Geldwäsche: massive Verfehlungen von Großbanken
Das internationale Journalisten-Netzwerk ICIJ prangert die weltweite Geldwäsche an. Großbanken hätten demnach für mutmaßliche Kriminelle Überweisungen in Milliardenhöhe durchgeführt.
Im weltweiten Kampf gegen Geldwäsche gibt es laut Recherchen des internationalen Journalistennetzwerks ICIJ erhebliche Defizite. Informationen aus einem Datenleck des US-Finanzministeriums offenbaren nach Angaben der beteiligten Medien, dass Banken aus aller Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt haben. Die Institute hätten trotz strenger Regularien mutmaßliche Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt.
Die Sicherheitssysteme so mancher angesehener Großbank – darunter auch HSBC oder die Deutsche Bank - hätten den "FinCEN"-Files zufolge kläglich versagt. An der Recherche haben sich Hunderte Journalisten aus knapp 90 Ländern beteiligt, welche nun unter dem Namen "FinCEN-Files" veröffentlicht wurde. Bei den Dokumenten handelt es sich um rund 2.100 Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen von US-Banken, hauptsächlich aus den Jahren 2008 bis 2017. Darin melden die Geldhäuser der US-Meldestelle FinCEN Transaktionen. Aus Österreich nahmen "profil" und "ORF" an den Auswertungen teil.
Die schwarze Liste
Das sogenannte International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) - das auch für die Veröffentlichung der "Panama Papers" verantwortlich war - nennt global tätige Großbanken, die trotz Bussen wegen Geldwäscherei weiterhin Milliardenbeträge undurchsichtiger Herkunft verschoben hätten: JPMorgan, HSBC, Standard Chartered Bank, Deutsche Bank, und Bank of New York Mellon.
Großbanken hätten mutmaßliche Kriminelle, Mafiosi, Millionenbetrüger und sanktionierte Oligarchen als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen ausgeführt. Gemeldet hätten sie diese Vorgänge oft nur zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung, ist auf der Website des ICIJ zu lesen. Die Gesamtsumme der Transaktionen liegt demnach bei etwa zwei Billionen US-Dollar.
In den Datenbanken des Netzwerks finden sich auch Angaben zu Schweizer Kreditinstituten: 2.051 Transaktionen sollen die Schweiz betreffen. Es seien im Zusammenhang mit Schweizer Banken rund 3,7 Milliarden Dollar erhalten und rund 4,2 Milliarden als Geldabgänge verbucht worden.
Auch österreichische Banken betroffen
In den FinCEN Files werden den Berichten zufolge auch österreichische Banken genannt. Zwischen 2007 und 2017 registrierten US-Banken mindestens 804 verdächtige Transaktionen in einer Höhe von mehr als einer Milliarde US-Dollar - die entweder bei österreichischen Banken landeten oder von diesen auf die Reise geschickt wurden. Die von den US-Banken als verdächtig eingestuften Transaktionen involvierten unter anderem UniCredit Bank Austria, Erste Group, Bawag, Raiffeisen Bank International, Meinl und den Österreich-Ableger der russischen VTB, so ORF und profil.
In den Details zu verdächtigen Geldtransaktionen werden Banken wie die Credit Suisse, die UBS, Bank Vontobel, Raiffeisen, Pictet, Julius Bär, Bank Sarasin und die Zürcher Kantonalbank aufgeführt. Zudem finden zahlreiche in der Schweiz ansässige Auslandsbanken in den "Files" Erwähnung.
Viele Verdachtsmomente
Es ist unklar, ob es sich bei den Transaktionen immer um kriminelle Gelder handelt. US-Banken würden pro Jahr weit über 2 Millionen solcher Fälle melden, schreibt der "Tages-Anzeiger" weiter. Oft würden sie verdächtige Fälle melden, bei denen sie wegen des Bankgeheimnisses aus der Schweiz oder aus anderen Drittstaaten keine Informationen erhalten. Zudem sei die Hürde für Verdachtsmeldungen in den USA viel tiefer als in der Schweiz.
Die Verdachtsmeldungen widerspiegelten Bedenken von Aufpassern innerhalb der Banken, heißt es im Bericht des Journalistenkonsortiums. Sie seien aber nicht zwingend ein Beweis für kriminelles Verhalten oder anderes Fehlverhalten.
Die Deutsche Bank sprach auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa-AFX von einer Reihe "historischer" Themen. Soweit sie die Deutsche Bank beträfen, seien diese den Aufsichtsbehörden bekannt. Die Themen seien untersucht, und es habe Einigungen mit Behörden gegeben.
An der Börse gaben Bankenwerte als Folge der Berichte massiv nach. Die HSBC-Aktie fiel auf ihren tiefsten Stand seit 1995.
Spezialeinheit gegen Geldwäsche
In Österreich haben die Banken mit einer steigenden Zahl an Geldwäscheversuchen zu kämpfen. Laut der dafür zuständigen Spezialeinheit Financial Intelligence Unit (FIU) haben sich die Versuche Geld zu waschen, zuletzt deutlich erhöht: 2019 gingen knapp 115.000 Verdachtsmeldungen ein - fast 49 Prozent mehr als im Vorjahr. 98 Prozent davon stammen aus dem Finanzsektor. FIU-Leiter Christof Schulte sieht darin eine positive Entwicklung: Die Tendenz zeige, dass "die Aufmerksamkeit der Verpflichteten zur Identifizierung auffälliger Sachverhalte" spürbar wachse. Gemäß der EU-Geldwäscherichtlinie und weiterer internationaler Vereinbarungen ist, die Spezialeinheit, die zuletzt im Zuge des Wirecard-Skandals in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt war, als nationale Zentralstelle eingerichtet worden. Sie nimmt Meldungen über ungewöhnliche oder verdächtige Finanztransaktionen entgegen.
Geldwäscherei ist in Österreich nach Paragraf 165 des Strafgesetzbuches (StGB) mit bis zu zehn Jahren Haft strafbar. Außerdem gibt es das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG), nach dem Finanzinstitute zu Verdachtsmeldungen an die Geldwäschemeldestelle verpflichtet sind, wenn sie ihre Kunden der Geldwäsche verdächtigen. Banken müssen laut diesem Gesetz etwa auch die Identität ihrer Kunden und der wirtschaftlichen Eigentümer feststellen.
Compliance-Regeln für Banken
Die meisten Finanzinstitute schreiben sich in ihren Compliance-Regeln den Kampf gegen Geldwäsche nach der Devise "Know Your Customer" ("Kenne Deinen Kunden") auf die Fahnen. Bei der global agierenden Deutschen Bank etwa heißt es, dass die Anti-Geldwäsche-Vorgaben weltweit für sämtliche Geschäftseinheiten gelten. Zudem seien alle Mitarbeiter aufgefordert zu verhindern, "dass unser Name oder unsere Produkte und Services für Geldwäschezwecke missbraucht werden". Ausreichend waren diese Vorgaben anscheinend aber dennoch nicht, wenn man den geleakten Report Glauben schenkt. Auch die österreichischen Banken haben interne Regeln, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern.
Zugleich gibt es Forderungen, die Regeln zu verschärfen. In Deutschland drängt etwa SPD-Chef Norbert Walter-Borjans darauf, dass Banken im Fall von Rechtsverletzungen als Ganzes bis hin zum Lizenzentzug zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Warnungen aus der Wirtschaft, dass zu weitreichende Vorschriften negative Folgen für den internationalen Kapitalverkehr haben könnten.