Fiat-Chrysler: Turbulenzen und viele Aufgaben für Neo-Chef Manley
Der wegen der Erkrankung des langjährigen CEOs Sergio Marchionne notwendig gewordene plötzliche Führungswechsel bei Fiat-Chrysler hat Jeep-Chef Mike Manley an die Konzernspitze gebracht und im Konzern zu Turbulenzen geführt. Europa-Chef Alfredo Altavilla hat seinen Rücktritt eingereicht.

Fiat Chrysler CEO Sergio Marchionne liegt in kritischem Zustand in einer Zürcher Klinik. Der 66-Jährige wurde in die Schweiz geflogen, nachdem es zu schweren Komplikationen infolge eines chirurgischen Eingriffs gekommen war. Sein Gesundheitszustand hatte sich in wenigen Stunden dramatisch verschlechtert. "Als Folge kann Herr Marchionne seine Arbeit nicht wieder aufnehmen", erklärte erklärte FCA-Verwaltungsratspräsident John Elkann.
Marchionne lenkte Fiat seit 2004. Ihm wird zugeschrieben, Fiat und Chrysler vor der Pleite gerettet zu haben. Der Italo-Kanadier hätte eigentlich erst im April 2019 das Zepter an einen internen Nachfolger übergeben sollen. Nun musste stante pede ein Nachfolger bestellt werden.
Der bei einer dringend einberufenen Aufsichtsratssitzung zum neuen Fiat-Chrysler CEO ernannte Brite Mike Manley, bisher Chef der zum Konzern gehörenden Offroad-Marke Jeep, steht vor mehreren großen Herausforderungen. Als Chef der Marke Jeep hat Manley mehr Zeit in den USA und in Asien als in Europa verbracht. Unter seiner Führung ist Jeep zur rentabelsten Marke des Fiat Chrysler Imperiums aufgerückt. Allein im vergangenen Jahr wurde bei der Zahl der abgesetzten Jeeps ein Plus von 36 Prozent verzeichnet.
Manley wird sich um mehrere problematische Aspekte kümmern müssen. Wegen der Zollpolitik der US-Administration, die den Automarkt schwer beeinflusst, könnte Manley beschließen, die Autoproduktion verstärkt von Europa in die USA zu verlegen, wie italienische Gewerkschaften befürchten, die um die Zukunft der fünf Werke in Italien bangen.
Fiat Chryslers Europachef Alfredo Altavilla hat hingegen als Folge von Manleys Ernennung zum CEO seinen Rücktritt eingereicht und wird den Konzern verlassen. Altavilla galt als Favorit im Rennen um die Nachfolge von Marchionne.
Erste Aufgaben für den neuen Chef
Nach seiner überraschenden Ernennung zum neuen CEO macht sich Manley die Arbeit und leitete bereits am Montag in Turin ein erstes Treffen des Group Executive Council, dem 20-köpfigen Gremium aus den Chefs der verschiedenen Gruppenbereiche.
Schon dieser Tage muss Manley sich um die Umsetzung des Plans für die Abspaltung des Zuliefergeschäfts Magneti Marelli kümmern. Vorgesehen ist die Ausgliederung der Gesellschaft und deren Börsengang. Magneti Marelli soll in eine neugegründete niederländische Gesellschaft einfließen, die auch mehrere Töchter des Komponentenbauers übernehmen soll. Die Finanzholding Exor, mit 30 Prozent Aktionär von Fiat Chrysler, will auch nach dem Börsengang die Kontrolle über Magneti Marelli behalten, die 43.000 Mitarbeiter beschäftigt und zuletzt einen Umsatz von acht Milliarden Euro meldete.
Manley wird sich auch um die Umsetzung des Entwicklungsplans bis 2022 kümmern müssen, den Marchionne erst im Juni vorgestellt hatte. Demnach will FCA immer mehr auf elektrische Autos setzen. Der Autobauer will neun Milliarden Euro investieren, um seine Modelle auch in der elektrischen Version anzubieten. Bis Ende 2021 will der Autobauer keine Dieselautos mehr herstellen. Der neue Plan sieht Investitionen in Höhe von 45 Milliarden Euro vor.
Manley wird auch nach einem industriellen Partner suchen, um sich auf dem globalen Automarkt zu festigen und der Konkurrenz großer Rivalen Stand zu halten. Aufgrund von Manleys Erfahrungen in Asien gilt eine industrielle Kooperation mit der südkoreanischen Gruppe Hyundai als wahrscheinlich. Damit könnte sich FCA die asiatischen Märkte mehr erschließen.
Fragezeichen um Maserati und Alfa Romeo
Der neue britische Chef wird sich auch mit den Luxusbrands Maserati und Alfa Romeo zu befassen haben. Nicht ausgeschlossen wird die Auslagerung der beiden italienischen Marken in eine eigene Gesellschaft, die stark im Auto-Luxussegment investieren soll. Bisher liegen die Leistungen der beiden renommierten Marken noch unter den Erwartungen.
Manley übernimmt jedenfalls ein solides Unternehmen. Seit Juni ist FCA schuldenfrei. Gerechnet wird bis 2022 mit einem jährlichen Umsatzwachstum von durchschnittlich sieben Prozent. Die Umsätze der Marken Jeep, Alfa Romeo, Maserati und Fiat Professional sollen zwischen 65 Prozent und 80 Prozent wachsen.
Kursverluste an der Börse
An der Mailänder Börse haben als Folge des Chefwechsel bei Fiat Chrysler alle Aktien des Fiat-Imperiums an Wert verloren. Fiat Chrysler (ISIN NL0010877643) meldete zum Börsenstart einen Kursverlust von 4,3 Prozent auf 15,71 Euro. Kursverluste verzeichnete auch Ferrari (ISIN NL0011585146) an dessen Spitze nun der Schweizer Manager Luis Carey Camilleri sitzt. Die Ferrari-Aktie verlor fünf Prozent.
Auch dem Nutzfahrzeughersteller CNH (ISIN NL0010545661) und Exor (ISIN NL0012059018), der Finanzholding der italienischen Unternehmerfamilie Agnelli, die Mehrheitsaktionärin von Fiat Chrysler ist, blieben Kursrückgänge nicht erspart.