Lufthansa-Chef Spohr ruft nach Reisefreiheit in Europa
Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr will offene Grenzen und Flugreisen bei Nachweis einer Impfung oder eines negativen Corona-Tests. Er hofft mit einem Reiseboom im Sommer 2021 aus der Krise zu fliegen.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr große Hoffnung in die Rückkehr des Reisegeschäfts im Sommer. "Ich hoffe, dass Europa sich öffnen kann. Ich glaube, wir sind durch das Schlimmste durch", erklärte er bei der Vorlage der Bilanz für das Krisenjahr 2020. Selbst eine dritte Infektionswelle nach der schrittweisen Lockerung der Corona-Einschränkungen stünde dem Aufwind nicht entgegen.
Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) würden zeigen, dass Flugreisen kein Infektionstreiber seien, erklärte Spohr und forderte auf, Europas Grenzen zu öffnen, die generelle Quarantänepflicht für Reiserückkehrer aufzuheben und Reisen bei Nachweis einer Corona-Impfung oder eines negativen Tests zu ermöglichen.
Pleitegeier über dem Kranich
Die Lufthansa wurde im vergangenen Jahr mit einem staatlichen Finanzpaket von neun Milliarden Euro von Deutschland, der Schweiz, Österreich und Belgien vor der Insolvenz bewahrt. Die knapp der Pleite entgangene Lufthansa hat wegen der Coronakrise im vergangenen Jahr den höchsten Verlust der Firmengeschichte eingeflogen. Der Nettoverlust belief sich trotz massiver Kostensenkungen 2020 auf 6,7 Milliarden Euro, nach einem Gewinn von 1,2 Milliarden Euro im Vorjahr. Der Konzernumsatz brach um fast zwei Drittel ein auf 13,6 Milliarden Euro.
"Die Lufthansa Group ist über das Jahr 2021 hinaus durchfinanziert", erklärte der neue Finanzchef Remco Steenbergen. Jetzt gelte es, die Kosten weiter zu senken und die auf knapp zehn Milliarden Euro gestiegenen Schulden abzubauen. Weitere Staatshilfe sei nicht notwendig, erklärte Steenbergen. Im Gegenteil: Das Unternehmen, an dem der Staat mit 20 Prozent den größten Anteil hält, will die verbliebenen acht Milliarden Euro Finanzhilfe möglichst nicht ausschöpfen.
Hunderte Millionen Verlust bei der AUA
Die AUA verlor auf operativer Ebene rund eine halbe Milliarde Euro. Um Flugzeugabwertungen bereinigt waren es 469 Millionen Euro, unbereinigt sogar 529 Millionen Euro. Zieht man den Staatszuschuss der österreichischen Regierung von 150 Millionen Euro ab, der im Dezember verbucht wurde, beläuft sich der bereinigte operative Verlust auf 319 Millionen Euro. "Was 2020 passiert ist, hat alles andere in den Schatten gestellt", zog AUA-Chef Alexis von Hoensbroech in einer Pressekonferenz Bilanz.
Ausblick: Gar nicht rosig
Im Kampf gegen die Krise hat die Airline-Gruppe die Fixkosten um 35 Prozent gesenkt, indem zum Beispiel für viele Beschäftigte dank Kurzarbeit nur noch wenig Lohn gezahlt werden musste. Der Konzern baute bis Ende 2020 außerdem ein Fünftel seiner Arbeitsplätze ab auf noch 110.000. In Deutschland fielen bisher 8.000 Stellen weg, in Österreich sank der Personalstand der AUA um 550 auf rund 6.440 Mitarbeiter. Die Lufthansa bezifferte den noch bestehenden Personalüberhang auf 10.000 Stellen, die bei noch mehr Teilzeitvereinbarungen nicht alle wegfallen müssten. "Mein persönliches Ziel bleibt es, 100.000 Arbeitsplätze in der Gruppe zu sichern", sagte Spohr.
Weil das Geschäft vom zweiten Lockdown geschwächt wird, schraubte Spohr die Kapazitätsprognose für 2021 zurück. Die Airline-Gruppe rechnet nun im Jahresschnitt mit einem Angebot von 40 bis 50 Prozent der Vorkrisenkapazität und nicht länger mit bis zu 60 Prozent. Praktisch vorbereitet wäre sie darauf, 70 Prozent anzubieten. Zu Ostern seien die Buchungen schon etwas gestiegen, ab Juni merklich. Derzeit stehen rund 500 der einst 800 Flugzeuge großen Flotte am Boden. Parkgebühr pro Tag und Flieger: 800 Euro.