gastkommentar: Kann ein Bankdirektor wirklich zwölf Millionen Euro wert sein?

„Es gibt nur einen Fall, wo man über eine temporäre gesetzliche Bezügeregelung reden kann: wenn der Staat rettet.“

Wir befinden uns in der vielleicht tiefsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Doch worüber wird heftig diskutiert? Nicht über die Gefahren von Deflation und Inflation, auch nicht über die Notwendigkeit einer europäischen (und nicht bloß nationalen) Krisenbekämpfung und Wirtschaftspolitik, auch nicht über die Wiedergeburt des Wirtschaftsprotektionismus – nein, wir diskutieren besonders heftig die Frage, wie viel ein Unternehmensleiter („Manager“) verdienen soll.

Unbestritten ist, dass ein Manager, der sein eigenes Geld investiert und riskiert, so viel verdienen soll, wie er kann und will (natürlich im Rahmen der Gesetze). Die aktuelle Diskussion behandelt zwei Gruppen von Managern: solche, die in einem Unternehmen arbeiten, das der öffentlichen Hand (direkt oder indirekt) gehört, und solche, die mit fremdem Geld arbeiten, wie zum Beispiel die Vorstandsmitglieder von börsennotierten Aktiengesellschaften. Für die erste Gruppe kann es für die nun so aktiven Politiker kein Problem sein, genaue Bezugsregelungen („Bezügebegrenzungen“) umzusetzen, da ja der zuständige Eigentümervertreter (Landesrat, Minister) entsprechend den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen die Bezüge „seiner“ Manager festlegen kann.

Auf Bundesebene hatten in den letzten Jahren alle Parteien – mit Ausnahme der Grünen – Gelegenheit, solche Begrenzungen umzusetzen. Das wurde nicht gemacht: Weder bei der ÖIAG noch bei den ÖBB oder bei der Asfinag (um nur einige Beispiele zu nennen) gibt es Begrenzungen. Wie ist nun die Bezügefrage bei der zweiten Gruppe von Managern zu behandeln? Gemäß Aktienrecht bestellt der Aufsichtsrat den Vorstand, und der Präsident des Aufsichtsrates unterschreibt den Vorstandsvertrag. An dieser Vorgangsweise sollte nichts geändert werden, denn jede gesetzliche Begrenzung führt sofort zu Umgehungshandlungen. Was ich jedoch bei der Festlegung von Vorstandsbezügen vermisse, ist die Frage der Verhältnismäßigkeit.

Kann ein Bankdirektor wirklich zwölf Millionen Euro „wert“ sein? Es kann auch nicht sein, dass ein Manager mit einer hohen Pension und einer hohen Abfertigung nachhause geht, wenn er „sein“ Unternehmen an den Abgrund geführt hat. In diesem Bereich (Ausscheiden bei Misserfolg) ist sicher Handlungsbedarf. Auch die Frage der Bonifikationen ist neu zu überdenken – vielleicht sollte man für Teile der Bonifikation einen mehrjährigen „Beobachtungszeitraum“ einführen. Bei börsennotierten Gesellschaften könnte man auch diskutieren, der Hauptversammlung eine Art von Resolutionsrecht in der Frage der Entlohnung einzuräumen, um dem Aufsichtsrat – sozusagen als Empfehlung – einen gewissen Rahmen für die Vorstandsbezüge zu geben.

Ein weiterer Punkt in der Diskussion ist die Frage, ob der Staat (durch Gesetz) Begrenzungen dann festlegen soll, wenn Förderungen, Unterstützungen oder Zuschüsse, in welcher Form auch immer, gewährt werden. Diese Frage muss man differenziert betrachten. Zahlt der Staat Förderungen aufgrund vorher erbrachter Versicherungsbeiträge (wie zum Beispiel die Unterstützung für die Kurzarbeit aus der Arbeitslosenversicherung), so sehe ich überhaupt keinen Anlass eines staatlichen Eingriffes, auch wenn diese Forderung von manchen Politikern schon aufgestellt wurde. Gibt der Staat Zuschüsse, für die Zinsen oder Dividenden bezahlt werden müssen (und jeder Subventionscharakter fehlt), so sehe ich ebenfalls keinen Grund für punktuelle staatliche Eingriffe bei der Bezügeregelung.

Aus meiner Sicht gibt es nur einen Fall, in dem man die Frage einer temporären gesetzlichen Regelung der Bezüge diskutieren kann: dann, wenn nur durch eine staatliche Unterstützung das Überleben eines Unternehmens ermöglicht wird. Selbst in diesem Fall wäre noch zu unterscheiden, ob für diese Unterstützung bezahlt wird oder nicht. Denkbar wäre, dass für die Dauer solcher staatlicher Unterstützungen Gehaltserhöhungen und Bonifikationen mit dem „Förderer“ abgestimmt werden müssen. Bei solchen „Abstimmungen“ besteht aber immer die Gefahr, dass nicht das betriebswirtschaftliche Kalkül, sondern die erwünschte Schlagzeile die Entscheidung bestimmt.

PS: Warum muss das Vorstandsmitglied der ÖIAG mehr als doppelt so viel verdienen wie der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank?