EU-Klimaprogramm: Eine große Herausforderung für die Wirtschaft

Die EU-Kommission legt ihre Vorschläge zur Umsetzung der Klimaziele vor. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen in der Union bis 2030 um 55 Prozent unter dem Wert von 1990 gedrückt werden. Auf Österreich und seine Wirtschaft kommen dabei große Anstrengungen zu.

EU-Klimaprogramm: Eine große Herausforderung für die Wirtschaft

Europa macht beim Klimaschutz Ernst. Dem Versprechen am Klimaschutzgipfel vom April 2021, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren sollen nun Taten und Reformen folgen, die auch für Österreichs Wirtschaft einschneidende Folgen haben werden. Die Maßnahmen werden praktisch alle Unternehmen treffen, ganze Branchen werden sich umstellen und anpassen müssen. Ganz so schnell wird es allerdings nicht gehen, denn der Vorschlag der EU-Kommission muss von allen Mitgliedstaaten und dem Europäischem Parlament gebilligt werden. Da die Reformen erhebliche wirtschaftliche Folgen haben, dürfte sich der Beschluss über ein Jahr hinziehen.

Die wegweisenden Vorschläge der EU-Kommission werden unter dem Titel "Fit for 55" vorgelegt. Das Gesetzespaket der EU-Kommission beinhaltet zwölf Maßnahmen: Darunter fällt unter anderem die Lastenteilung, der Europäische Emissionshandel ETS, der sogenannte Grenzausgleichsmechanismus CBAM und die Zukunft des Verbrennungsmotors. Der Schiffsverkehr und die Airlines könnten stärker zur Kasse gebeten werden, Preise für Verkehr und Gebäude steigen. Auch die soziale Komponente soll nicht vergessen werden.

European CEO Alliance unterstützt EU-Plan

Die European CEO Alliance unterstützt den ehrgeizigen Vorstoß zur Erreichung der Klimaneutralität. Zwölf europäische Wirtschaftskapitäne, darunter Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess und Jean-Pascal Tricoire, CEO und Chairman von Schneider Electric, trafen sich in Paris, um eine gemeinsame Erklärung zu verfassen.

Die Bekämpfung des Klimawandels erfordere eine enge Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Sektor und der Industrie, kündigte das Bündnis nach seinem Treffen an. Die Allianz würde eine Überprüfung der wichtigsten Regulierungsinstrumente der EU begrüßen, insbesondere Subventionen für Technologien mit hohen CO2-Emissionen. Zu den Vorschlägen der CEOs gehören die Aussendung eines starken Kohlenstoffpreissignals, Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Mobilität und Verkehr, Gebäuden und Energiesystemen sowie eine beschleunigte Erneuerung von Schlüsselindustriesektoren in der EU.

"Der Klimawandel wird auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten unsere größte Herausforderung bleiben. Die CEO Alliance unterstützt vollumfänglich die Klimaziele der EU-Kommission, zu denen es keine Alternative gibt. Jetzt ist es an der Zeit, die politischen Diskussionen darauf zu verlagern, es zu schaffen. In einem beispiellosen Schritt fordert die CEO Alliance mit ihren branchenführenden Unternehmen aus ganz Europa ein Kohlenstoffpreissignal, das alle Emissionen branchen- und länderübergreifend abdeckt", unterstreicht Volkswagen-Konzernchef Diess.

Schneider Electric CEO Tricoire betont, dass das bevorstehende EU-Politikpaket zur Senkung der Kohlenstoffemissionen um 55 Prozent im nächsten Jahrzehnt notwendig ist: "Unternehmen haben eine wichtige Rolle bei der Förderung der Energiewende und die Verantwortung, mit gutem Beispiel voranzugehen. Nur gemeinsame Anstrengungen und die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Sektor und der Industrie werden zu nachhaltigem Wachstum und zukunftssicheren Arbeitsplätzen führen", betont Tricoire.


Die Pläne der EU-Kommission

Pläne für den Emissionshandel ETS

Der Emissionshandel ist das wichtigste Klimaschutz-Instrument der EU. Er deckt Stromerzeuger, Industrie und Teile des Flugverkehrs ab. Das entspricht 40 Prozent der Emissionen. Bisher geben die EU-Staaten beispielsweise jedes Jahr eine bestimmte Menge an sogenannten CO2-Zertifikaten gratis an Betreiber von Industrieanlagen aus. Wer mehr CO2 erzeugt, muss Zertifikate ersteigern. Wer besonders klimafreundlich produziert, braucht weniger und kann überschüssige Rechte wieder über die Börse verkaufen. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll jedoch die Zahl der CO2-Zertifikate auf dem Markt stärker sinken als zuvor. Ein Aus der Gratis-CO2-Zertifikate für die Industrie wird im Zusammenhang mit dem Grenzschutzmechanismus CBAM diskutiert.

Auswirkungen auf die Industrie

Auf die heimische Wirtschaft dürfte das entsprechende Auswirkungen haben. In Österreich macht die Industrie laut Eurostat rund 21 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Damit liegt es über dem EU-Durchschnitt von rund 19 Prozent.

Außerdem soll der bisherige Handel mit den Emissionsrechten nun auch auf den Gebäude- und Verkehrssektor ausgedehnt werden, heißt es in einem Entwurf der Kommission. Dafür soll es zunächst ein separates Handelssystem geben, das erst später mit dem restlichen Emissionshandel zusammengeführt werden könnte. Wie dieses System im Detail aussieht, ist noch unklar.

Während Zertifikate im Industriebereich nur indirekte Auswirkungen auf die Konsumenten haben, würde der Zertifikatshandel beim Verkehr und Gebäuden diese direkt belasten "Wir haben noch nicht den konkreten Vorschlag", betonte Thijs Vandenbussche von der Brüsseler Denkfabrik EPC. Aber die Spritverkäufer würden vermutlich die Kosten der CO2-Zertifikate direkt an die Kunden weitergeben. Einige Länder befürchten soziale Unruhen. Hier könnte die EU-Kommission mit der sogenannten Climate Action Social Facility eine soziale Ausgleichszahlungen ins Spiel bringen.

CBAM Abgabe: Pflicht, Zertifikate zu kaufen

CBAM steht kurz für Carbon Border Adjustment Mechanism - CO2-Grenzabgabe. Die EU-Kommission erwägt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Pflicht zum Kauf von Zertifikaten für Klimagase, die bei der Produktion von Waren im Ausland entstehen. Der Grenzausgleichsmechanismus soll verhindern, dass europäische Hersteller wie etwa der Stahlkonzern voestalpine, die sich an strenge Auflagen halten müssen, mit wenig klimafreundlich produzierten Importwaren konkurrieren müssen.

Die Idee birgt jedoch politischen Sprengstoff, da sie als Importbeschränkung wirken könnte. Dadurch könnte der EU-Vorschlag mit Regeln der Welthandelsorganisation WTO in Konflikt geraten.

Verkehr: Aus für Verbrennungsmotor

Bis 2030 sollen in der EU mindestens 30 Millionen emissionsfreie Autos auf die Straße kommen. Das bisher geltende Ziel, die CO2-Emissionen im Durchschnitt der Neuwagenflotten in der EU von derzeit 95 Gramm/Kilometer bis 2030 um 37,5 Prozent zu senken, wird verschärft. Nach einer früheren Ankündigung sollten es 50 Prozent sein. Nach Medienberichten diskutierte die Kommission zuletzt aber über 60 Prozent. Ab 2035 könnten es 100 Prozent werden - damit wären nur noch emissionsfreie Autos erlaubt. Das käme einem Verbot von Verbrennungsmotoren gleich, wofür sich neun EU-Staaten - darunter Österreich - ausgesprochen hatten.

Luftfahrt: Kerosin-Steuer vor Einführung

Das Gesetzespaket dürfte auch eine Kerosinsteuer beinhalten. Österreich sprach sich zuletzt gemeinsam mit Luxemburg und Belgien dafür aus, die Besteuerung solle "unverzüglich" in Kraft treten und wirksam genug sein, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen. Allerdings könnte das Vorhaben schwer durchsetzbar sein, Steuerfragen in der EU brauchen Einstimmigkeit.

Was bedeutet das für die Politik?

Die Politik muss sich vor allem mit der sogenannten Lastenteilung beschäftigen, diese ist auch unter dem englischen Begriff "Effort Sharing" bekannt. Bei großen Treibhausgas-Verursachern wie Verkehr, Gebäuden, Landwirtschaft und Müll müssen sich bisher die 27 Nationalstaaten um eine Reduzierung kümmern.

Je höher das Bruttoinlandsprodukt ist, desto mehr Emissionen müssen eingespart werden. Österreich und andere EU-Länder mit einer höheren Wirtschaftsleistung sprechen sich gegen diese Verknüpfung aus. Stattdessen sollen auch andere Elemente wie etwa der Anteil Erneuerbarer Energien eine Rolle spielen.

Österreich ist jedoch säumig beim Klimaschutz. Von der im Regierungsprogramm festgelegten Klimaneutralität bis 2040 ist man hierzulande noch weit entfernt. Im Zeitraum 1990 bis 2018 haben sich die Treibhausgas-Emissionen laut Europäischer Umweltagentur (EEA) kaum verändert, während andere Länder den Ausstoß deutlich reduzieren konnten. Der größte Faktor in Österreich ist der Verkehr: Seit 1990 ist im Verkehrssektor eine Zunahme der Treibhausgase um rund 74,4 Prozent zu verzeichnen.

Bei der neuen Lastenteilung wird Österreich deshalb vermutlich vergleichsweise höhere Vorgaben bekommen als andere EU-Staaten. Bisher musste es im Nicht-Emissionshandelsbereich seinen CO2-Ausstoß von 2021 bis 2030 um 36 Prozent gegenüber 2005 reduzieren. Die EU-Kommission wird am Mittwoch höchstwahrscheinlich neue Zielwerte vorlegen.

Außerdem könnte es eine tiefgreifende Veränderung geben: Die EU-Kommission denkt laut einem Entwurf darüber nach, den Verkehr und die Gebäude aus der Lastenteilung heraus zu nehmen und für sie ein eigenes Emissionshandelssystem zu entwickeln, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

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