"Niemals vergessen, dass andere unter schwierigeren Bedingungen leben als wir"

Patricia Kahane, die öffentlichkeitsscheue Tochter des legendären Kreisky-Freundes Karl Kahane empfängt FORMAT und spricht über das Leben als Milliardärin, ihre Privatbank und ihre karitative Stiftung.

Geheimnisumwittert, öffentlichkeitsscheu und diskret. Seit einem halben Jahrhundert sind das die Attribute der altehrwürdigen Industriellenfamilie Kahane. Auch in der legendären Männerfreundschaft zwischen dem früheren Bundeskanzler Bruno Kreisky und dem Firmenpatriarchen Karl Kahane waren die Rollen exakt verteilt: Während Kreisky mit seiner Vermittlertätigkeit zwischen Israelis und Palästinensern international Schlagzeilen machte, blieb sein kongenialer Partner Kahane stets im Hintergrund. Obwohl er damals Österreichs Außenpolitik maßgeblich mitbeeinflusste, wollte er selbst nie im Scheinwerferlicht stehen. „Ich leiste mir den Luxus des Neinsagens“, quittierte er geschäftliche und mediale Anfragen gleichermaßen nonchalant. An dieser Tradition änderte sich auch nach Karl Kahanes Tod im Juni 1993 nichts. Seine drei Kinder – Patricia, 55, Emil Alexander, 53 (der dieser Tage als Überlebender eines Flugzeugabsturzes Schlagzeilen machte), und Marie-Rose, 52 – traten nie an die Öffentlichkeit.

Hilfe für Israelis und Palästinenser
Zumindest bis vor kurzem. Für FORMAT macht Patricia Kahane jetzt eine seltene Ausnahme. Knapp zwei Stunden nahm sich die zurückhaltende Milliardärin Zeit, um über Familie, Firma und die wohl bedeutendste Hinterlassenschaft ihres Vaters zu reden: die „Karl Kahane Foundation“ (KKF). „Eigentlich brauchen wir keine Reklame“, sagt Patricia Kahane als Vorsitzende der Kahane Foundation. „Wir werden laufend mit Anfragen überhäuft.“ Die im Jahr 1991 gegründete Stiftung finanziert ausschließlich karitative Projekte. Einzelpersonen sowie Kunst-, Kultur- oder Umweltschutz-Initiativen werden dezidiert nicht gesponsert. „Das würde den Rahmen sprengen“, meint Kahane. Derzeit engagiert sich die KKF in 15 Fällen, wo zwischen 2.000 und 80.000 Euro zugeschossen werden. Das Vorzeigeprojekt ist die noch von Karl Kahane im Jahr 1987 eingefädelte und von der KKF fortgesetzte Zusammenarbeit mit dem Hadassah Medical Center in Jerusalem. Dort wurden bis dato 40 Fachärzte aus Palästina geschult. „Nach der Ausbildung kehren sie nach Ramallah oder Hebron zurück, um vor Ort zu helfen“, so Kahane.

Traumatherapie und Augen-OPs
Dass im Hadassah israelische Patienten von palästinensischen Ärzten operiert oder islamische Terroristen von jüdischen Doktoren „zusammengeflickt“ (Kahane) werden, fördere zudem Respekt und Verständnis für das Gegenüber. „So merken die, dass der andere kein Monster ist“, meint Kahane. Ein sinnvoller Beitrag zur Völkerverständigung. Der Friedensprozess im Nahen Osten ist der Foundation ein besonderes Anliegen. Eine Tradition, die Patricia Kahane im Namen des Vaters pflegt. Dementsprechend ist das Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog ein langjähriger KKF-Partner. Dort sitzt Kahane auch im Vorstand. Zudem wird viel Geld in medizinisch-therapeutische Projekte gesteckt: Gesponsert werden etwa der Verein „Hemayat“ (arabisch: Betreuung, Schutz), wo Traumatherapie für Folter- und Kriegsüberlebende angeboten wird, das psychosoziale Zentrum „Esra“ (hebräisch: Hilfe) für NS-Verfolgte und jüdische Einwanderer oder die Initiative „Licht für die Welt“, wo der Aufbau einer Augenklinik im südäthiopischen Gondar finanziert wurde. „Wir dürfen niemals vergessen, dass es Menschen gibt, die unter viel schwierigeren Bedingungen leben als wir“, mahnt Kahane. Daher reiche der KKF-Aktionsradius im Humanitären auch so weit.

Sprudelnde Geldquellen
Die Karl Kahane Foundation verfügt über ein Stammvermögen von rund zwei Millionen Euro. Zudem wird die Stiftung jährlich mit frischem Kapital gespeist. Sprudelnde Geldquellen sind der 80-Prozent-Anteil an der Bank Gutmann sowie die Beteiligung an der Jungbunzlauer AG. „Ein fixer Prozentsatz der Dividende fließt jedes Jahr an die Foundation“, erzählt Kahane. Die exakte Höhe will sie nicht preisgeben. „Das müsste ich vorher mit meinen Geschwistern klären.“ Die Regelung gewährleiste jedenfalls, dass die Stiftung keine Geldsorgen hat. Um die Verwaltung des Stiftungs-, aber auch des Familienvermögens kümmern sich die Money-Manager rund um Bank-Gutmann-Chef Rudolf Stahl. Patricia Kahane: „Unsere Veranlagungsstrategie ist konservativ und auf Werterhaltung ausgerichtet.“ Dass die Gutmänner im Asset Management sehr erfolgreich sind, haben sie in den vergangenen Jahren oft bewiesen: Während die Meinl Bank von MEL-Affäre, die Constantia Bank der Familie Turnauer von Immofinanz-Affäre und die Bank-Austria-Tochter Bank Privat von der Madoff-Affäre arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, blieb das Geldhaus der Kahanes von Wirtschaftsskandalen verschont. „Wir haben ein bis zwei Kunden, die in Madoff investiert sind“, erzählt Gutmann-Aufsichtsrätin Patricia Kahane, aber: „Die Papiere wurden ihnen von anderen Banken aufgeschwatzt, nicht von uns.“

"Einvernehmlich von Lacina getrennt"
Auch privat habe sie „glücklicherweise“ nicht in Madoff investiert. Der einzige Kollateralschaden: Exfinanzminister Ferdinand Lacina musste aus dem Gutmann-Aufsichtsrat ausscheiden. Kahane: „Wir haben uns im Einvernehmen getrennt.“ Warum? „Es könnte sein, dass seine Rolle in der Bank Medici rechtliche Fragen aufwirft.“ Medici ist bekanntlich tief in die Madoff-Affäre verwickelt. Lacina, der im Medici-Aufsichtsrat sitzt, drohen Organhaftungsklagen. Die Trennung von Lacina dürfte Patricias Bruder Emil Alexander vorangetrieben haben, um möglichen Imageschäden vorzubeugen. Als Aufsichtsratspräsident bangt er wohl um die acht Millionen Euro Gewinn, die jährlich an die Eigentümer ausgeschüttet werden. Patricias jüngerer Bruder überwacht auch die Jungbunzlauer Holding (Umsatz: 300 Millionen Euro). Der weltgrößte Hersteller von Zitronensäure – etwa in Cremes, Limonaden oder Waschmittel enthalten – hat Standorte in Deutschland, Frankreich, Kanada und Österreich. Trotz steigender Energiepreise und volatiler Rohstoffmärkte schreibt Jungbunzlauer gute Gewinne. Allein die Wien-Tochter liefert jährliche Dividenden von 13 Millionen Euro.

Milliardenschwerer Geldadel
Gutmann und Jungbunzlauer sind die letzten Überbleibsel eines Firmenimperiums, das früher Industriebetriebe wie Donau-Chemie, Terranova oder die Veitscher Magnesitwerke umfasste. „Im Laufe der Jahre wurde alles verkauft“, erzählt Patricia Kahane. Die Verkaufserlöse, die Millionendividenden und die Beteiligungswerte machten die Kahanes jedenfalls zu einer der reichsten und mächtigsten Dynastien des Landes. Das Wirtschaftsmagazin „trend“ taxiert den Familienreichtum auf rund zwei Milliarden Euro. Patricia Kahane will weder das Familienvermögen noch den ihr zurechenbaren Anteil gegenüber FORMAT kommentieren. Fakt ist: Ihr persönlicher Geldpolster dürfte so dick sein, dass sie sich einen 75-Prozent-Anteil am „Beer’s“ locker leisten kann. Denn der Wiener Fitnessclub ist zwar berühmt und beliebt, er gilt aber nicht als Cashcow. Kahane: „Die Beteiligung ist ein Hobby.“

Ehrenamt und Pragmatismus
Karitativ ist sie als Ombudsfrau im Maimonides-Zentrum tätig. In diesem Pflegeheim der Israelitischen Kultusgemeinde hört sie sich „alle 14 Tage“ die Sorgen älterer Heimbewohner an. Für Kahane gehört das zur gesellschaftlichen Verantwortung jedes einzelnen Bürgers. „In Österreich sitzen viele Pensionisten in ihren Schrebergärten und schnippeln an irgendwas herum“, kritisiert Kahane. „In den USA ist es selbstverständlich, sich in Altersheimen oder im Asylbereich zu engagieren.“ Im Maimonides-Zentrum ist sie seit 1987 als Vermittlerin tätig. Trotz ihres langen IKG-Engagements bezeichnet sich die 55-jährige Kahane selbst nicht als strenggläubig. In der jüdischen Gemeinde in Venedig ist sie Mitglied, „weil mein Vater dort begraben ist“. Das Leben der dreifachen Mutter – zwei Söhne im Alter von 24 und sieben sowie eine 18-jährige Tochter – spielt sich auf zwei Kontinenten ab. Sie pendelt regelmäßig zwischen ihren Wohnsitzen im nordafrikanischen Marrakesch und im Schweizer Ort Celerina, offizieller Sitz der Kahane Foundation. Auch hier kommt ihr Pragmatismus durch: „Yacht und Privatjet brauche ich nicht. Ich komme auch so sehr gut zurecht.“

Von Ashwien Sankholkar

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