Hannes Androsch: "Corona-Hilfsmaßnahmen sind gescheitert"
Der Industrielle Hannes Androsch lässt kein gutes Haar an der Regierung und den von ihr gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Er spricht von "Ankündigungshelden" und "glanzvoll gescheiterten Maßnahmen".
Pandemie und kein Ende in Sicht: Hannes Androsch fordert ein großes Konjunkturpaket
Österreich ist auf dem langsamen Weg in die weitere Corona-Isolation. "Wir erleben einen schleichenden Lockdown", sagt Hannes Androsch, Ex-Finanzminister, Industrieller und Aufsichtsratschef des Leiterplattenherstellers AT&S. An der Bundesregierung und den von ihr gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie lässt er kein gutes Haar. "Die Corona-Hilfsmaßnahmen sind weitgehend glanzvoll gescheitert", sagt Androsch. Die Schweiz und Deutschland hätten die Rettungsmaßnahmen schneller abgewickelt und würden nun wirtschaftlich besser dastehen.
Die handelnden Politiker bezeichnet er als "Ankündigungshelden". Beispielhaft dafür führt er die von der Regierung umgesetzte Investitionsprämie an. Die sei zwar "sehr schön" für Unternehmen, die bereits Investments für Forschung & Entwicklung (F&E) geplant hätten, es seien aber wohl keine neuen F&E-Investitionen dabei, weil die Vorlaufzeit zu lange sei. Zudem seien die Corona-Hilfen der Regierung für Unternehmen bisher bürokratisch und langsam umgesetzt worden.
Ruf nach Konjunkturpaket
Androsch appelliert an die Regierung, so schnell wie möglich ein großes Konjunkturpaket für die nächsten eineinhalb Jahre zu schnüren. Die Unternehmen bräuchten dringend Aufträge, sonst gebe es eine Pleitewelle und noch höhere Arbeitslosenzahlen.
Im Rahmen eines solchen Corona-Konjunkturpakets könnte, so Androsch die sogenannte "Breitbandmilliarde" schneller umgesetzt werden sowie Schulen, Universitäten und Kasernen renoviert werden. Die Ankurbelung des privaten Konsums sei mit Gutscheinen zielführender, weil Geldleistungen vor allem die Sparquote erhöhen würden. In Krisenzeiten werde lieber gespart als konsumiert. Als positives Beispiel nannte er den Gastrogutschein in Wien.
Warnung vor neuem Lockdown
Androsch warnte vor den Auswirkungen eines zweiten Lockdowns in Europa und Österreich. "Was wir erleben, ist ein schleichender Lockdown." Die fehlenden Exporte und ausländischen Touristen könne man lokal in Österreich nicht ersetzen. Dies sei "eine Katastrophe" für die heimische Wirtschaft. Ein zweiter Lockdown würde "eine Welle von Geschäftsschließungen bedeuten", warnte er.
Auch Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo erkennt einen schleichenden Lockdown für den aus wirtschaftlicher Sicht so wichtigen Wintertourismus in Österreich. Reisewarnungen und steigende Infektionszahlen sowohl in Österreich als auch in Ländern, wo Österreich-Urlauber potenziell herkommen, sind dafür die Hauptursache. Für einen Tourismusbetrieb sei es letztlich egal, "ob er zusperren muss, weil keine Gäste kommen oder ob man ihm anordnet, dass er zusperren muss", argumentiert Badelt. Ein Zusammenbruch des Wintertourismus könne die Wachstumsrate um bis zu eineinhalb Prozent drücken. Badelt: "Mehr als die Hälfte des üblichen Jahresproduktionswerts des Tourismus haben wir im Wintertourismus."
Einbruch der Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit
Im Falle eines zweiten Lockdowns drohe ein Wirtschaftsabschwung von mehr als neun Prozent und eine Stagnation im Jahr 2021. "Auch die Arbeitslosenrate würde sich massiv steigern", warnt der Wifo-Chef.
Badelt sieht die Politik am Zug. Ohne wirtschaftspolitische Gegensteuerungsmaßnahmen würden sich die Pleiten sowie die Arbeitslosigkeit weiter erhöhen. Es hänge sehr davon ab, inwieweit die Regierung gegenwärtig befristete Maßnahmen wie die Kurzarbeit oder den Fixkostenzuschuss verlängern würde.