Casinos-Austria-CEO Alexander Labak: Casinos sind ein etabliertes Start-up

Casinos-Austria-Chef Alexander Labak spricht im exklusiven trend-Interview über sein Verhältnis zu Politik und Aktionären, den abgeblasenen Verkauf des internationalen Geschäfts, Kunstleidenschaft, soziale Verantwortung und warum er keinem Streit aus dem Weg geht.

Casinos-Austria-CEO Alexander Labak: Casinos sind ein etabliertes Start-up

Casinos Austria Vorstandschef Alexander Labak: "Wir sind hier die Guten!"

trend: Sie sind jetzt fast ein Jahr CEO der Casinos Austria AG und sind in dieser Zeit doch bei ziemlich vielen Leuten angeeckt: Betriebsrat, Führungskräfte, Regionalpolitiker, Öbib. Ist das Ihre bewusste Strategie oder in der Hitze des Gefechts halt passiert?
Alexander Labak: Mein Managementstil ist geprägt von meiner internationalen Erfahrung. Ich bringe mich daher stark operativ ein und bin mehr Innen-als Außenminister. Ich bin sicher sehr direkt, partnerschaftlich, offen und auch fordernd. Das unterscheidet mich vielleicht von meinem Vorgänger, und daran mussten sich viele erst gewöhnen. Aber beim Beschleunigen quietscht es eben manchmal; vor allem in einem Unternehmen mit sehr hierarchischen Strukturen. Ich wurde aber im Rahmen eines 360-Grad-Feedbacks von 28 Führungskräften anonym beurteilt, und zwar rundum positiv.

trend: Die Belegschaftsvertretung hat Sie mehrmals offen kritisiert.
Labak: Wir haben zwei Betriebsräte. Beim Betriebsrat der Casinos gibt es auf Veränderungen manchmal Reflexe, die ich persönlich verstehen kann. Für viele Mitarbeiter sind die Casinos der erste und einzige Arbeitgeber in ihrem Leben. Da dominiert die Innensicht, und es kommt schnell zu Verunsicherung, weil es intern und extern eingeschränkte Karrieremöglichkeiten gibt. Aber wir müssen uns einige Betriebsvereinbarungen anschauen, die nicht mehr zeitgemäß sind.

trend: Ist es zum Beispiel klug, gleich beim ersten Besuch im Casino Innsbruck die dort hängenden Gemälde verkaufen zu wollen?
Labak: Das stimmt so nicht. Ich komme aus Hall in Tirol, dem Geburtsort des Malers Max Weiler, den ich überaus schätze. Im Casino hängen seine Bilder aber am falschen Platz. Ich wollte sie an einem prominenten Platz der Öffentlichkeit zugänglich machen - und sie nicht verkaufen. Ich liebe und mache auch selbst Kunst: zum Beispiel die zwei Bilder, die Sie hier in meinem Büro sehen.


Ich würde das Verhältnis zur Öbib und zum Finanzministerium als durchaus positiv bezeichnen.

trend: Ein Glücksspielunternehmen braucht gutes Einvernehmen mit dem Staat. Ihr Verhältnis zur Öbib, die knapp ein Drittel an der Casag hält, ist aber ebenfalls belastet?
Labak: Ich würde das Verhältnis zur Öbib und zum Finanzministerium als durchaus positiv bezeichnen. Ich schätze die ruhige Art des neuen Finanzministers. Richtig ist, dass es Diskussionen um Casinos Austria International (CAI) gab. Da ist jetzt die Entscheidung gefallen, dass wir diesen Bereich nicht verkaufen, sondern selbst weiterführen.

trend: Sie haben also dem Druck des Aktionärs Öbib nachgegeben?
Labak: Wir hatten Kaufinteresse für die CAI und sind laut Aktienrecht verpflichtet, das genau anzuschauen. Zurufe von außen kann man dabei leider nicht verhindern. Wir haben die Lage analysiert und dann in der Gesamtbetrachtung beschlossen, dass wir die CAI behalten -allerdings anders als bisher, wo man sich operativ wenig darum gekümmert hat. Jetzt werden die ausländischen Casinos in drei Cluster eingeteilt. Dort, wo wir die Kontrolle haben, werden wir uns stärker einbringen, inklusive Kooperationen mit den österreichischen Casinos. Eine zweite Gruppe wird weiter als Finanzinvestment weitergeführt. Eine dritte Gruppe, bei der längerfristig kein positives Ergebnis zu erwarten ist, wird abgestoßen.

trend: Aus der Politik war mitunter Kritik an Ihrer Person zu hören. Haben Sie vielleicht zu wenig den Kontakt gesucht?
Labak: Ich persönlich bin in Österreich nicht politisch vernetzt. Und muss das auch nicht sein, weil wir zwei Vorstände haben, die das gut abdecken. In der Kommunikation nach außen habe ich mich bis jetzt tatsächlich zurückgehalten, weil ich erst die Strategie für die nächsten fünf Jahre fertig haben wollte. Das war ein bewusster Kontrapunkt zu meinem Vorgänger, der immer sehr präsent war.

trend: Wie sehr belasten die Reibereien zwischen den Großaktionären der Casag Ihre Tätigkeit?
Labak: Ich sehe unserer Aktionärsstruktur als idealen Dreiklang: Die Sazka ist ein europäischer Lotterien-Spezialist, hier könnten wir in Sachen Digitalisierung zum Kompetenzcenter werden. Die Novomatic ist ein im internationalen Casinogeschäft renommiertes Unternehmen. Und der Staat steht für Responsible Gaming und unser gesellschaftliches Engagement. Eigentlich perfekt. Daher bin ich sicher, dass es zu einer positiven Kooperation dieser drei Kernaktionäre kommt. Aber ich verstehe auch die Unruhe, weil sich die Eigentumsverhältnisse von reinen Finanz- zu strategischen Investoren verschoben haben, die - anders als früher - auch operativ involviert sind. Demnächst ist der Aufsichtsrat neu zu bestellen, möglicherweise wird er verkleinert, auch mehr Frauen sollen reinkommen. Dass es in so einer Situation Diskussionen gibt, ist völlig normal.

Beim Interview (v.li): Andreas Lampl und Agelika Kramer (trend), Martin Himmelbauer (Unternehmenssprecher Casinos Austria) und Alexander Labak. Das Kunstwerk, vor dem das Interview geführt wurde, stammt von labak selbst.

trend: Wenn man Sie als Mann der Sazka bezeichnet, ...
Labak: ... dann stimmt das nicht. Ich diene allen drei Aktionären gleichermaßen. Ich wurde möglicherweise von der Sazka ins Spiel gebracht, habe aber im Zuge meiner Bewerbung mit Vertretern aller Aktionäre gesprochen, inklusive Finanzministerium.

trend: Die offenbar geänderte Dividendenpolitik -die Lotterien werden 70 statt 40 Millionen Euro ausschütten - hat nichts mit den Wünschen der Sazka zu tun?
Labak: Nein, sondern die Lotterien haben viel Cash geparkt, während wir auf Holding- Ebene fast 300 Millionen Schulden haben. Da macht es wirtschaftlich Sinn, möglichst viel Geld von den Lotterien hinaufzubringen, um den Verschuldungsgrad weiter zu senken.

trend: Stehen Sie unter besonderem Druck der Sazka, weil die für ihren geplanten Börsengang unbedingt eine gute Story braucht, die ohne Beiträge der Casag und deren Konsolidierung nicht darstellbar ist?
Labak: Wegen des IPO haben wir keinen zusätzlichen Druck, außer vielleicht, dass unser Reporting rechtzeitig fertig sein muss. Mit 101 Millionen Euro hatten wir 2017 ohnehin das beste Konzernergebnis der Geschichte. Und mit 620 Millionen übrigens auch die höchste Steuerleistung aller Zeiten.

trend: Stimmt der Eindruck, dass Sie die Casag als verstaubten Laden mit verkrusteten Strukturen betrachten, in den Sie schnell frischen Wind bringen müssen? Das kam auch in einer Mail an die Mitarbeiter kürzlich zum Ausdruck...
Labak: Lassen Sie mich es so sagen: Ja, es gibt einiges zu tun. Das Unternehmen hat beispielsweise zu viele Hierarchiestufen wie Abteilungsleiter ohne Abteilung. Und der Frauenanteil in der Führung ist mit zehn Prozent viel zu gering. Aber die Casag ist weniger verkrustet, als es nach außen vielleicht scheint. Ich sehe uns eher als etabliertes Start-up, das zwar 50 Jahre Casinos in Österreich gefeiert hat, in vielen Bereichen aber wie ein Start-up agieren muss. Es kommen viele kreative Ideen von den Mitarbeitern, die in die neue Strategie einfließen.


Die Casinos sind ein etabliertes Start-up, das künftig viel neu machen muss.

trend: Was kommt denn so alles an Neuem?
Labak: Bei den Lotterien werden derzeit nur fünf Prozent aller Tipps digital abgegeben. Da liegt ein großes Potenzial. Wir haben ganz aktuell eine Lotto-App entwickelt, die in der Trafik oder an der Tankstelle mit Geld aufgeladen wird, danach kann man sieben Tage die Woche rund um die Uhr spielen. Damit sind wir die Ersten in Europa. Wir brauchen auch andere Vertriebskanäle als Trafiken, um besser an die Jungen heranzukommen. Wir arbeiten an Next Generation Lottery Products, weil eine Klassenlotterie, die schon seit Kaiser Franz Joseph existiert, nicht unbedingt die Facebook-Generation anspricht. Es gibt bereits zwei guten Ideen. Für Details müssen Sie sich noch ein bisschen gedulden.

trend: Apropos Trafikanten: Die befürchten, dass Sie das Geschäft mit Lottoscheinen oder Rubbellosen zunehmend auf andere Kanäle verlagern wollen.
Labak: Die Trafiken bekommen auch bei der App ihre Provision. Und wir ermuntern sie, unsere Produkte aktiver anzubieten. Schon der Begriff "Annahmestellen" ist ja sehr passiv. Wir werden für alle Vetriebspartner extra Verkaufsschulungen durchführen und ein Anreizsystem für Mehrumsätze einführen; wie auch unsere Vertriebsmitarbeiter, die bisher nur ein Fixgehalt hatten, künftig einen variablen Anteil bekommen werden.

trend: In diesem Zusammenhang wird Ihnen vorgeworfen, dass Sie Umsatz und Profit vor Vertrauen und Spielerschutz stellen?
Labak: Was wirklich ungerecht ist. Responsible Gaming ist und bleibt Teil unserer DNA. Aber es treibt niemanden in die Spielsucht, wenn Ihnen an der Tankstelle aktiv ein Rubbellos angeboten wird. Übrigens hatten wir diese Woche gerade einen Vierfach-Jackpot: Ich hoffe, Sie spielen dann und wann Lotto wie ich selbst auch.

trend: Im Bereich Casinos ist das Betriebsergebnis in Österreich von 30 auf 19 Millionen Euro gesunken. Wie wollen Sie reagieren?
Labak: Es wird im Herbst eine Kampagne geben, um die Marke aufzufrischen. Wir bringen die Casinos außerdem erstmals online, was ein wichtiger strategischer Schritt ist. Unsere Party Games, bei denen junge Ausgehgäste mit geringen Einsätzen ab zwei Euro spielen können, sind erfolgreich angelaufen. Und wir werden unser Kundenbeziehungsmanagement verbessern, weil etwa von 200.000 neuen Gästen binnen eines Jahres nur 25 Prozent ein zweites Mal kommen.

trend: Die geplante Expansion mit Video-Lotterie-Terminals wird nach der Einigung mit Stadt Wien über eine Selbstbeschränkung in absehbarer Zeit wohl nicht stattfinden? Sie hätten ja eine Genehmigung für 5.000 VLTs.
Labak: 5.000 wären meiner Ansicht nach sowieso zu viele. Wir werden am Ende 1.300 Automaten in ganz Österreich haben, davon 150 in Wien. Wir werden nicht an Plätze gehen, wo die Politik das nicht haben will. Ich sehe es als unsere Verantwortung, ein legales Angebot anstelle des illegalen Glücksspiels zu bieten. Alleine im Vorjahr hat die Finanzpolizei ja 2.800 illegale Automaten aus dem Verkehr gezogen, 480 davon in Wien. Ich möchte daher schon betonen: Wir sind hier die Guten! Und ja, dieses Segment wird nicht sehr profitabel sein. Wir haben nach 17 Jahren gerade mal 17 VLT- Outlets und zuletzt eine schwarze Null geschrieben.


Wir zahlen Monopolsteuer, obwohl win2day wegen der illegalen Onlinespiele derzeit nur rund 50 Prozent Marktanteil hat.

trend: Dafür wird Sie die vom Finanzminister angekündigte Blockade für illegale Online-Anbieter ohne Lizenz freuen?
Labak: Diese Haltung der neuen Regierung ist tatsächlich ermutigend. Ein solches IP-Blocking gibt es schon in vielen Ländern, Österreich hat Aufholbedarf. Im Gegenzug bauen wir unsere Online-Schiene win2day aus und werden dort auch Novomatic-Produkte integrieren. Das Beste aus Österreich für Österreich.

trend: Eine willkommene Absicherung des Monopols...
Labak: Wir zahlen Monopolsteuer, obwohl win2day wegen der illegalen Onlinespiele derzeit nur rund 50 Prozent Marktanteil hat. Da müssen wir schon an den Rechtsstaat appellieren dürfen.

trend: Wie steht es um die Befürchtung, dass die Casag ihr Sponsoring reduzieren wird, damit mehr Geld für die Aktionäre bleibt?
Labak: Die ist unbegründet. Wir haben nur unsere Sponsoringstrategie insofern geschärft, als wir sozial bedürftige Familien in den Vordergrund stellen. Wenn ein Fußballclub oder ein Theater Geld bekommt, dann immer mit einer Auflage: etwa Sommercamps oder vergünstigte Karten für sozial Bedürftige zur Verfügung zu stellen. Wir sind auch die Ersten in Österreich, die den Mitarbeitern fünf Tage pro Jahr bei voller Bezahlung für gemeinnützige Arbeit freigeben.

trend: Nehmen Sie das auch selbst in Anspruch?
Labak: Selbstverständlich. Ich fahre nächste Woche zur Organisation Simultania in Judenburg, um mit Behinderten ein Kunstprojekt durchzuführen. Vor zwei Monaten haben wir im "Häferl" in Wien für Obdachlose gekocht.

trend: Ihr Vertrag läuft nur bis 2019. Haben Sie Ihren Job in Österreich eher kurzfristig angelegt oder hat das damit zu tun, dass erst dann die endgültigen Eigentümerstrukturen der Casag stehen werden?
Labak: Es hängt damit zu zusammen, dass auch die Verträge meiner beiden Vorstandkollegen bis Ende 2019 laufen. Man wollte mich nicht anders behandeln.

trend: Aber Sie würden länger bleiben, wenn sich die Möglichkeit ergibt?
Labak: Ich will den neuen Aufsichtsräten, die noch nicht einmal gewählt sind, nicht über Ihr Magazin ausrichten, was ich mir vorstellen könnte.

Zur Person

Alexander Labak, 55, geboren in Wien, aufgewachsen in Tirol, ist seit Juni 2017 CEO der Casinos Austria AG. Der studierte Ökonom war vorwiegend für internationale Unternehmen tätig, u. a. für Mastercard, Henkel, die Deutsche Bank und Home Credit, wo er für Jiri Smejc arbeitete, einen der Eigentümer des tschechischen Casinos-Aktionärs Sazka Group.

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