Flaute in europäischer Industrie kommt in Österreich an
Die längste Aufschwungphase in der europäischen Industrie neigt sich dem Ende zu. Laut EinkaufsManagerIndex der UniCredit Bank Austria setzt sich der Sinkflug im April fort. Erstmals seit vier Jahren wird die Wachstumsschwelle von 50 Punkten nicht erreicht. Die Produktionsleistung stagniert. Die Preise kommen unter Druck. Dennoch brummt der Arbeitsmarkt.
Die Abkühlung der Konjunktur ist voll im Gang. Vor allem Österreichs Industrie bekommt den Rücksetzer zu spüren. Die zum Jahreswechsel eingesetzte Konjunkturabkühlung setzt sich auch im April fort. Das bescheinigt der von der UniCredit Bank Austria errechnete EinkaufsManagerIndex, der auf 49,2 Punkte kommt. Die Marke von 50 Punkten gilt als kritische Marke und sogenannte Wachstumsschwelle.
"Damit hat die österreichische Industrie erstmals seit vier Jahren nicht mehr expandiert“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die längste Aufschwungphase der österreichischen Industrie seit der erstmaligen Berechnung des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex vor mehr als 20 Jahren ist damit zu Ende gegangen.
Der EinkaufsManagerIndex der Unicredit Bank Austria gibt Auskunft über die Einschätzung heimischer Manager in der verarbeitenden Industrie. Sie werden befragt zu Produktionsleistung, Auftragsbestand, Beschäftigung, Lager und Preisen. Daraus werden entsprechenden Indices abgeleitet (siehe Grafik,u.)
Überraschend kommt der Einknick der Konjunktur auch für die verarbeitende Industrie nicht. Durch die ungünstigen internationalen Vorgaben hatte sich diese Entwicklung abgezeichnet. Der EinkaufsManagerIndex für die verarbeitende Industrie in der Eurozone befindet sich mit aktuell 47,8 Punkten mittlerweile den dritten Monat in Folge im negativen Bereich. Für die deutsche Industrie als wichtigstem Handelspartner Österreichs wird ein Indexwert von sogar nur 44,5 Punkten berechnet. In Deutschland wurde die 50-Punkte-Marke bereits seit vier Monaten unterschritten. Bereits seit einem halben Jahr kommt es auch in Österreich zu einer sinkenden Auslandsnachfrage. Die Auftragseingänge sind gesunken.
„Trotz der Aufarbeitung von Auftragsrückständen hat im April die Produktionsleistung der österreichischen Betriebe stagniert", teilt BA-Chefökonom Bruckbauer in einer Aussendung mit. Positiv ist derzeit noch die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Die Unternehmen stellen weiterhin Mitarbeiter ein.
Zu Beginn des zweiten Quartals 2019 sind demnach auch die Einkaufsmengen gesunken. Nachlassende Preissteigerungen im Ein- und Verkauf und steigende Bestände in den Fertigwarenlagern weisen sowohl auf die aktuell schwächere Nachfrage als auch auf zurückhaltende Aussichten für die heimische Industrie hin.

In der Sachgütererzeugung hat sich im April die Produktionsleistung gegenüber dem Vormonat nicht mehr erhöht. Der Produktionsindex weist mit 50,3 Punkten ebenso in diesem Bereich "weitgehend auf eine Stagnation hin". "Durch den Abbau von ausstehenden Aufträgen konnte in den vergangenen Monaten die abnehmende Nachfrage noch kompensiert werden, doch mittlerweile ist das Neugeschäft zu stark eingebrochen“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Gefallen ist auch der Index für die Neuaufträge auf 45,9 Punkte - so niedrig wie seit 4,5 Jahren nicht mehr.
Schwieriger wird die Sitaution auch auf der Kostenseite: "Trotz schwächstem Kostenanstieg im Einkauf seit zweieinhalb Jahren kommt es zu keiner Verbesserung der Ertragslage, weil höhere Verkaufspreise am Markt zunehmend nicht durchsetzbar sind."
Vorsichtige Einkaufspolitik
Angesichts des schwächeren Neugeschäfts haben die Unternehmen die Einkaufsmenge deutlich reduziert wie zuletzt im Frühjahr 2015.
Die Lagerbestände an Vormaterialien und Rohstoffen nahmen im April weiter zu, da die aktuelle Produktionsleistung zu gering war, um selbst die deutlich reduzierte Einkaufsmenge vollständig aufzubrauchen. „Auch die Bestände in den Fertigwarenlagern stiegen an, aufgrund der nachlassenden Nachfrage sogar mit der stärksten Rate des laufenden Jahres. Die heimische Industrie betreibt eine zunehmend vorsichtigere Einkaufspolitik, die sich in einer kostenbewussten Lagerhaltung niederschlägt“, so Pudschedl.
Der Abschwung der Industriekonjunktur schlägt sich auch spürbar in den Preistrends nieder. Der Anstieg der Einkaufspreise verlangsamte sich im April auf die geringste Rate seit zweieinhalb Jahren, trotz der klaren Aufwärtsbewegung der Rohölpreise nach der Ankündigung weiterer US-Sanktionen gegen den Iran. Hingegen bremste die nachlassende Nachfrage die Preisdynamik einer Reihe anderer wichtiger Rohstoffe.
Anzeichen für eine Rezession
Der Ausblick bleibt für die Industrie bleibt ungünstig. Eine rasche Erholung ist laut UniCredit Bank Austria-Erhebung nicht in Sicht. Der EinkaufsManagerIndex wird vorläufig unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten bleiben. Dies würde auf eine Rezession in der österreichischen Industrie hindeuten.
Der vorsichtige Optimist
Ein anderer Index, der Erwartungsindex, deutet jedoch auf eine leichte Verbesserung in der zweiten Jahreshälfte hin. „Im April haben sich auch die Geschäftsaussichten der heimischen Betriebe auf Jahressicht wieder eingetrübt. Mit 52,1 Punkten weist der Erwartungsindex jedoch vorsichtig optimistisch auf einen Umschwung in der österreichischen Industrie in der zweiten Jahreshälfte 2019 hin, was auch unserer Erwartung entspricht“, meint UniCredit Bank Austria-Chefökonom Bruckbauer.
