Vom Superkeiler zum Kronzeugen: Rupert-Heinrich Staller sagt gegen Julius Meinl aus

Rupert-Heinrich Staller verdiente mit der Meinl Bank ein Millionenvermögen. Dann wandte er sich gegen Julius Meinl. Für den Wiener Staatsanwalt ist der 41-jährige Tiroler der Kronzeuge der Anklage.

Er gilt als Kronzeuge in der Meinl-Affäre. Beim Staatsanwalt hat Rupert-Heinrich Staller (im Bild) seinen einstigen Auftraggeber Julius Meinl V. eiskalt verpfiffen. Seine unter Eid getätigte Zeugenaussage vom 22. April 2008 wiegt schwer. Sie war ein wesentlicher Grund für die Razzien bei der Meinl Bank im Februar 2009 und den Haftbefehl gegen Julius Meinl im April sowie die danach verhängte Kaution von 100 Millionen Euro. Das alles wäre ohne die zahlreichen Staller-Tipps wohl undenkbar gewesen. „Julius Meinl hat mich als persönlichen Beauftragten gebeten, bei Meinl European Land (MEL) für Ordnung zu sorgen“, sagt Staller in einem FORMAT exklusiv vorliegenden Einvernahmeprotokoll gegenüber dem Staatsanwalt. Als MEL-Kapitalmarktbeauftragter war er von 23. August bis 13. November 2007 tätig und verfügte daher über einen tiefen Einblick in den Meinl-Komplex. Trotzdem bekam Staller für seine Arbeit für MEL und Meinl nie einen Cent Honorar, wie er nach seinem Ausscheiden Ende 2007 betont hat.

Der Superkeiler
Die Meinungsverschiedenheit über seine MEL-Entschädigung dürfte Staller motiviert haben, vor den Behörden auszupacken. Immerhin war er zuvor über viele Jahre hinweg als Superkeiler der Meinl Bank unterwegs, der mit Vermittlungsprovisionen, Beratungsmandaten und als Headhunter ein Millionenvermögen anhäufte, was FORMAT exklusiv vorliegende Honorarnoten und Rechnungen von 2004 bis 2007 belegen. Auch der Zoff mit dem MEL-Board über die Ausrichtung des Unternehmens soll Staller verärgert haben. Staller will die ganze Causa gegenüber FORMAT allerdings nicht näher kommentieren. Lange Zeit zählte auch der gebürtige Innsbrucker zu den Profiteuren des Systems Meinl.

Üppige Provisionen
Innerhalb von nur dreieinhalb Jahren, konkret zwischen April 2004 und November 2007, verdiente Staller direkt und indirekt durch Geschäfte mit der Meinl-Gruppe stolze 2,9 Millionen Euro. Besonders viel Geld floss im Krisenjahr 2007: Am 27. März 2007 stellte Staller der Bank 767.000 Euro „Provision für die Vermittlung von Aktien“ inklusive Spesen und Steuern in Rechnung. Im Mai 2007 überwies die Meinl-Buchhaltung weitere 346.890 Euro für „Leistungen im April 2007“ und im Oktober noch einmal 408.500 Euro für nicht näher spezifizierte „Leistungen im Juli 2007“. Die Investorensuche für Meinl Airports International (MAI) und Meinl International Power (MIP) fiel in die gleiche Zeit. Zur Erinnerung: Die MAI-Emission fand im April 2007 statt, und die von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gemanagte MIP kam im Juli an die Börse. Beide Papiere waren gut gezeichnet.

Schreck der Manager
Allgemein haftet Rupert-Heinrich Staller das Image des „Hauptversammlungsschrecks“ an. Seine pointierten Attacken gegen selbstgefällige Vorstandsdirektoren und Aufsichtsratspräsidenten sind legendär. Viele Topmanager fürchten ihn. Staller selbst versteht sich als Verfechter einer in Österreich unterentwickelten Aktionärsdemokratie. Pikantes Detail: Vor der MEL-Affäre 2007 wurde Staller beim Kampf um Aktionärsrechte vor allem von der Meinl Bank unterstützt. So geschehen etwa in den Hauptversammlungen von Constantia Iso. Readymix-Kies Union oder Steirerobst. Dort kämpfte er um höhere Abfindungsangebote. Mit seinen Mitstreitern – etwa dem späteren MIP-Rebellen Alexander Proschofsky – holte er so viel Geld heraus.

Nervenkrieg gegen Raiffeisen
Bei der Steirerobst AG zwang er im Jahr 2005 den Zucker-Riesen Agrana in die Knie. Das zur Raiffeisen-Gruppe gehörende Unternehmen wollte Steirerobst von der Börse nehmen und die Kleinaktionäre mit 34 Euro pro Aktie abspeisen – zu wenig für Staller. Den Nervenkrieg gegen die mächtige Raiffeisen-Gruppe gewann er letztlich: Die Agrana musste zähneknirschend 45,20 Euro auf den Tisch legen. Ähnlich war es bei der Constantia Iso im Jahr 2006. Damals legte sich Raubein Staller mit der einflussreichen Eigentümerfamilie Turnauer an. Deren Vertreter als Constantia-Aufsichtsratschef, Veit Sorger, quälte Staller fast drei Jahre. Sowohl die Turnauers als auch Sorger gaben schließlich entnervt auf: Das Offert an die Kleinaktionäre wurde von 8,42 auf 12,42 Euro erhöht. Der Meinl Bank stellte Staller übrigens für die „Causa Constantia Iso – Überprüfung der Barabfindung für Juni 2004 bis März 2007“ ein Honorar von 62.600 Euro in Rechnung.

Auktion statt Aktie
Sein Einsatz machte den 41-jährigen Tiroler zum reichen Mann, der nicht nur in den Kapitalmarkt, sondern auch in Kunst investiert. Er besitze Bilder, um die ihn Sammler Rudolf Leopold beneiden würde, berichtet die Tageszeitung „Die Presse“ über Staller. Ebenso stolz erzählt er über seine Premierenloge im Josefstadt-Theater. Das größte Aufsehen erregte Staller wohl im Sommer 2006, als er im Wiener Dorotheum um ein Gemälde von Albin Egger-Lienz mitsteigerte. Auch dieses spannende Auktionsmatch gegen einen anonymen Bieter aus Österreich gewann er. Bei einem Gebot von 912.000 Euro erhielt Rupert-Heinrich Staller den Zuschlag. Seither darf er den berühmten „Totentanz“ sein Eigen nennen.

Aussage war Schock für Meinl
Für Julius Meinl war die Aussage des langjährigen Weggefährten vor den Justizbehörden ein Schock. Immerhin gab Staller dort zu Protokoll, dass die Bankbüros im September 2007 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion „praktisch leer geräumt“ wurden. MEL-Daten sollen von Laptops entfernt und „ganze Festplatten gelöscht“ worden sein. Auch von einem Lastwagen, mit dem brisantes MEL-Material außer Landes geschafft werden sollte, wusste Staller – obwohl: „Den Lkw selbst habe ich nicht gesehen.“ Die Justiz nahm ihn beim Wort und veranlasste Hausdurchsuchungen. Stallers Beschreibung des MEL-Masterminds findet sich im Haftbefehl: „Letztendlich war die Ultima Ratio (letzte Instanz) Julius Meinl V. Das habe ich auch von ihr (Anm.: Meinl-Angestellte Nadine Gilles) persönlich erfahren.“

Anklage stützt sich auf Staller-Aussage
Die Meinl Bank widerspricht den Vorwürfen vehement, was den Staatsanwalt bislang aber nicht beeindruckt hat. Die Anklagebehörde stützt sich auf Staller-Aussagen. Mit dem Risiko, dass ihre Strategie mit dem Zeugen steht und fällt. Darüber wird Haftrichterin Bettina Deutenhauser bald entscheiden. Auf Antrag der Meinl-Anwälte prüft sie Haftbefehl und Kaution. Das ist heikel. Denn bei Zweifeln an Staller würde der Anklage eine wichtige Säule wegbrechen. Geschickt ist Staller, wie der Fall MEL zeigt. Dass er null Euro Beratungshonorar verlangt hat, stimmt zwar. Doch in den fast drei Monaten „als Kapitalmarktbeauftragter und Sprecher der MEL“ läpperten sich Spesen und Rechtsberatungskosten von 53.100 Euro zusammen – und die ließ er sich sehr wohl refundieren.

Ashwien Sankholkar

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