Grund- und Baukosten explodieren: Droht großer Mietpreis-Anstieg?
Die gemeinnützigen Bauvereinigungen schlagen Alarm. Baukosten explodieren, Grundstückspreise gehen durch die Decke. Was die Vereinigung nun fordert und wie man beim Wohnbau sparen könnte. Welche Fehler in der Vergangenheit bei der Verwendung von Geld gemacht wurden und welche neuen Wege man gehen sollte.
In Landeshauptstädten wie Innsbruck gehen die Preise für Grundstücke durch die Decke.
Die gemeinnützigen Bauvereinigungen sehen trotz stabiler Fertigstellungszahlen den leistbaren Wohnbau in Gefahr. Verbandsobmann Karl Wurm verweist auf weiter steigende Grund- und Baukosten sowie die demnächst wieder anspringenden Zinsen. Damit drohe eine Aufwärtsbewegung der Mieten und ein noch stärkeres Ausweichen auf freifinanzierte Wohnungen, obwohl diese für viele unleistbar seien.
"Es ist alles ausgereizt. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo keine Potenziale mehr gehoben werden können.
So die gemeinnützige Bauvereinigungen. Das sagen auch die bauausführenden Firmen, die Bauträger und Experten", erklärte der Verbandsobmann im Jahrespressegespräch. Jetzt gebe es keine Möglichkeiten mehr zum Kompensieren, da die Zinswende für 2019 oder schon das vierte Quartal 2018 bevorstehe und es am Bau weniger billige Arbeitskräfte als früher gebe, weil diese nun daheim in Ungarn, Polen, der Slowakei oder Rumänien leichter Arbeit finden.
Kosten zu hoch, nach überdurchschnittlich stark gestiegenen Baupreisen
In Österreich sei die Baukonjunktur derzeit überhitzt, deshalb befänden sich allein in Wien mindestens 1.500 Wohnungen in einer Warteschleife, von der man nicht wisse, wie lang sie andauern werde, so Wurm. Diese Projekte würden auf akzeptable Kostenangebote warten, weil die zuletzt überdurchschnittlich stark gestiegenen Baupreise in den Kostenlimits für den geförderten Wohnbau nicht mehr unterzubringen seien. Das Bild in vielen anderen Regionen sei ähnlich - speziell in Ballungsräumen wie Innsbruck, Graz oder Salzburg.
Grundstückspreise gehen durch die Decke
"Die Grundpreise gehen in den Ballungsräumen nach wie vor durch die Decke", so der Obmann vom Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV). Die 300-Euro-Preisobergrenze pro Quadratmeter für die Förderung passe schon lang nicht mehr. Im besten Fall liege man bei 700 bis 800 Euro/m2, im schlimmsten Fall bei 1.600 Euro - pro m2 Nutzfläche. Entweder hebe man die Obergrenzen an, oder es verschiebe sich die Bauaktivität noch stärker in den freifinanzierten Sektor - "solang dort die Wohnungen noch Abnehmer finden".
Preisobergrenzen als Lösung?
Die Regierung sollte die im Koalitionspakt festgehaltene Übertragung der Kompetenzen von Bund auf die Länder möglichst rasch vornehmen, damit die Bundesländer für ihre Wohnbauförderung Preisobergrenzen für den Verkauf von Grundstücken festlegen können. Sonst bekomme man das Problem nicht in den Griff, und es würden Verhältnisse wie in München oder Paris drohen, warnte Wurm.
Werde vom gemeinnützigen Bausektor noch stärker in freifinanzierte Einheiten finanziert, drohe man in eine "Leerstehungsfalle" hineinzugeraten, "weil die Leute nicht mehr verdienen". Genau das Segment des leistbaren Wohnraums, in dem es schon jetzt - mit wachsender Tendenz - eine jährliche Lücke von 7.000 neuen Wohnungen gebe, werde dann nicht mehr bedient werden können.
Billiger bauen
Im Wohnbau selbst sei eine "Billigschiene" nötig, "die einfach und klar strukturiert ist". Die Kunden würden das nachfragen. "Es muss nicht überall dieselbe Qualität geben, auch weil wir sonst die Förderung in der gegebenen Form in die Luft sprengen." Bei Neubauten müsse man sich überlegen, ob wirklich noch so viele Garagenplätze wie früher nötig seien, sagte Wurm. Denn jeder Stellplatz koste rund 12.000 bis 18.000 Euro, so GBV-Vizeobmann Alfred Graf. Andererseits stünden in Wien rund 9.000 Garagenplätze leer, so der GBV-Obmann. Auch die E-Mobilitäts-Nachrüstung fürs Stromtanken sei eine Kostenfrage, die Ausstattung könne 18.000 bis 25.000 Euro pro Stück kosten.
Teure thermische Sanierung für Altbau weither sinnvoll?
Gerade weil die Gemeinnützigen Vorbild in Sachen thermische Sanierung sind, warnte Wurm vor überzogenen Erwartungen angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit, als vermehrt Wohnbaufördermittel statt in den Neubau in Altbaumodernisierungen gesteckt wurden. Diese Gelder hätten dann für den Neubau gefehlt. Das sei mit eine Ursache, warum es die Lücke von 7.000 neuen, günstigen geförderten Wohnungen pro Jahr gebe. Auch wenn es um den geplanten schrittweisen Ausstieg aus fossilen Heizungen gehe, noch dazu "sozial verträglich", dann sollten die Kosten von 100 bis 150 Mio. Euro pro Jahr mitbedacht werden, bis hin zu einer besseren Wärmedämmung.
Für einen Anreiz, aus einer fossilen Heizung auszusteigen, könnte nach Ansicht von Wurm die Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) sorgen, auch wenn sich die Republik nun im Zuge der Doppelbudgetpaket-Beschlüsse von der früher geplanten Bundeshaftung verabschiedet. "Man hätte mit der WBIB ein gutes Instrument in Händen, wenn man es nutzen wollte", meinte Wurm. Denn es sei fraglich, ob und in welchem Ausmaß die Länder anstelle des Bundes bei den WBIB-Aktivitäten einspringen können, weil sie als Korsett den innerösterreichischen Stabilitätspakt hätten. "Die Bereitschaft der Länder, da etwas zu tun, ist sehr gering, hat ein Rundruf ergeben."
Ihre Neubauleistung haben die GBV-Mitglieder voriges Jahr um mehr als ein Zehntel gesteigert. Sie wollen dieses Volumen heuer halten und 2019 sogar etwas erhöhen. 2017 haben sie 17.010 Wohnungen übergeben, um elf Prozent mehr als 2016 (15.300). Anfang 2018 befanden sich 30.600 Wohnungen in Bau - um 4.000 mehr als ein Jahr davor -, 17.000 davon sollen heuer fertig werden. Für 2019 zeichnet sich aus derzeitiger Sicht sogar ein leichter Anstieg auf 17.300 fertiggestellte Wohnungen ab, sagte Verbandsobmann Wurm.