Wirtschafts-Boom 'Green Jobs': 12% Wachstum pro Jahr

Bereits jetzt arbeitet jeder 20. Österreicher in einem Öko-Unternehmen, Tendenz steigend. Doch in der Praxis gibt es viele Hürden.

Die lachende Sonne über Mexiko kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die Ergebnisse des Weltklimagipfels in Cancún sind eher trist und wenig strahlend. Großes wurde von der Megakonferenz ohnehin nicht erwartet. Mit dem mit 100 Milliarden Dollar dotierten „Grünen Klimafonds“ ab 2020 und dem Bekenntnis, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, sind die Konferenzbeobachter trotzdem nicht gerade zufrieden. Das Fazit der Umweltorganisation Greenpeace: „Cancún rettet den UN-Prozess, aber nicht das Klima.“

Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich muss sich über die Minimalergebnisse des Gipfels dagegen weniger aufregen als über seine missglückte Anreise zum Gipfel, bei der er seinen Flug verpasst hatte. Wieder besser gelaunt, sieht er in den Ergebnissen von Cancún ein Signal „für die Zukunft unserer Erde und damit für die Zukunft unserer Kinder“. Berlakovich reist mit einem „klaren Auftrag“ nach Österreich zurück: „Jetzt gilt es, den Klimapakt von Cancún umzusetzen.“ Der grüne Zug fährt hierzulande zwar langsam, aber er fährt. Er bleibt nicht wegen, sondern trotz Cancún auf Schiene. Einzelinitiativen sind nicht mehr zu bremsen. Sie bringen Wachstum und Arbeit, deswegen springt der Umweltminister auf den Trend auf und setzt auf einen Green-Job-Masterplan zur Unterstützung.

Mit zwölf Prozent jährlichem Wachstum entwickelt sich die Umweltwirtschaft fünfmal schneller als der Rest der heimischen Wirtschaft. 185.000 Beschäftigte sind bereits „grüne“ Mitarbeiter. Das sind 4,8 Prozent aller Erwerbstätigen in Österreich.

Die Umweltwirtschaft erzielt hierzulande nicht nur einen Umsatz von mehr als 30 Milliarden Euro, sie sorgt mittlerweile auch für genauso viele Jobs wie die Automobilbranche, das Gastgewerbe und die Hotellerie. Dabei sind auch in diesen Bereichen Green Jobs zu finden, so wie zum Beispiel in Michaela Reitterers Boutique Hotel Stadthalle im 15. Wien Bezirk. „Mit dem Green Lifestyle, der sich immer mehr durchsetzt, steigt auch das Verlangen der Gäste nach Nachhaltigkeit“, sagt die Hotelchefin.

Wesentlicher Beschäftigungsmotor im Umweltbereich sind alternative Energien und Wärmedämmung bei Gebäuden. Hier gibt es auch entsprechende Förderungen. Minister Berlakovich nennt die Summe von 100 Millionen Euro, mit denen die Regierung die thermische Sanierung im Rahmen des Konjunkturpaketes gestützt hat. Insgesamt seien heuer 760 Millionen Euro in Maßnahmen geflossen, die Green Jobs erzeugen. Der Masterplan zu den Green Jobs des Ministers soll nun bis 2020 für 100.000 neue Jobs sorgen – in den Bereichen Umwelttechnik und erneuerbare Energie, im Tourismus und in der Biolandwirtschaft.

Beschränkte Mittel

So weit das Bekenntnis des Ministers. Die Mittel für die Offensive werden aber kaum aufgestockt. Für die Förderung von thermischer Sanierung garantiert der Minister für die kommenden drei Jahre zwar 100 Millionen Euro jährlich. An zusätzliche Investitionen in den „Wachstumsmotor für den Arbeitsmarkt“ ist aber nicht gedacht, nur in Teilbereichen gibt es etwas mehr Geld. „Die jüngsten Budgetverhandlungen waren hart und intensiv, doch mir war es wichtig, im Bereich Klimaschutz und erneuerbare Energie die Mittel zu erhalten bzw. zu erhöhen“, sagt Berlakovich (siehe Interview ).

Unternehmer wie Xolar-Geschäftsführer Herbert Huemer sind mit der politischen Offensive allerdings nicht rundum glücklich: „Es ist schon sehr wichtig, dass man Werbung macht, damit den Menschen bewusster wird, was ihnen mehr Unabhängigkeit von Öl oder Gas bringt. Wenn aber erst konkrete Gesetze versprochen werden, Gesetzesentwürfe dann aber wieder zu Fall gebracht werden, ist das ein heuchlerisches Vorgehen.“

Drei Windräder, sechs Behörden

Probleme mit unklaren Vorgaben kennen auch andere Öko-Unternehmer: Die drei Windräder, die Michaela Reitterer auf das Dach ihres Hotels stellen wollte, sind auch beim einjährigen Geburtstag des Hotels immer noch Zukunftsmusik. „Da sind sechs verschiedene Magistrate involviert. Keiner erklärt sich für zuständig. Wenn man die Erste ist, die Windräder in bewohntem Gebiet aufstellen möchte, braucht man eben Humor und Geduld.“

In vielen Bundesländern, aber auch auf Bundesebene fehlen nach wie vor der klare gesetzliche Rahmen, eindeutige Zuständigkeiten und Kontinuität. Die Gesetzesmaterie ist zersplittert, manchmal mangelt es überhaupt an rechtlichen Grundlagen: In der Energiestrategie der Bundesregierung von 2009 wurde zwar ein Energieeffizienzgesetz versprochen, es lässt aber nach wie vor auf sich warten. Andere Regelungen, wie das Ökostromgesetz, werden dafür wieder laufend novelliert. Der oberösterreichische Landesrat Rudolf Anschober, ein langjähriger Kritiker dieses Gesetzes, bleibt deshalb trotz Green-Job-Offensive des Umweltministers kritisch: „Die Unternehmer brauchen die Politik als verlässlichen Partner.“

Um im internationalen Wettbewerb um die Green Jobs bestehen zu können, müssten Förderbedingungen langfristig festgeschrieben werden – nur so kann sich ein funktionierender Heimmarkt entwickeln. Tatsächlich produzieren manche Firmen im Moment vor allem für das Ausland. So setzt die innovative Firma HEI, die ausschließlich mit Sonnenlicht gespeiste Straßenbeleuchtungen herstellt, neunzig Prozent ihrer Leuchten im Ausland ab.

Bevorzugte Bauern

Ein weiterer Dauerkritikpunkt: die Bevorzugung der Landwirtschaft bei den Förderungen. Die Biolandwirtschaft hat bislang mit 250 Millionen Euro, also einem Drittel der gesamten Mittel für den Green-Job-Bereich, profitiert.

Fazit: Der Green-Job-Masterplan von Nikolaus Berlakovich liegt folglich zwar im Trend, aber: Will Österreich das volle Potenzial des grünen Arbeitsmarktes ausschöpfen, braucht es noch ein Quäntchen mehr politischen Mut und entsprechende Gesetze.

– Martina Madner

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