„In Österreich steht sich die Bürokratie selbst im Weg“
Durch die schnelle Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen ist der oberösterreichische Software-Anbieter curecomp in der Krise gewachsen. Mit den Herausforderungen im Zuge der Pandemie wusste Geschäftsführer und CFO Nikolaus Kretz gut umzugehen – weniger gut allerdings mit der Bürokratie. Hier sieht er Verbesserungsbedarf.
Procurement
Stellenabbau und Kurzarbeit sind auch nach über einem Jahr in der Corona-Krise kein Thema bei curecomp: Das oberösterreichische IT-Dienstleistungsunternehmen hat seinen Mitarbeiterstamm seit Beginn der Pandemie sogar deutlich aufgestockt. Der 2002 als Start-up ins Leben gerufene e-Procurement Software-Anbieter ist auf die Bereitstellung von Lösungen in den Bereichen Beschaffungsprozesse und Lieferantenmanagement spezialisiert und zählt heute Unternehmen auf der ganzen Welt zu seinen Kunden. Durch die rasche Reaktion auf die veränderten Rahmenbedingungen und die Digitalisierung nahezu aller unternehmensinternen Abläufe im März 2020 gehört curecomp zu den österreichischen Firmen, die trotz COVID-19 expandieren konnten.
Flexibel und digital
„Wir sind in der Krise gewachsen, obwohl der Jobmarkt im Bereich des Software-Engineerings ziemlich leer ist“, sagt Geschäftsführer und CFO Nikolaus Kretz. Als junges Unternehmen mit einem niedrigen Altersschnitt sei es curecomp vergleichsweise leichtgefallen, sich flexibel an die neuen Herausforderungen anzupassen: „Im Prinzip sind wir zwei Tage vor dem ersten Lockdown zu einer völlig virtuellen Organisation geworden. Wir mussten die Unternehmensführung und auch die Kommunikation umbauen und neue Mitarbeiter quasi ohne Anwesenheit im Büro onboarden. Das funktioniert, wenn man will, wobei man sich wirklich umorganisieren muss.“
Bürokratische Hürden

Nikolaus Kretz, CFO curecomp
Auf Kurzarbeit konnte curecomp trotz eines vorsichtshalber gestellten – und auch erfreulich rasch genehmigten – Antrags verzichten, auch Hilfszahlungen wie Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz waren für die Firma letztlich kein Thema. Trotzdem sieht sich Kretz immer wieder mit bürokratischen Hürden konfrontiert, die notwendige Abläufe nicht nur für sein Unternehmen unnötig verkomplizieren. „Es geht sicher um das Thema Deregulierung, und um das Thema Mitarbeiter-Zuzug – auch aus Nicht-EU-Ländern“, sagt Kretz. So nehme die Beantragung der der Rot-Weiß-Rot-Karte unverständlich viel Zeit in Anspruch.
Auch Nachfragen bei den zuständigen Stellen sorgen mitunter für Kopfschütteln: „Wenn man mit dem AMS telefoniert und gesagt bekommt, dass der Antrag in etwa zwei Wochen positiv erledigt wird, fragt man sich schon, warum das nicht eher passieren kann, wenn die Entscheidung ohnehin bereits feststeht.“ Dem drohenden Fachkräftemangel in technischen Berufsfeldern entgegenzuwirken, werde so weiter erschwert: „Da hat man Leute, die in Österreich fertig studiert haben und gerne hier arbeiten würden, aber sie müssen abwarten – da steht sich die Bürokratie schon selbst im Weg.“
Start-up- und Technologiefinanzierung
Auch im Bereich der Start-up- und Technologiefinanzierung ortet der curecomp-Geschäftsführer dringenden Nachholbedarf. „Für uns ist das kein Thema mehr, weil wir schon Anfang des Jahres von einem deutschen Technologiekonzern übernommen wurden – aber alleine hätten wir das mögliche Wachstum nicht finanzieren können, weshalb wir uns auch für diese Partnerschaft entschieden haben“, so Kretz. Die bestehenden Förderprogramme in Österreich seien teils zu bürokratisch, teils zu restriktiv gestaltet: „Zum Beispiel gibt es Programme, bei denen die geförderten Unternehmen maximal 10 Jahre alt sein dürfen – das verstehe ich nicht. Da stehen sich die Dinge glaube ich schon etwas selbst im Weg.“