Luxus hat Hochkonjunktur - Millennials mit Taschen voller Geld
Luxus hat Zukunft. Das hat die Boston Consulting Group in zwei Studien festgestellt. Dank zahlungskräftiger Millennials, vor allem asiatischer Kunden, "Neureichen" und "Etablierten", wird die Luxus-Branche weiter boomen. Aber auch der "Casual Style" und seine Marken profitieren vom Geschmack und gefüllten Portemonnaie zahlungskräftiger Klientel.
"Ich bin nicht so reich, dass ich mir Billiges leisten kann" - so lautet eine Weisheit von Konsumenten, die gerne für Güter mit Qualität tiefer ins Geldbörsel greifen.
Was leicht abgehoben klingt, dürfte doch einen Kern Wahrheit ins sich haben. Denn Markenprodukte stehen schließlich nicht nur für Image und Style, sondern auch für Qualität. Wer mehr ausgeben kann greift daher auch gerne zu Luxusmarken. Was wiederum bedeutet: Luxus hat fast immer Hochkonjunktur - außer in Krisenzeiten, wie etwa zu Beginn der Wirtschaftskrise ab dem Jahr 2008.
Die Boston Consulting Group (BCG) hat in zwei jüngst durchgeführten Studien ermittelt, wie sich der Luxussektor, aber auch die zahlungskräftige Klientel in den kommenden Jahren entwickeln wird. Diese Studien belegen die These der immerwährenden Luxus-Hochkonjunktur: Auch wenn sich die Ökonomie etwas abkühlen sollte, ein schwächeres Wachstum zu erwarten ist, dürfte es um die Luxusgüterindustrie weiterhin sehr gut bestellt sein.
Taschen voller Geld
Die Luxusartikelhersteller dürfen ihre Erwartungen dabei vor allem auf die Millennials und die asiatischen Konsumenten, besonders aus China und den ASEAN-Staaten (Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) stützen. Sie gehören laut BCG-Studie zu den Konsumenten, die in Zukunft sich besonders spendabel zeigen werden.
Vor allem Markenartikel aus den Bereichen Mode, Einrichtung, Reisen, Getränke oder Uhren und Accessoires sind besonders im Nachfragefokus der gut bestallten Konsumenten. Und dies bietet auch Chancen für den stationären Handel, auch in Österreich.
Billionen-Geschäft
Die Luxusgüterindustrie bringt es derzeit auf ein Volumen von rund 915 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2024 wird dieses Marktsegment nochmals um satte 37,7 Prozent zulegen und damit die Billionen-Euro-Grenze locker überschreiten: BCG prognostiziert Einkäufe mit einem Volumen von 1.260 Milliarden Euro. Und damit nicht genug: Neben dem Luxussegment wird auch der günstigere Casual Style noch kräftig zulegen - und als Kollateralumsatz auch die Kassen der Hersteller füllen, die nicht zu den Luxusherstellern zählen, aber mit ihren Marken punkten und überzeugen können.
Für den nun schon zum fünften Mal erstellten True-Luxury Global Consumer Insight, auf den sich diese Prognosen stützen, hat BCG zusammen mit dem italienischen Verband der Luxusgüterhersteller (Altagamma) im Jahr über 10.000 Konsumenten in zehn Ländern zu ihrem Ausgabeverhalten befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem die Besserverdienenden in China in den Fokus der Luxushersteller rücken. Bis 2024 sollen bereits rund 40 Prozent aller Produkte im Luxussegment in China verkauft werden. In weiterer Folge sind auch die Konsumenten der ASEAN-Staaten im Fokus.
Chinesen zählen bereits jetzt schon zu den zahlungskräftigen Kunden. Und sie geben das Geld nicht nur in ihrem Heimmarkt aus. Auf Auslandsreisen sitzt das Geld bei den Touristen aus dem Reich der Mitte ebenso locker, was besonders für touristische Regionen neue Chancen eröffnet. Und auch hier zeigt die Tendenz hinsichtlich der Ausgabefreudigkeit eindeutig nach oben, obwohl Luxusprodukte auch via Internet oder im Reich der Mitte die gekauft werden könnten.

Wohlhabende Millennials
Die zweite große, zahlungskräftige Kundengruppe sind die in den frühen 1980er-Jahren bis zum Jahr 2000 geborenen, sogenannten "Millennials". BCG sieht sie durch die Konsumtempel der Welt ziehen, wo alles schick, teuer und Marke ist. Die Millennials werden bis zum Jahre 2024 mit einem Marktanteil von 40 Prozent als wichtigste Käufer von Luxusgütern von den Händlern umgarnt. Diese Gruppe wird laut BCG künftig auch am meisten zum weiteren Wachstum der Luxusbranche beitragen. Wobei die Millennials aber auch Luxusgüter via Internet kaufen.
Luxus alleine reicht nicht dem Millennial aber nicht. Die Konsumenten-Gruppe neigt auch zu formeller Kleidung. Neben den Luxus-Marken werden daher auch die Nicht-Luxusmarken weiter an Bedeutung gewinnen. Die BCG-Studie zeigt, dass 73 Prozent der luxusaffinen Verbraucher auch den „Casual Style“ bevorzugen. Tendenz steigend: Gegenüber dem Vorjahr sind das immerhin sieben Prozent mehr, die sich auch mit weniger Exklusivem und Teurem ausstaffieren wollen.
Casual Style im Trend
Casual Style liegt also im Trend. Der klassisch-konservative Luxus-Stil ist den Aficionados von Luxusprodukten zu wenig. Casual steht für Jugend. Streetware-Marken und die Outfits Prominenter und Künstler der Millennials oder Generation Z (den nach dem Jahr 2000 Geborenen). Olivier Abtan, bei BCG weltweit Chef für Luxus, Mode und Beauty, sieht das so: "Marken erhalten so ein cooles Image, die Markenbekanntheit wird gestärkt und die Bereitschaft, die Marke zu kaufen, nimmt zu. Zusammenarbeit ist immer gefragter und kann einen sehr effektiven Kaufanreiz darstellen."

Jeder zweite Millennial (55 Prozent) ist daher auch bereit seinen Einkauf zu "mischen": Handtaschen oder T-Shirts von billigeren Marken werden etwa zu noblen Sneakers, Luxusschuhen oder Luxussportartikeln gekauft. Millennials inszenieren mit dem Mix ihren eigenen Style, bringen damit ihre Persönlichkeit zum Ausdruck. Sie tun das aber nicht unbedingt aus Geldmangel, sondern weil sie bei anerkannten, etablierten Luxusherstellern häufig auch kein passendes Angebot finden und deshalb auf Nischenmarken ausweichen.
Die jüngeren der gut betuchten Konsumenten sieht sich durch das jünger anmutende Casual Wear eher in ihrer Persönlichkeit repräsentiert. Immer mehr bezahlbarer Luxus und zahlreiche Kooperationen zwischen klassischen und Streetwear-Marken würden ebenfalls zu diesem Trend beitragen.
Neureiche & Etablierte
Neben den Chinesen rücken auch immer mehr die "Neureichen" aus den südostasiatischen Ländern ins Visier der Luxushersteller - nebst der Gruppe der "Etablierten", für die ohnehin nur exquisite, bestens eingeführte Marken zählen.
In einer zweiten Studie "Beyond the ‚Crazy Rich‘" hat BCG das immense Potenzial von neuen, wohlhabenden Konsumenten aus den ASEAN-Staaten unter die Lupe genommen. Bis zum Jahr 2030 werden dort zu 136 Millionen Menschen wohlhabend werden – das sind 21 Prozent der Gesamtbevölkerung der ASEAN-Region.
In der BCG-Studie werden die wohlhabenden Konsumenten in "Etablierte" und "Neureiche" eingeteilt. „Neureiche“ in diesen Ländern setzen demnach vor allem auf klassische Luxusmarken und das Prestige der Marke. Für „Etablierte“ ist mehr die Exklusivität des Produkts entscheidend als der Preis. Von beiden Gruppen werden bis 2030 etwa 30 – 65 Prozent zum Haushaltseinkommens beitragen. Sie sind somit die wichtigste Käuferschicht vor allem aus Sicht der Luxusgüterbranche.
Marke als Identität
Neureiche und Etablierte aus der ASEAN-Regionen haben eines gemeinsam: Sie stehen auf Luxusprodukte und sind sehr markenaffin. Im Gegensatz zu Millennials aus anderen Regionen, die auch nicht so bekannte Marken nachfragen, ist für asiatische Kunden das Markenimage von herausragender Bedeutung. „Ich identifiziere mich mit dem Produkt und seiner Geschichte“, ist laut BCG-Studie eine Hauptaussage der Befragten in Südostasien. Und somit hohe Anspruch an die Produkte mit dem hohen Preis.
Dolce&Gabana hat dies unmissverständlich zu spüren bekommen, dass man mit Emotionen in Werbebotschaften nicht einfach spielen darf. Im Herbst hat das italienische Modehaus für eine Modenschau in einem TV-Spot geworben. Eine attraktiv gekleidet Chinesin hatte versucht eine Pizza mit Stäbchen zu essen. Und sich freilich dabei schwer getan. Als rassistisch, despektierlich und beleidigend wurde dies von den Zusehern empört zurück gewiesen. Via Social Media hagelte es binnen 24 Stunden Proteste. Über 1,5 Millionen Klicks bekam ein Post mit Hashtag "boycottDolceGabbana". Das Management von D&G musste sich entschuldigen. Die Modenshow wurde abgesagt.
Der globale Markt
Doch nicht nur die Luxusgüterhersteller, auch der lokale Handel und Internethändler in Europa wird entsprechend von der wachsenden Zahl der wohlhabenden Konsumenten aus Asien profitieren können. Viele dieser Konsumenten gehen auf Reisen. Und zeigen sich insbesondere im Urlaub auch entsprechend spendabel. Einkaufen von exquisiten Produkten aus Europa gehört bei vielen Asiaten zum Fixprogramm ihrer Europareise. Wohlhabende aus Südostasien erledigen bereits 40 Prozent ihrer Luxuskäufe auf Reisen außerhalb ihres Heimmarktes, suchen ihre Reiseziele teilweise sogar danach aus.
Die vom stationären Handel gefürchtete Kannibalisierung durch den Online-Handel ist somit etwas gemildert. China ist laut BCG-Studie auch bisher das Land mit der geringsten Kannibalisierung. Und dennoch wird die Digitalisierung künftig von größter Bedeutung sein. Laut BCG wird das für den Luxushandel so wichtig sein, dass auch die Strategie daraus ausgerichtet wird, die einerseits die Konsumentenbedürfnisse erfüllt und andererseits alle Vertriebskanäle gesamthaft betrachtet.
Social Media und Influencer geben den Ton an
Die Informationen über die Produkte holen sich die Käufer heutzutage vor allem via Social Media (49 Prozent) und Mundpropaganda (39 Prozent). Influencer gewinnen bei Luxusartikel zunehmend an Bedeutung, aber auch an Macht.
Der Omnichannel-Ansatz (Konsumenten recherchieren online und kaufen dann offline) hat sich in 2017 bei 48 Prozent erstmals versus des Vorjahres eingependelt. Für diesen Kanal erwarten die Experten jedoch in Zukunft weiteres Wachstum, was mit der Omnichannel-Vorliebe der Millennials argumentiert wird. Vor allem für den chinesischen Markt gilt für Luxusmarken-Konzerne die komplette Online-Klaviatur zu bespielen. Chinas Konsumenten verbringen im Online-Ökosystems meisten Zeit. Laut BCG-Studie wird bei chinesischen Verbrauchern punkten und den großen Markt erobern, wenn eine nahtlose und integrierte Einkaufserfahrung vermittelt werden kann.
Im Jahr 2013 nur auf Rang neun genannt, sind in 2017 die sozialen Medien zum ersten Mal die führende Informationsquelle. Bei echten Luxuskonsumenten ist Social Media die Nummer Eins – gefolgt von Magazinen und Marken-Websites. Fünf Plattformen (Facebook, Instagram, WeChat, Weibo und QQ) dominieren die Social-Media-Welt, wobei Instagram in der westlichen Welt gegenüber Facebook an Bedeutung gewinnt und WeChat und Weibo in China gegenüber QQ zulegen.
Die Marken müssen jedenfalls im gesamten Ökosystem vertreten sein, um die Nutzer auf ihre Websites zu bekommen. Nur wer eine nahtlose und integrierte Einkaufserfahrung vermitteln kann, wird bei chinesischen Verbrauchern punkten und den großen Markt erobern.
Die „Online Only“ und „Store Only“ Vertriebskanäle – damit sind Verkäufe, die nur online oder nur im stationären Handel getätigt werden, gemeint – verhalten sich mit 12 Prozent Online und 40 Prozent Store. Im Vergleich zum Jahr 2017 sind sie in der Entwicklung relativ konstant.
Alles mobile
Mobilstrategie für Luxusmarken unumgänglich Luxusmarken sind gut beraten, eine eigene Mobilstrategie zu entwickeln. Immerhin nutzen 55 Prozent der Luxuskonsumenten, die online einkaufen, für den Kauf nicht ihren PC, sondern ihr Mobiltelefon. Das trifft speziell auf die jüngere Generation (75 Prozent) sowie auf die Verbraucher in China (77 Prozent) zu.
Ob Luxusmarke oder nicht - billig soll und wird jedenfalls für den Konsumenten mit dem gefüllten Portemonnaie kaum das Kriterium für eine Kaufentscheidung sein. Oder wie es der deutsche Modezar Karl Lagerfeld in einem Interview mit dem manager-Magazin 2005 schon sagte: "Ich hasse das Wort billig. Menschen sind billig, Bekleidung ist dagegen teuer oder preiswert."