzfristiger Ziele und Kennzahlen?
In Anbetracht der zahlreichen Studien, die den Zusammenhang zwischen dem Glück der Mitarbeiter und ihrer Produktivität, Motivation und Retention belegen, scheint dies eher unwahrscheinlich.
Vielmehr mag dies daran liegen, dass nicht klar ist, wie man Glück im Unternehmen prozesstechnisch und messbar verankern kann.
Wenn Glück die geheime Zutat erfolgreicher Unternehmen ist, wie Richard Branson konstatiert und der sollte es angesichts seines geschäftlichen Erfolges wissen dann sollten wir das Streben nach Glück im Unternehmen genauso fest verankern, wie die USA in ihrer Verfassung.
Doch wie streut man diese Zutat ins Unternehmen ein? Wann ist eine Firma glücklich?
Ist sie es dann, wenn sie eine Umfrage zur Mitarbeiterzufriedenheit durchgeführt hat? Oder wenn sie regelmäßig das Glück ihrer Mitarbeiter misst, wenn es kostenloses Kantinenessen oder regelmäßige Betriebsausflüge gibt?
Die Problematik von Stand-Alone-Maßnahmen zu irgendwelchen Trends besteht seit jeher in ihrer Nachhaltigkeit.
Eine Firma kann nur dann glücklich sein, wenn sie Glück als festen Unternehmensbestandteil in alle ihre Prozesse integriert hat.
Das heißt im Klartext, dass Unternehmen sich nicht nur Gedanken über das kurzfristige Glück ihrer Mitarbeiter oder Kunden machen sollten, sondern auch um das Glück ihrer Geschäftspartner und der Community.
Seien es unternehmerische Maßnahmen zur Nachhaltigkeit, Corporate Social Responsibility (CSR) oder der Gesundheitssteigerung der Mitarbeiter alle verpuffen in ihrer Wirkung und sind nicht glaubwürdig, wenn sie nicht über alle Hierarchiestufen hinweg gelebt werden.
Um die Erkenntnisse aus der Glücksforschung für die Unternehmen nutzbar zu machen, benötigen wir einen ganzheitlichen Ansatz zur Implementierung und Messbarkeit von Glück.
Praktisch bietet sich dafür die Implementierung einer sogenannten Happiness Scorecard an.
Glück steht dabei im Mittelpunkt aller strategischen Überlegungen des Unternehmens. Ausgehend von diesem obersten Ziel wird das Glück der Mitarbeiter, Geschäftspartner, Shareholder und der Community abgeleitet.
Alle Maßnahmen, die nun vom Unternehmen durchgeführt werden, folgen nun einem integrierten Konzept und verstärken sich in ihrer Wirkung anstatt zu verpuffen.
Gleichzeitig haben wir eine gesunde Balance in den Zielen der unterschiedlichen Anspruchsgruppen.
So streben die Mitarbeiter vielleicht nach persönlichem Glück, das sich in Attributen wie einer gesicherten finanziellen Existenz, einem ausgewogenen Sozialleben, guter Gesundheit und einer erfüllenden Arbeitsaufgabe ergibt. Dies alles sind Attribute, die ein Arbeitgeber gezielt beeinflussen kann.
Das Glück der Geschäftspartner, wie Lieferanten oder Dienstleister, kann durch ein hohes ethisches Handeln des Unternehmens beeinflusst werden, bei dem Transparenz und das Anstreben einer Win-win-Situation im Vordergrund stehen, anstatt das Erreichen eines kurzfristigen persönlichen Vorteils.
Das Glück der Community steigert das Unternehmen durch die Übernahme konkreter gesellschaftlicher Verantwortung im näheren Unternehmensumfeld, z.B. im Rahmen von Corporate Citizenship-Maßnahmen als auch durch ökologisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften.
Das Glück der Shareholder kann das Unternehmen sowohl durch eine gesunde Rendite als auch durch den Beitrag steigern, den das Unternehmen zum Glück der Gemeinschaft, der Kunden und der Mitarbeiter gibt.
Klingt das zu sehr nach schöne neue Welt?
Nein. Diese Art zu denken ist zu einer Option geworden, an denen Unternehmen jetzt nicht mehr vorbei kommen.
Zumindest nicht solche Unternehmen, die in Zeiten von Fachkräftemangel nicht auf den Einsatz von motivierten leistungsfähigen Mitarbeitern verzichten können. Auch nicht solche Unternehmen, die im Rahmen eines globalen Wettbewerbes und fast vollkommener Preistransparenz nicht auf ihren Wettbewerbsvorteil beim Kunden verzichten möchten.
Auch nicht solche Unternehmen, deren Handeln in Zeiten hoher Medienpräsenz, blitzschneller Verbreitung von Meinungen und Beobachtungen via Social Media und Internet im Fokus der Gemeinschaft und deren Urteil stehen.
Daher sollte Glück nicht mehr nur die geheime Zutat erfolgreicher Unternehmen sein, wie Richard Branson feststellt. Vielmehr sollten Unternehmen die Chance ergreifen, ganz offensichtlich Werte zu integrieren, die bereits längst in das volkswirtschaftliche Denken unserer und anderer Nationen Einzug gehalten haben.
- Prof. Dr. Anne-Katrin Straesser (37), machte ihren MBA an der Oxford Brookes University und wurde mit 34 Jahren zur damals jüngsten Strategieprofessorin im Land berufen. Sie forscht im Bereich der Glücksökonomie und macht als Six Sigma Black Belt das Thema Glück für Unternehmen greifbar und messbar. Mit der Happiness Scorecard hat sie Konzept entwickelt, mit dem Unternehmen ermöglicht wird, Erkenntnisse aus der Glücksforschung zur Steigerung der Produktivität und des Unternehmenserfolges ganzheitlich umzusetzen und zu messen. www.glücksökonomie.de