Die Klima-Retter Made in Austria

Wer sagt, dass die Reduktion der Treibhausgase eine Last sein muss? Heimische Unternehmen setzen verstärkt auf Produkte mit CO2-Killer-Faktor und erfreuen sich enormer Exportquoten. In Österreich lässt das Interesse hingegen zu wünschen übrig.

Die Klima-Retter Made in Austria

Das Klima und damit den Planeten retten: Österreichs Unternehmen sind in vielen Punkten Vorreiter.

Jedem Risiko steht auch ein Chance gegenüber. Oft sogar eine größere, wie etwa eine Umfrage der Londoner NGO Carbon Disclosure Project unter 215 Großkonzernen zeigt, darunter Microsoft, Apple oder Coca-Cola. Weltweit sehen sie infolge des Klimawandels in den nächsten fünf Jahren Geschäftsrisiken von 970 Milliarden US-Dollar. Aber gleichzeitig beziffern sie die Chancen auf 2,1 Billionen, also auf mehr als das Doppelte.

Auch immer mehr österreichische Unternehmen entscheiden sich für die optimistische Herangehensweise. Die Klimaziele der Klimakonferenz in Paris 2015 zwingen Österreich, den Ausstoß um rund 20 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2030 abgesenkt zu haben. Und jenen Betrieben, die in dieser Sache passende Lösungen anzubieten haben, gibt das derzeit einen ordentlichen Schub. Manchmal eröffnen alteingesessene Unternehmen ein ganz neues Geschäftsfeld, ein anderes Mal wird Know-how aus einem anderen Segment wiederverwertet. Oder es werden langjährige Ökopioniere durch den grünen Boost vor dem Untergang gerettet.

Vor allem die angedachten Umweltförderungen des Nationalen Energie-und Klimaschutzplanes, der bis Jahresende nach Brüssel gemeldet werden muss, könnten einen Green-Tech-Boom auslösen. Der Kampf um den besten Platz am grünen Futtertrog hat in den diversen Branchen schon begonnen. Photovoltaikverfechter machen Biomassebetriebe schlecht, Holzbauer verweisen auf schlechte CO2 -Bilanzen der Zementindustrie, und Energieunternehmen versuchen, kleinen Strompionieren das Geschäft mit dem Ökostrom streitig zu machen.

Wärmepumpen-Boom

Wie so ein Boom aussieht, lässt sich am Markt für Wärmepumpen ablesen. Der ist in Österreich in den vergangenen zehn Jahren schon von rund 200.000 auf 300.000 Stück explodiert. Sie sind eine Form der Stromheizung, funktionieren aber über einen Regelkreis aus Verdunstungskälte und Verdichtungswärme von Spezialflüssigkeiten, was viel mehr an Wärmeertrag herausholt, als würde mit Strom alleine geheizt. Freut sich Wärmepumpen-Spezialist Karl Ochsner: "Den Boom merken wir natürlich, in den letzten Jahren sind wir jedes Mal mit zweistelligen Prozentsätzen gewachsen. Auch heuer haben wir 20 Prozent mehr Aufträge als im Jahr zuvor".

Allerdings: Trotz Förderungen sind innovative Technologien keine Selbstläufer, bestätigt auch Peter Biermayr vom Zentrum für Energiewirtschaft und Umwelt (e-think), Studienautor zu innovativen Technologien. So ist etwa der Absatz von Solarwärmeanlagen in Österreich von 3.500 Anlagen pro Jahr auf unter 1.000 im Jahr 2018 eingebrochen:"Das ist der klassische Fall, wo Kostensenkungen im Bereich der Technik über viele Jahre hinweg nicht bei den Konsumenten angekommen sind und eine Dynamik zusätzlich durch statische Förderungen behindert wurde." Sie stehen außerdem in Konkurrenz zu den ebenso beliebten Sonnenstromanlagen.

90 Prozent Exportquote

Ein Kennzeichen eint die jetzt schon erfolgreichen Klimawandelprofiteure: Sie haben längst die Grenzen des Heimmarktes gesprengt. Exportquoten von 90 Prozent sind keine Seltenheit. Biermayr:"Der Exportmarkt ist für die österreichische Wirtschaft im Bereich der erneuerbaren Technologien von sehr großer Bedeutung. Ein funktionierender Export braucht aber auch einen lebendigen Inlandsmarkt."

Für die Politik bleibt ein Grundproblem, nämlich den richtigen Zeitpunkt zu erkennen, die Förderungen wieder einzustellen. Das ist meist dann der Fall, wenn eine Technologie den Massenmarkt erreicht hat.

Biermayr verweist dabei auf Deutschland. Dort ist trotz hoher und langfristiger Förderungen die Photovoltaikbranche aufgrund chinesischer Kokurrenzprodukte eingebrochen: "Angesichts der Stückzahlen, die für die Energiewende erforderlich sind, muss auch die Finanzierung einer Förderung langfristig durchdacht und abgesichert werden. Die Höhe einer Förderung muss stets dynamisch angepasst werden und muss der Branche einen Anreiz für technisches und ökonomisches Lernen geben. Andernfalls haben Mitbewerber aus Fernost ein leichtes Spiel."


Karl Ochsner - Ochsner Wärempumpen

Karl Ochsner

Sagen Sie niemals Elektro-Heizung zu seinen Produkten. Das hört Karl Ochsner (im Bild mit Warmwasserspeicher) gar nicht gerne. Lange Zeit galten sie als Umweltsünder ersten Ranges. Mittlerweile heißen sie Wärmepumpen und sind erste Wahl, wenn es um klimafreundliches Heizen geht.

Zugegeben, wiewohl strombetrieben, sind sie technisch gefinkelter als früher. Eine Spezialflüssigkeit sorgt im Wechsel zwischen Verdampfung und Komprimierung für die Wärme- oder Kälteabgabe, was die Effizienz der eingesetzten Strommenge um das Vier- oder gar Fünffache steigert.

Der Trick funktioniert so gut, dass der Markt für Wärmepumpen nicht nur in Österreich richtig explodiert ist. Die vergangenen drei Jahre waren die besten der Firmengeschichte, sagt Ochsner, die Exportquote liegt bei 70 Prozent. Und heuer verbucht man 20 Prozent mehr Aufträge als im Jahr zuvor. "Wir müssen sogar die Fertigungskapazitäten erweitern, damit wir das auch tatsächlich ausliefern können."

2,5 Millionen Tonnen sparen seine Kunden jährlich schon an CO2 -Emissionen ein. Und die Aussichten sind ebenfalls herzerwärmend, denn das Heizsystem erfüllt noch weitere Anforderungen der neuen Energiewelt. Moderne Gebäude verbrauchen wegen strenger Dämmvorschriften so wenig Energie, dass sich aufwändige Verbrennungskessel (egal, ob fossil oder bio) nicht rentieren. Stattdessen werden die leicht zu installierenden Wärmepumpen aufgestellt. Dazu kommt, dass auch noch die Nachfrage aus Gewerbe und Industrie anzieht, sogar deren Wärmebedarf wird zunehmend mit Wärmepumpen gedeckt.

Die notwendigen höheren Wassertemperaturen bis 160 Grad sind mittlerweile kein Problem mehr. Und außerdem, wirbt Ochsner: "Wärmepumpen sind das einzige Heizsystem, das auch kühlen kann." Kein schlechtes Asset in einem Zeitalter der Klimaerwärmung.


Helmut Matschnig - KWB-Holzheizungen

Helmut Matschnig

Für den steirischen Biomasse-Heizkesselbauer KWB ist die stürmische Klimadiskussion wie ein Windstoß für glimmende Holzscheite im Ofen. Lange Zeit sorgte der tiefe Ölpreis, der eher die fossile Konkurrenz befeuerte, sowie eine Reihe warmer Winter für "sieben magere Jahre" beim Branchenpionier.

Nun flackern die Verkaufszahlen plötzlich wieder in die Höhe. Helmut Matschnig (im Bild mit einer Förderschnecke für Holzpellets), der neue Geschäftsführer unter dem neuen Mehrheitseigentümer (Daniell Porsche aus der Porsche-Dynastie) ortet ein verändertes Bewusstsein: "Immer weniger Kunden trauen sich, bei einer langfristigen Entscheidung wie einer Heizung auf Öl oder Gas zu setzen."

Ein zweiter Grund sind politische Maßnahmen wie Ölheizungsverbote im Neubau. Der ebenfalls aufflammenden Diskussion über die Feinstaubbelastung durch Holzheizungen will man durch Innovationen begegnen: "Mit Elektrofiltern haben wir das Thema quasi erledigt." 90.000 Kessel hat die KWB bereits installiert. Im Vergleich zu Ölheizungen sparen diese fast 1,5 Millionen Tonnen an CO2-Belastung pro Jahr. Die Klimadiskussion hat den Steirern nun die Chance auf weitere Millionen gebracht.


Natalie Binder - Binder-Holzbau

Auf ihren Mitbewerber aus der Ziegel- und Betonindustrie spricht man Natalie Binder besser nicht an. Die Eigentümerin des gleichnamigen Holzbauunternehmens liefert sich einen heftigen Wettkampf um die Gunst der Bauherren auf der ganze Welt, der nicht immer mit fairen Methoden geführt wird. Doch seit der stärker werdenden Klimadiskussion hat sie die besseren Argumente auf ihrer Seite.

Holzbau gilt nämlich als eine höchst effektive Methode für eine rasche Treibhausgasreduktion - im Unterschied zu den Zementherstellern, die zu den größten CO2 -Emittenten Österreichs zählen. Der Werkstoff Holz ist ein klimaeffektiver Wunderwuzzi. Schon beim Wachsen wird der Atmosphäre CO2 entnommen.

Als Bauholz eingesetzt bleibt die Speichereffekt unter Umständen Jahrhunderte lang bestehen. Außerdem verdrängt jeder Kubikmeter Holz dabei die bisher vorherrschende Beton-und Ziegelbauweise und reduziert die CO2 -Emissionen in die Atmosphäre um durchschnittlich 1,1 Tonnen.

Natalie Binder

Dass das Thema immer präsenter wird, merkt man beim Unternehmen Binder. Das Bauvolumen mit verleimten Massivholzprodukten wird 2020 beinahe eine Million Kubikmeter betragen. "Das ist mehr als eine Verdreifachung innerhalb der vergangenen 15 Jahre", ist Binder stolz.

Das Unternehmen ist ein Spezialist für architektonische Wunderwerke aus Holz quer auf der ganzen Welt (im Bild ein Laborgebäude in Nottingham, Großbritannien). Man arbeitet mit sogenanntem Brettsperrholz, quer verleimtem Massivholz mit besonders hoher Festigkeit. Die Holzbauelemente werden nahezu komplett vorgefertigt. Daraus ergeben sich qualitative und terminliche Vorteile. In den Produktionshallen herrschen gleichmäßige Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Die Monteure arbeiten unter gleichbleibenden Rahmenbedingungen, und die Konstruktionen sind vor Witterungseinflüssen geschützt.

Die Arbeiten nachfolgender Gewerke wie Elektro- und Sanitärinstallationen werden weitestgehend vorbereitet, sodass der Baufortschritt auf der Baustelle koordiniert und zügig vorangeht. "Das boomt auf der ganzen Welt", ist Binder mehr als zufrieden mit der Entwicklung. Mit dem Wermutstropfen, dass sie in Österreich durchaus Potenzial nach oben sieht. "Nur bei uns werden ein paar Alibiprojekte mit ein paar PV-Paneelen drauf installiert, und dann glaubt man, das sei schon Klimaschutz." Doch geht die Entwicklung auch in Österreich los, ist es leicht möglich, dass sie in ein paar Jahren wieder zufriedener ist mit ihrer Heimat.


Elisabeth Strauß - Fronius-Wechselrichter

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß und Martin Hackl

Dass ein gestandener Schweißtechnikspezialist wie Fronius schon in den 80er-Jahren in die Fotovoltaik einsteigt, ist spektakulär, aber kein Zufall. Denn eine zentrale Kompetenz beim Schweißen ist die Umwandlung von Wechsel-in Gleichstrom. Und das Herzstück jeder Fotovoltaikanlage ist ein sogenannter Wechselrichter, der umgekehrt den Gleichstrom aus Solarmodulen in stromnetzfähigen Wechselstrom wandelt. Was liegt also näher, als das Know-how in umgekehrter Richtung auch zu verwerten?

Tatsächlich schnellte spätestens ab dem deutschen Förderboom in den 2000er-Jahren die Nachfrage in die Höhe, auf mittlerweile bereits über 1,9 Millionen Fronius-Wechselrichter weltweit. Sie erzeugen mehr als 22 Terawattstunden Strom pro Jahr, knapp das Doppelte aller österreichischen Donaukraftwerke, sparen rund elf Millionen Tonnen CO2 und hatten 2018 einen Anteil von bereits knapp 46 Prozent am Gesamtumsatz (757 Mio. Euro). Jetzt steht der zweite Boom für das Geschäftsfeld vor der Türe, sagt Geschäftsfeldleiter Martin Hackl, "denn in Europa sind die Klimaschutzziele für 2030 ein starker Treiber."

Vor allem, weil auch eine zweite Komponente des Schweißens perfekt zur Energiewende passt, der Umgang mit Batterien. Fronius kombiniert Wechselrichter mit Batteriespeichern, um auch die Überschusserträge aus Sonnenstrom nützen zu können. Sollte Strom länger gespeichert werden, kommen gar Wasserstoff (siehe Tankstelle im Bild oben) und Brennstoffzellen zum Einsatz. Und bei richtigen Rahmenbedingungen soll auch in Österreich der Markt wieder anziehen, hofft Hackl: "Wir sind nämlich Teil der Entwicklung."


Cornelius Geislinger - Windrad-Kupplung

Eigentlich war das mit den Windrädern eine Notlösung, weil der Ursprungsmarkt der Schiffsmotoren zu klein geworden war. Aber eine geniale: Auch in Windrädern treibt ein drehender Rotor einen Stromgenerator, so wie in einem Schiff ein drehender Motor die Schraube. Dazwischen ein Getriebe, das verschleißt - wenn nicht Geislinger eine seiner Spezialkupplungen einbaut, die die Kraftübertragung sanft abwickelt.

Das Argument kam an, und 2016 startete man in Österreich die Serienfertigung. Mittlerweile werden rund 300 der bis zu 2,4 Meter großen Kupplungen (siehe Bild) in Offshore-Windrädern verbaut. Auch im größten der Welt, der Vestas V164 mit acht bis zehn Megawatt Leistung, 220 Metern Höhe, 164 Meter Rotordurchmesser.

Cornelius Geislinger

Die 45 GWh an Jahresproduktion Strom (das Dreifache eines herkömmliches Windrads) bedeuten eine CO2 -Ersparnis von fast 200.000 Tonnen pro Jahr. Demnächst will man mit Ideen für Schallschutzmaßnahmen auch bei Windkraftanlagen an Land reüssieren. Das ist dann auch für Österreich interessant.


Klaus Pöttinger - Trockenfermenter

Als der Weltklimarat IPCC jüngst konventionelle Landwirte zum Sündenbock für den Klimawandel machte, waren Agrarvertreter verschnupft. Sie sollten sich die Erfindung von Klaus Pöttinger zu Gemüte führen. Der bekannte Landmaschinenhersteller hat eine kleine modulare Biogasanlage entwickelt, ebenso einfach, wie wirkungsvoll: Organische Reststoffe werden in einem Container kompostiert (Trockenfermentation, siehe Bild oben), das entstehende klimaschädliche Gas Methan in Ökostrom oder Wärme umgewandelt, ins Erdgasnetz eingeleitet oder zu Biosprit aufbereitet.

Übrig bleibt nur wertvoller Humus. Das Klimaschutzpotenzial ist enorm. 15 bis 20 Prozent der Treibhausgase, die von Tiere haltender Landwirtschaft stammen, könnten bei flächendeckendem Einsatz eingespart werden. Immerhin zehn Anlagen hat er bereits verkauft, der Grundstein zu einem neuen Geschäftsfeld. Jetzt müsse die Politik nur noch das CO2 -neutrale Biogas von der Mineralölsteuer befreien, fordert Pöttinger: "Denn diese Abgabe ist unlogisch."

Klaus Pöttinger


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