Milliardenbusiness mit falschen Marken boomt weiter
Gefälschte Produkte bringen es in der EU auf ein Umsatzvolumen von 85 Milliarden Euro pro Jahr. China, Hongkong und Türkei sind die Top-3 Ursprungsländer bei gefälschten Waren und Dienstleistungen. Internationale Abkommen der Zollämter sollen die illegalen Geschäfte zumindest verringern.

Den Haag. Ob Taschen, Parfüms, Uhren, Medikamente oder elektronische Geräte: Das Geschäft mit gefälschten Waren boomt in fast jeder Ecke der Welt. Aber auf welchen Routen gelangen sie von einem Kontinent zum anderen, wo liegen die internationalen Drehkreuze? Mit dieser komplexen Frage befasst sich eine neue Studie des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und der OECD.
Der Markt für Produktpiraterie und Markenfälschungen macht in der EU pro Jahr rund 85 Mrd. Euro aus. Die Hauptursprungsländer sind China, Hongkong und die Türkei. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht von Europol und dem EU-Büro für geistiges Eigentum (EUIPO) hervor. Der Schwerpunkt der Studie bezieht sich vor allem auf die Verletzung von Urheberrechten, Marken, Geschmacksmusterrechten und Patenten. Laut EUIPIO und OECD sind Verletzungen wie Online-Piraterie und Verletzungen anderer Rechte des geistigen Eigentums in der Studie nicht berücksichtigt.
Die jüngsten Daten hat die EUIPO für das Jahr 2013 erhoben. Die Studie baut auf der vorangegangen Studie aus dem Jahr 2008. Für das Jahr 2013 schätzte die EUIPO den Anteil von Produktfälschungen an allen Importen in die EU auf etwa 5 Prozent, heißt es in dem Bericht. Der Anteil der illegalen Importe am Welthandel beläuft sich auf etwa 2,5 Prozent und hätte in jenem Jahr 481 Mrd. US-Dollar (413,23 Mrd. Euro) betragen. Bei den beschlagnahmten Waren hatten Zigaretten den höchsten Anteil unter den Produktkategorien mit 27 Prozent, Spielzeug allein machte neun Prozent aus. Allein zehn Produktgruppen machen über die Hälfte des illegalen Handels mit gefälschten Markenprodukten aus.
Die nachgeahmten Produkte würden größtenteils in China sowie in anderen asiatischen Ländern hergestellt. Bei den Ursprungsländern führt China die Negativ-Rangliste an. "Gefälschte Produkte machen einen geschätzten Anteil an den gesamten Exporten Chinas von rund 12,5 Prozent und einen Anteil am Bruttosozialprodukte von 1,5 Prozent aus", heißt es in dem Bericht. 49 Prozent der beschlagnahmten Waren in den USA stammten aus China, in Japan gar 91 Prozent. In der EU liege der Anteil bei 56 Prozent. Hongkong sei vor der Türkei ein weiterer Hotspot.
Der überwiegende Teil der gefälschten Waren kommt auf dem Seeweg über den Container-Transport nach Europa und wird dann weiterverteilt. Neben Waren spielen laut dem Report auch Copyrightverletzungen bei diesen illegalen Geschäften eine bedeutende Rolle. Da geht es zum Beispiel um Computerspiele, TV-Programme etc.
Die Importeure von Markenfälschungen sind laut den Experten zumeist nicht direkt in die Produktion der Waren involviert. Sei platzieren bei den Herstellern ihre Order. Ein Beispiel für Produktionsstätten für gefälschte Produkte ist laut dem Bericht bei Lederwaren die Region von Neapel in Süditalien. In Spanien wurde im Mai 2016 wiederum ein kriminelles Netzwerk ausgehoben, dass illegal 1.600 Pay-TV-Kanäle dechiffriert und seinen Kunden illegal Zugang zu den Inhalten verschafft hatte. Eine entscheidende Rolle bei allen diesen kriminellen Aktivitäten spielt das Internet - für Händler wie für deren Kunden.
"Die einzige Antwort darauf ist eine engere Zusammenarbeit zwischen nationalen Zollbehörden, Strafverfolgungsbehörden, internationalen Organisationen, Unternehmen und Verbrauchern", betonte Rolf Alter von der OECD. Keine leichte Aufgabe: Der Studie zufolge produzieren nämlich immer mehr Fälscher direkt innerhalb der EU-Grenzen und greifen lediglich auf gefälschte Etiketten und Verpackungen zurück, die von außerhalb der EU eingeführt werden.