Corona-Hilfe: Massive Kritik vom Handel an die Regierung

Österreichs Handel kritisiert, dass Corona-Hilfsgelder zu spät an die Unternehmen fließen sowie die damit verbundene Bürokratie. Es werden neue Impulse gefordert, die den Konsum beflügeln. Viele Händler würden aufgrund der Bürokratie bereits einen "langsamen Tod" sterben.

Corona-Hilfe: Massive Kritik vom Handel an die Regierung

Wien. Die Unzufriedenheit des Handels mit der Regierung wegen der zugesagten Corona-Hilfsmaßnahmen ist groß und wächst. "Zu spät, zu kompliziert, zu gering die Hilfen", lautet der Vorwurf der Handelsunternehmen an die Adresse der österreichischen Bundesregierung." Jeder dritte Händler benotet die bisherigen Maßnahmen mit einem "nicht genügend", so das Ergebnis einer Umfrage des Handelsverbands. Nur jeder siebente Händler sei zufrieden mit den Corona-Hilfsmaßnahmen. "Das ist ein vernichtendes Ergebnis", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will anlässlich einer Pressekonferenz.

"Weit unter zehn Prozent der Unternehmen haben Kurzarbeitsgeld bekommen", sagt Will. Die Bürokratie kostet derzeit Arbeitsplätze. Zudem leiden bereits "viele Händler leiden den stillen Tod, das ist, wasdie Händler sagen", sagt der Handelsverbandobmann Will, "alleine von den Überschriften kann kein Unternehmen leben."

Zuletzt hatte sich die Situation zum Teil dramatisch zugespitzt. Seit dem wochenlangen Shutdown kämpfen viele Händler um ihr finanzielles Überleben. Im Modehandel hat es mit Airfield, Colloseum, Dressmann, Haanl und Stefanel bereits mehrere Pleiten gegeben. Die nächste kritische Phase stehe bevor: "Wir stehen vor der Auszahlung der Urlaubsgelder, hier ist wirklich Gefahr in Verzug", sagte Martin Wäg, Chef das Grazer Traditionskaufhauses Kastner & Öhler.

Wäg sowie C&A-Österreich-Chef Norbert Scheele und Handelsverband-Geschäftsführer Will appellierten an die Politik, dass die zugesicherten Hilfen deutlich rascher fließen müssten. "Österreich ist es gut gelungen, die gesundheitlichen Folgen der Krise zu bewältigen, aber bei den wirtschaftlichen sind wir noch gar nicht weit", kritisierte Wäg. Die vom Staat angekündigten Unterstützungen seien noch in einem sehr geringen Ausmaß bei den Firmen angekommen.

Andere Länder machen es besser

"Aus anderen Ländern kann ich berichten, dass das dort viel schneller ging", sagte C&A-Österreich-Chef Scheele, der neben Österreich auch weitere Länder der Textilkette C&A verantwortet. Insbesondere die Mitarbeiterunterstützung, also das Kurzarbeitsgeld, müsse schneller kommen. Und auch Handelsverbands-Chef Will spart nicht mit Kritik: "Am Beispiel des Härtefallfonds zeigt sich, wie existenzgefährdend Bürokratie ist. Mit den großen Überschriften können keine Arbeitsplatz gesichert werden."

Als "reine Willkür" bezeichnete der Chef des Handelsverbandes den Fixkostenzuschuss, den Firmen ab heute (20. Mai) beantragen können. Wer einen Umsatzausfall von 39 Prozent habe, bekomme null Euro Zuschuss. Dieser gilt erst ab einen Umsatzentgang von 40 Prozent und ist dann gestaffelt.

85 Prozent der Handelsfirmen rechnen heuer mit coronabedingten Umsatzeinbußen, ergab eine Befragung des Beratungsunternehmens EY unter 161 Mitgliedern des Handelsverbands aus allen Branchen. Besonders betroffen sind Sport-, Möbel-, Bekleidungs- und Schuhhandel. Aber auch der Lebensmittelhandel rechnet mit Einbußen.

Der ungehörte Alarm

"Einen vielwöchigen Umsatzausfall aus freier Liquidität auszugleichen, ist in den wenigsten Handelsunternehmen möglich", sagte Kastner & Öhler-Chef Wäg. Der Manager schlug bereits Ende März Alarm. Das Onlinegeschäft zog während des Shutdowns kräftig an. Der April sei laut Wäg online der beste Monat gewesen, sogar besser als das Weihnachtsgeschäft. Abfangen könne man die Ausfälle im stationären Handel damit aber nicht.

"Covid-19 ist ein Turbobooster, um die Digitalisierung im Handel weiterzutreiben", sagte Martin Unger vom Berater EY. Die Unternehmen, die schon vor Corona digitale Geschäftsmodelle hatten, würden erfolgreicher durch die Krise kommen als jene, die nur stationär vertreten seien. Aber auch der EY-Berater kritisiert die Zuteilung der versprochenen Gelder: "In der Abwicklung dauert es wirklich lange."

Neue Kaufimpulse

Um aus der Krise zu kommen, müsse nun vor allem die Kaufkraft gestützt werden. Die ersten Wochen seit der Vollöffnung am 2. Mai zeigten, dass die Kundenfrequenz in den Geschäften noch deutlich unter der Vor-Coronazeit liege.

Als Anreiz schlugen die Handelsvertreter einen "Österreich-Scheck" über 500 Euro sowie das Vorziehen der Steuerreform vor. Eine Sonntagsöffnung zur Abfederung der Umsatzausfälle, wie etwa von Einkaufszentren-Betreibern gefordert, sieht Handelsverband-Geschäftsführer Will eher kritisch. Vier offene Sonntage würden helfen, "aber keine generelle Sonntagsöffnung, weil die Zuschläge zu hoch sind".

Der Großteil des Geschäfts im Handel wird stationär gemacht. Ein zweiter Shutdown wäre katastrophal, waren sich alle einig. Eine frühzeitige Auflockerung bei der Maskenpflicht im Handel wird daher nicht gefordert. "Lieber die Geschäfte offen halten lassen mit Vorkehrungen als wieder ein Lockdown und massivste Einschränkungen", sagte Kastner & Öhler-Chef Wäg. Handelsobmann Peter Buchmüller hatte sich am Montag für eine Lockerung der Maskenpflicht ausgesprochen.

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