Insolvenzfonds erwartet kleinere Pleitewellen - aber keinen "Tsunami"
Der Chef des Insolvenz-Entgelt-Fonds Service, Wolfgang Pfabigan, erwartet Ende Jänner 2021 mit einem Anstieg der Pleiten bis zum 2. Quartal 2021. Die Arbeitslosigkeit ist im Oktober bereits gestiegen.
Wien. Der Geschäftsführer der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH (IEF), Wolfgang Pfabigan, erwartet für das nächste Jahr mehr Insolvenzen in Österreich. Bis zum zweiten Quartal werde es vermutlich zu einem Anstieg der Pleiten kommen, man gehe aber derzeit nicht von einem abrupten Anstieg, wie ein Tsunami, aus, sondern es werden wohl eher kleinere Wellen, ein stetes Ansteigen sein, sagte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Die coronabedingten Ausnahmebestimmungen für Insolvenzen laufen mit Ende Jänner aus. Diese ressortieren zum Justizministerium, mit dem man in ständiger Abstimmung sei, betonte Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Pfabigan. Ob die Bestimmungen verlängert werden oder ob es Übergangsbestimmungen geben werde, könne sie jetzt noch nicht sagen. "Wir schauen uns das an", so die Ministerin. Alles hänge von der Entwicklung der Coronavirus-Fallzahlen ab, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP).

Wolfgang Pfabigan, IEF-Chef, hat sich auf die Pleitewelle vorbereitet, die im Januar 2021 anrollen wird.
"Wir sind auf das nächste Jahr, das zweifellos ein sehr herausforderndes wird, gut vorbereitet", versicherte Pfabigan. Der Fonds sei mit rund 800 Mio. Euro gefüllt. Auch personell und organisatorisch sei der Fonds für die Anträge von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gerüstet. Die Nachbesetzungen habe man schon jetzt durchgeführt, um die neuen Kolleginnen und Kollegen besser einschulen zu können, damit sie nächstes Jahr voll einsetzbar seien. Im Schnitt warte ein Antragsteller 1,5 Monate auf die erste Zahlung, es könne auch schneller gehen oder etwas länger dauern. Mit einer eigenen Abteilung für Großinsolvenzen sei man auch für größere Pleite-Betriebe gut gerüstet.
Wobei nur ein Teil der Insolvenzen überhaupt beim Insolvenzentgeltfonds landet. Denn nur wenn es Mitarbeiter gibt, deren Löhne oder sonstige Ansprüche ausständig sind, wird der Fonds überhaupt benötigt. Bei Ein-Personen-Unternehmen oder bei Pleiten, wo die Belegschaft ihr Geld erhielt, brauche man den Insolvenzentgeltfonds nicht.
Die Überschuldung
Die Coronapandemie hat zu Sonderbestimmungen auch im Insolvenzrecht geführt, die den negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise entgegenwirken sollen. Tritt eine Überschuldung im Zeitraum vom 1. März 2020 bis 31. Jänner 2021 ein, so besteht keine Verpflichtung (jedoch weiterhin die Möglichkeit) des Schuldners, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Bei Zahlungsunfähigkeit besteht unverändert eine Antragspflicht.
Überschuldung liegt vor, wenn die Schulden des Unternehmens größer sind als die Vermögenswerte. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner fällige Schulden in angemessener Frist nicht erfüllen kann. Auf Antrag eines Gläubigers wegen Überschuldung kann das Insolvenzverfahren im genannten Zeitraum nicht eröffnet werden, so die Information der Wirtschaftskammer (WKÖ).
Ist der Schuldner bei Ablauf des 31. Jänner 2021 überschuldet, so hat er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf des 31. Jänner 2021 oder 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung, je nachdem welcher Zeitraum später endet, zu beantragen.
Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zur Vorwoche um rund 4.000 Personen auf über 413.000 gestiegen. Für das erste Quartal 2021, wenn die Ausnahmeregeln auslaufen, werden mehr Insolvenzen erwartet, aber kein Pleiten-Tsunami.
Diese Woche waren in Österreich 413.241 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) als jobsuchend vorgemerkt, das waren um rund 4.000 mehr als in der Vorwoche (409.356). Von den aktuell Betroffenen seien 348.354 arbeitslos und 64.887 in Schulung, teilte Aschbacher mit. Gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt gibt es damit 71.000 Jobsuchende mehr - das bedeutet eine geringfügig niedrigere krisenbedingte Arbeitslosigkeit als in den Vorwochen (damals 72.000).

Wolfgang Pfabigan (Insolvenz-Entgelt-Service GmbH), Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) im Rahmen einer PK mit dem Titel "Aktuelles zu Standort und Beschäftigung?"
Für Anmeldungen zur dritten Phase der Kurzarbeit gibt es laut Arbeitsministerium noch keine belastbaren Zahlen, die Betriebe können noch bis Anfang November Anträge rückwirkend stellen. Die dritte Phase der Kurzarbeit hat mit Oktober begonnen.
Arbeitsministerin Aschbacher verweist darauf, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit saisonale Effekte spiegle. "Mit der Verlängerung der Kurzarbeit und der Corona-Joboffensive inklusive Arbeitsstiftungen sind wir für die kommenden Monate gerüstet", so Aschbacher. Die wirtschaftliche Entwicklung hänge von der Entwicklung der Coronavirus-Fallzahlen ab, ergänzte Schramböck.