Luftfahrt: Corona-Knick und kein Ende in Sicht
Durch die Corona-Pandemie ist der Flugverkehr weltweit praktisch zum Erliegen gekommen. Die Eurocontrol beziffert den Schaden für die Industrie nun mit 140 Milliarden Euro. Die Corona-bedingt außer Kraft gesetzte Slot-Regelung soll bis Ende März 2021 ausgesetzt bleiben.
Am Boden: für Europas Luftfahrtbranche wird die Corona-Krise noch lange dauern.
Die europäische Flugsicherungszentrale Eurocontrol revidiert ihre ohnehin schon düstere Prognose für Europas Luftfahrtbranche. Die Experten gehen nun davon aus, dass in diesem Jahr rund sechs Millionen Flüge weniger durchgeführt werden als 2019. Bisher waren sie von fünf Millionen Flügen weniger ausgegangen. Allein für 2020 rechnet Eurocontrol mit einem Schaden für die Luftfahrtindustrie in Höhe von 140 Milliarden Euro.
"Die Lage ist besorgniserregend für die Branche", erklärt Eurocontrol-Chef Eamonn Brennan. So fehle es etwa an einer Koordination. "Es gibt viel Verwirrung und sehr wenig Passagiervertrauen, und natürlich nehmen die Ausbrüche von Covid-19 in Europa zu."
Brennan forderte alle europäischen Staaten auf, enger zusammenzuarbeiten und etwa Corona-Tests für Flugreisen zu vereinheitlichen. "Das würde Passagieren, Flughäfen und Airlines mehr Vorhersehbarkeit geben." Er warnte, dass sich die Lage noch weiter verschlechtern könnte, "wenn die Staaten weiterhin pauschale Beschränkungen und Quarantänemaßnahmen auferlegen - dieser Ansatz tötet die Reise- und Tourismusbranche".
Flugrechte-Bestimmung bleibt ausgesetzt
EU-Transportkommissarin Adina Valean will wegen der Schwierigkeiten der Luftfahrtindustrie die bestehende Flugrechte-Regelung für Fluggesellschaften weiter aussetzen. Die Aufhebung der Slot-Regelung, nach der mindestens 80 Prozent der zugewiesenen Flugrechte genutzt werden müssen, soll zumindest bis zum Ende des Winterflugplans (27. März 2021) verlängert werden.
Die EU-Kommission hatte wegen des drastischen Passagierrückgangs in der Pandemie vorgeschlagen, auch ungenutzte Slots wie genutzte zu behandeln. Sonst könnten Flugunternehmen sich gezwungen sehen, zum Erhalt ihrer Rechte mit leeren Maschinen zu fliegen.
Massenkündigungen
In der gesamten Luftfahrtbranche stehen zudem Massenkündigungen bevor. So etwa auch bei Airbus. CEO Guillaume Faury hält betriebsbedingte Kündigungen im Zuge des Abbaus von bis zu 15.000 Stellen für unumgänglich. "Ich muss offen zu euch sein: Es ist unwahrscheinlich, dass freiwillige Kündigungen ausreichen werden", schrieb er an die Belegschaft.
"Der Winter wird für alle sehr hart", fürchtet auch Jozsef Varadi, Chef der Billigfluglinie Wizz. Die ohnehin weniger ertragreiche Zeit für Fluglinien werde heuer zu einer besonderen Belastungsprobe. Die Ticketpreise werden mittelfristig weiter sinken, "um 10 bis 20 Prozent", schätzt Varadi. Wegen der Corona-Krise hat Wizz fast ein Fünftel der Belegschaft gekündigt.
Bei den Austrian Airlines soll die Belegschaft von aktuell 7.000 Mitarbeitern um 1.100 reduziert werden. CEO Alexis von Hoensbroech geht davon aus, dass der Großteil der Mitarbeiter durch die natürliche Fluktuation aus dem Unternehmen ausscheiden werden.