Der Name Treichl ist in Österreich seit Jahrzehnten mit der Bankenwelt verbunden. Andreas Treichl hat die Erste Bank in Zentraleuropa groß gemacht. Michael Treichl ist als Investmentbanker in Großbritannien in den britischen Geldadel aufgerückt (siehe den Artikel: "Jäger des verlorenen Schatzes: Hedgefonds-Manager Michael Treichl im Porträt) und deren Vater, Heinrich Treichl, war von 1970 bis 1981 Generaldirektor der Creditanstalt.
Am heutigen Dienstag gab die Familie Treichl den Tod Heinrich Treichls bekannt. Der vielfach als "Jahrhundert-Banker" beschriebene ist am Sonntag im Alter von 101 Jahren "sanft entschlafen".
Heinrich Treichl war eine Ausnahmeerscheinung. Wirtschaftshistoriker Herbert Matis beschrieb Treichl als "ein Fossil aus einer fernen Vergangenheit, einen Mann, der bis zu seinem Ableben ohne Stock aber nicht ohne Krawatte auskam. "Er verkörpert den traditionellen Banker des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Seriosität ausstrahlend und mit fast aristokratischen Zügen.
Heinrich Treichl galt jedoch auch als schwierig. Er war eine dominante Figur, nicht nur als Bankchef, selbstbewusst bis selbstverliebt. In seiner Zeit als Credistanstalt General standen für Treichl Kämpfe mit der Politik auf der Tagesordnung. Der liberale Banker war in einer Zwickmühle. Er trat für mehr Privatisierungen ein, führte aber eine verstaatlichte Bank an, die über ihre Industriebeteiligungen über Tausende Arbeitsplätze bestimmte. Zum Imperium der CA gehörten damals Steyr-Daimler-Puch, Semperit, Wienerberger, Universale Bau, Leykam Papier, Andritzer Maschinen, Jenbacher oder die Hotels Bristol, Imperial, Goldener Hirsch, Wertheim.
Vor allem mit Bundeskanzler Bruno Kreisky lieferte sich Treichl legendäre Wortgefechte. "Treichl hatte diesbezüglich keinen leichten Stand in der CA, sagt der Ökonom Erich Streissler, "bei der Privatisierungsfrage stieß er an Grenzen. Und Hannes Androsch, der in den Jahren, als Treichl die Creditanstalt führte, Finanzminister war und diesem 1981 als Generaldirektor nachfolgte, erinnert sich: "Selbst für einen Kanzler oder einen Finanzminister war dieses ausgeprägte Selbstbewusstsein schwer handzuhaben.
Angst vor der Krise
Im Oktober 2008 gab Treichl FORMAT-Redakteurin Miriam Koch anlässlich der Finanzkrise ein Interview. Damals zeigte er sich angesichts der Krise höchst besorgt. "Natürlich macht mir diese Krise Angst und große Sorgen. Ich glaube, dass es eine sehr ernste Krise ist." Mit seiner Einschätzung, dass jede Bankkrise auch Folgen für die Realwirtschaft hat sollte er recht behalten.
Die Ursache der Krise sieht er auch darin, dass die Banken zu stark den "Moden" im Finanzwesen nachgeeifert haben. "Bankführung soll konservativ sein, Angst vor Neuerungen haben und wenig protzen", erklärte Treichl und gab an, dass die krisengeschüttelten US-Banken zum Teil nicht sehr gut geführt waren, während ihre Manager gleichzeitig hohe Gagen bezogen haben. "Da ist ein Missverhältnis zwischen Leistung und Einkommen, besonders wenn Banken so schlecht geführt sind", attestierte Treichl.

Heinrich Treichl im Interview mit FORMAT-Redakteurin Miriam Koch
Weiterlesen:
"Die Treichls Österreichs mächtigste Bankiersfamilie" (Artikel aus FORMAT 30/2013)
"Ich mache mir große Sorgen (Interview aus FORMAT 41/2008)