Widerstandsfähig: Die größten Familienunternehmen der Welt
Die größten Familienunternehmen der Welt haben die Pandemie erstaunlich gut gemeistert. Der neue EY Familienunternehmensindex, erstellt in Kooperation mit der Universität St. Gallen, zeigt sie als Stabilitätsfaktor der globalen Wirtschaft.
Alteingesessene Familienunternehmen zählen zu den großen Gewinnern der Globalisierung. Sie werden zunehmend größer und können sich auch in Krisen, wie in einer Pandemie, bewähren. So florieren die 500 größten Familienunternehmen der Welt trotz der Schwierigkeiten, die durch die Covid-19-Pandemie verursacht wurden. Das zeigt sich auch daran, dass sich das weltweite Vermögen sich zunehmend in sehr wohlhabenden Familienunternehmen konzentriert, zusätzlich befeuert durch die zunehmende Globalisierung.
Privates Familienkapital ist größer als Private Equity und Venture Capital zusammen. Die 500 größten Familienunternehmen der Welt erwirtschafteten einen Umsatz von 7,3 Billionen Dollar und beschäftigten 24 Millionen Menschen, wie der Familienunternehmensindex 2021 vom Unternehmensberater von Ernst & Young (EY) und der Universität St. Gallen ergab. Zusammen bilden diese Familienunternehmen gemessen am Umsatz, nach den USA und China, den drittgrößten wirtschaftlichen Beitrag weltweit.
Der Index wird alle zwei Jahre erstellt und misst die Größe und Struktur sowie auch die Leistungen der Familienunternehmen, wie etwa ihr Engagement was die Mitwirkung im Kampf gegen die Pandemie und bei Nachhaltigkeit betrifft.
Wirtschaftlicher Stabilitätsfaktor
Unternehmen, die seit vielen Jahren auf dem Markt sind und erfolgreich sind, haben auch während der Pandemie der Wirtschaft weltweit Stabilität gebracht. Diese haben ihre langfristigen Geschäftsaussichten mit der Fähigkeit, in einer Krise schnell zu reagieren und beispielsweise in der Produktion umzuschwenken, erfolgreich gemanagt. "So haben sich so etliche dafür eingesetzt, medizinische Geräte und sogar finanzielle Unterstützung bereitzustellen, was ein dauerhaftes soziales Verantwortungsbewusstsein zum Ausdruck bring", so Helena Robertsson, Leiterin des Family Office Teams bei Ernst & Young.
Fast die Hälfte (236) aller Unternehmen im Index hat ihren Sitz in Europa, was laut den Unternehmensberatern von EY darauf hindeutet, dass es sich um ein förderliches Umfeld für Familienunternehmen handelt.
Die Österreicher im Global Family Index
- Red Bull ist aktuell die Nummer 214 im Ranking der größten Familienunternehmen weltweit. Der Energiedrinkhersteller erzielte im Vorjahr einen Umsatz von 6,3 Milliarden Euro und beschäftigt rund 12.200 Mitarbeiter. 2019 betrug der Umsatz 6,1 Milliarden Euro.
- Benteler International (Nr. 216) (das Salzburger Unternehmen ist im Bereich Automotive und Stahl tätig und erwirtschaftete damit 2019 einen Umsatz von 7,7 Milliarden Euro. Im Vorjahr ging dieser auf 6,3 Milliarden Euro zurück.
- ALPLA Werke Alwin Lehner rangiert im weltweiten Ranking auf Platz 387. Der Vorarlberger Spezialist für Kunststoffverpackungen produziert in seinen 181 Werken mit 21.600 Mitarbeitern beispielsweise Flaschen für die Getränkeindustrie. 2020 lag der Umsatz bei 3,7 Milliarden Euro.
- Swarovski Beim Vorarlberger Schmuckhersteller, die Nummer 401 im Ranking, schrumpfte der Umsatz im Jahr 2020 um 35 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro.
- Der Holzspezialist Fritz Egger hat es ebenfalls mit Nummer 478 noch unter die Top 500 geschafft. Die Tiroler produzieren Möbel und beispielsweise Fußböden. Im Vorjahr konnte der Umsatz um fast neun Prozent auf 3,1 Milliarden Euro gesteigert werden. Die Zahl der Mitarbeiter liegt bei rund 9.900.
„Die nächste Generation kann professionelles Know-how, wertvolle Technologie und digitale Fähigkeiten sowie Einblicke in die aktuelle Generation von Verbrauchern und Mitarbeitern einbringen. Die Einstellungen der Generationen zum Beispiel in Bezug auf Nachhaltigkeit unterscheiden sich“, meinen Experten des Unternehmensberaters EY. Generation Z und Millennials bevorzugen eher einen nachhaltigen Lebensstil als ältere und teilen Informationen über nachhaltige Produkte mit Gleichaltrigen.
USA, Deutschland und Frankreich führend beim Umsatz

Gemessen am Umsatz erwirtschaften US-Familienunternehmen am meisten, gefolgt von Deutschland, Frankreich, Südkorea, Indien und der Schweiz.
Deutschland beheimatet 16 Prozent der Unternehmen sowie zwei der größten im Index, die Schwarz Gruppe und BMW. 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind familiengeführt.
Aus Amerika stammen 24 Prozent der weltweit größten Familienunternehmen. Diese 119 Unternehmen erzielen einen Umsatz von 2,5 Billionen Dollar und beschäftigen 6,4 Millionen Mitarbeiter. Sieben der zehn größten Familienunternehmen weltweit kommen aus den USA, darunter Walmart, Berkshire Hathaway und Ford.
Die beiden größten Familienunternehmen Indiens, Reliance Industries und Aditya Birla Group, gehören zu den zwanzig größten Familienunternehmen im Index.
Auf dem chinesischen Festland, Hongkong und Taiwan entfallen 32 Familienunternehmen. Japan listet neun Unternehmen und Südkorea insgesamt 14 Familienunternehmen, darunter SK Corp und LG Corporation, die beide zu den zwanzig größten Unternehmen im Index gehören. Zusammen tragen diese 55 Unternehmen 87 Prozent (835 Milliarden Dollar) zum Umsatz im asiatisch-pazifischen Raum bei.
Konsumgüter und verarbeitendes Gewerbe dominieren
Viele der im Index enthaltenen Familienunternehmen sind entweder im Bereich Konsumgüter oder im verarbeitenden Gewerbe tätig, was auch am Alter der Unternehmen liegt. Viele der Technologie-, Telekommunikations- und Finanzprodukte und -dienstleistungen gab es vor 70 Jahren noch nicht. Inzwischen drängen jedoch auch jüngere Familienunternehmen in diese Branchen.

Fabriken, wie etwa von Autoherstellern, und das Geschäft mit Konsumgütern machen rund 60 Prozent des Umsatzes der 500 größten Familienunternehmen der Welt aus.
Familienunternehmen im Konsumgüterbereich haben sich während COVID-19 gut behauptet. Sie beschäftigen mehr als zehn Millionen Mitarbeiter und damit rund 40 Prozent der gesamten Indexbelegschaft und beschäftigen im Schnitt mehr als 56.000 Mitarbeiter.
Fast 40 Prozent der Unternehmen – die meisten sind über 80 Jahre alt – sind im Konsumgüter-Business tätig. Im Lebensmittelsektor gibt es nach wie vor eine große Zahl von Familienunternehmen, während Firmen in der Produktion 27 Prozent des Index ausmachen. Familienunternehmen erwirtschaften mit Industrieprodukten beeindruckende 1,08 Billionen Dollar Umsatz.
Josh Wei-Jun Hsueh, Professor am Zentrum für Familienunternehmen der Universität St. Gallen: „Wenn die Familie und das Vermögen über Generationen hinweg wachsen, wird das Geschäft komplizierter. Im Gegenzug verfolgt die Familie zunehmend einen Portfolio- und Eigenkapitalansatz, um das wachsende Geschäft zu managen.“
Der Erfolg von Familienunternehmen ist nach Beobachtungen Thomas Zellweger, vom Lehrstuhl für Familienunternehmen an der Universität in St. Gallen häufig auf außergewöhnlichen Anstrengungen und Visionen der ersten Generation zurückzuführen, die nächste Generation baut auf diesem Erbe und verfolgt ihren eigenen Ansatz.
Jahrhunderte Erfahrung und Tradition
Teilweise haben Generationen von Familienmitgliedern das Business über Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte hinweg mitbestimmt. Das älteste Familienunternehmen im Index, die japanische Takenaka Corporation, ist seit mehr als 400 Jahren im Geschäft. Mittlerweile ist mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen im Index über 100 Jahre alt.
Unternehmerischer Erfolg braucht oft Zeit, wie Professor Hsueh bemerkt. 75 Prozent der Familienunternehmen im Index sind über 50 Jahre alt. 32 Prozent sind über 100 Jahre alt und erwirtschaften einen Umsatz von 2,1 Billionen Dollar. Aber Jugend ist nicht unbedingt ein Hindernis für das Wachstum oder das Skalierung eines Familienunternehmens. Die Mehrheit der Unternehmen ist zwischen 50 und 100 Jahre alt und macht fast die Hälfte aller Umsätze im Index aus.

Rund 40 Prozent der weltweit größten Familienunternehmen gibt es zwischen 51 und 100 Jahre
Management: Familien im Hintergrund
Die 500 größten Familienunternehmen haben 4.418 Vorstandssitze, davon 1.041 von Familienmitgliedern. Davon sind 17 Prozent weiblich und 83 Prozent männlich. Der Anteil der Unternehmen mit weiblichen Familienmitgliedern in den Vorständen beträgt 31 Prozent und liegt damit im globalen Schnitt.
In Europa sind Frauen am häufigsten Vorstandsmitglieder von Familienunternehmen. Von den Unternehmen mit weiblichen Direktoren stammen 54 % aus Europa, 30 % aus Amerika und 13 % aus dem asiatisch-pazifischen Raum.
Fünf Prozent (27) der Familienunternehmen im Index haben weibliche CEOs – vergleichbar mit Branchen-Benchmarks.
Das durchschnittliche Vorstandsmitglied eines Familienunternehmens ist 61 Jahre alt, aber die nächste Generation ist unterwegs. Jedes fünfte Unternehmen im Index hat ein Mitglied der nächsten Generation (bis 40 Jahre) im Vorstand oder im Managementteam. Dies stellt eine große Chance für Vorstände dar, ihren Talentpool zu diversifizieren und zu erweitern.
Diversity und Nachhaltigkeit als Auftrag
Gender-Diversität auf Vorstands- und Führungsebene wird auch weiterhin ein Thema sein, dem sich auch Familienunternehmen stellen müssen. An der US-Techbörse Nasdaq wurde vor kurzem für börsennotierte Unternehmen festgelegt, wonach mindestens ein weiblicher Vorstand ernannt werden muss. Als nächsten Schritt in Richtung Diversität könnte den Vorständen mehr „Altersdiversität“ und neue Führungspersönlichkeiten bringen.
„Die nächste Generation kann professionelles Know-how, wertvolle Technologie und digitale Fähigkeiten sowie Einblicke in die aktuelle Generation von Verbrauchern und Mitarbeitern einbringen. Die Einstellungen der Generationen zum Beispiel in Bezug auf Nachhaltigkeit unterscheiden sich“, meinen Experten des Unternehmensberaters EY. Generation Z und Millennials bevorzugen eher einen nachhaltigen Lebensstil als ältere und teilen Informationen über nachhaltige Produkte mit Gleichaltrigen.
Ein guter Teil der Familienunternehmen im Index gibt formale ESG-Kennzahlen an. 53 Prozent (264) haben mindestens einmal in der GRI Sustainability Disclosure Database berichtet . 51 % dieser Unternehmen kommen aus EMEIA (Europa, Mittlerer Osten, Indien und Afrika), gefolgt von 30 Prozent aus Amerika und 19 Prozent aus dem asiatisch-pazifischen Raum. Die USA sind das Land mit der höchsten Zahl (42) von Familienunternehmen, die zur GRI-Datenbank beigetragen haben.
„Familienunternehmen in Privatbesitz, die ESG-Kennzahlen verwenden, um ihre Geschäfte zu verwalten, aber nicht darüber zu berichten, verpassen eine Gelegenheit, Talente anzuziehen, Kunden zu gewinnen und zukünftige Einnahmen zu steigern“, so das Urteil von Family-Office-Expertin Robertsson.