Interview: Norbert Teufelberger will bwin.party "Aus dem Sumpf ziehen"
Wie CEO Norbert Teufelberger bwin.party aus der Krise führen will, warum er noch nicht genug hat und welches WM-Spiel am lukrativsten war.

FORMAT: Herr Teufelberger, als CEO von bwin.party blicken Sie auf ein sehr turbulentes Halbjahr zurück: Neuer Großaktionär, Managementwechsel, Kurssturz. Wie sieht es mit Ihren Nerven aus?
Norbert Teufelberger: Ja, das Halbjahr war wirklich sehr herausfordernd. Aber nur die Kämpfer kommen durch.
Sind die Differenzen mit ihrem neuen Großaktionär, dem "Activist Investor" Jason Ader, jetzt beigelegt?
Teufelberger: Der Umgang mit einem "Activist Investor" war für uns etwas völlig Neuartiges. Jetzt, denke ich, haben wir die Situation aber ganz gut gemeistert. SpringOwl hat einen Vertreter ins Board entsandt, mit dem wir inzwischen sehr gut zusammenarbeiten.
Was genau hat dieser Investor Ihnen denn vorgeworfen?
Teufelberger: Das genau war ja das Problem. Von außen konnte er seine Forderungen nicht konkretisieren. Nun ist er Teil des Unternehmens, und wir können ihm besser erklären, warum wir welche Entscheidungen getroffen haben. Ich hatte aber immer den Eindruck, es ist ihm wichtig, dass ich mit meinem Team an Bord bleibe. Nun haben wir Frieden geschlossen, und ich denke, die nächsten sechs bis zwölf Monate werden sehr spannend für bwin.party.
Spannend, weil das Unternehmen zerschlagen wird, wie in einigen Medien kolportiert?
Teufelberger: Nein, das ist damit nicht gemeint. Wir haben aber gesagt, dass wir bereit sind, Non-Core-Assets zu verkaufen, wenn ein Mehrwert lukriert werden kann. Damit gemeint sind ein kleineres Retail-Business und eine Financial-Trading-Einheit in Spanien.
Aber auch wenn jetzt die kritischen Stimmen im Unternehmen einmal verstummt sind, würden Sie sagen, Ihnen sind Fehler unterlaufen seit dem Merger mit PartyGaming?
Teufelberger: Natürlich! Wir haben einiges falsch eingeschätzt, wie etwa die Entwicklung von Poker in Europa. Dass die Märkte für Poker - bedingt auch durch neue Regulierungen - so einbrechen, haben wir nicht vorhergesehen. Natürlich kann man jetzt sagen, wir hätten uns stärker auf Sportwetten konzentrieren sollen. Aber das bringt uns nicht weiter. Kritisieren kann man sicher auch die US-Expansion, einen der Hauptgründe für den Merger mit PartyGaming. Dass die Öffnung der US-Märkte so langsam vonstatten geht, haben wir nicht erwartet. Man kann sich auch fragen, ob es etwa besser gewesen wäre, 2006 am Markt aktiv zu bleiben wie unser Mitbewerber PokerStars. Die Eigentümer wurden zwar rechtskräftig verurteilt, haben das Unternehmen jetzt aber um ein Vielfaches (4,9 Milliarden Dollar) verkauft. Wir hingegen haben uns rechtskonform verhalten.
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GESCHÄFT
Halbjahr zum Vergessen
Die Expansion in die USA verläuft schleppend, das Poker-Geschäft bricht weg, und zu all dem musste sich bwi.party mit einem hartnäckigen "Activist Investor", SpringOwl, herumschlagen. Es folgte ein großangelegter Managementumbau, dem auch Direktor Manfred Bodner zum Opfer fiel. Nun muss bwin.party 30 Millionen Euro einsparen. Geplant ist eine Straffung der Organisation, auch im Sportsponsoring (siehe oben FC Bayern) wird kürzer getreten.
An der Börse stürzte die bwin.party-Aktie ( (WKN A0MV75, ISIN GI000A0MV757) kürzlich auf ein Rekordtief, obwohl die Fußball-WM gutes Geld brachte.
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Ihr langjähriger Partner Manfred Bodner zieht sich aus dem Unternehmen zurück. Reizt Sie das nicht auch?
Teufelberger: Manfred ist nach wie vor als Berater für bwin.party tätig. Überraschenderweise macht mir die Arbeit nach wie vor Spaß. Und ich finde, man stiehlt sich in einer Krisensituation nicht einfach davon, nachdem die Mitarbeiter und ich so viele Jahre um das Unternehmen gekämpft haben. Mein Ziel ist es, uns an unseren Haaren wieder aus dem Sumpf herauszuziehen. Das wird in den nächsten sechs bis zwölf Monaten passieren.
Wie genau wollen Sie das schaffen?
Teufelberger: Unsere Strategie, nur noch in regulierten Märkten tätig zu sein, wird weitergeführt. Wir haben uns ja bereits aus 18 Märkten zurückgezogen. Und ich sehe sehr viel Potenzial in unserer Zahlungsverkehrseinheit "Kalixa". Hier könnte man in Richtung globales Zahlungssystem à la PayPal gehen. Wir haben hier kürzlich zugekauft, weitere Schritte sollen folgen.
Sie haben auch angekündigt, weiter Kosten, etwa 30 Millionen Euro, zu reduzieren. Wie?
Teufelberger: Wir werden unsere Organisationsstruktur straffen. Kleinere Einheiten wie etwa in Bulgarien, in Rumänien oder Polen könnten größeren wie Wien und London zum Opfer fallen. Wien wird aus dieser Standortkonsolidierung wahrscheinlich gestärkt hervorgehen.
Wie viele Mitarbeiter sind eigentlich noch für bwin.party in Wien tätig?
Teufelberger: Wir beschäftigen hier nach wie vor rund 650 Leute. Unser größter Standort ist aber zur Zeit Hyderabad in Indien.
Sie haben doch einmal angekündigt, dass bwin.party Österreich verlassen würde, als ein Steuerverfahren anhängig war. Das hat sich erledigt?
Teufelberger: Ja, wir haben das Steuerverfahren gewonnen. Damit ist mein Vertrauen in das österreichische Rechtssystem wieder gestärkt.
Sie wollen sich in Zukunft stärker auf Sportwetten konzentrieren. Heißt das, sie werden auch wieder mehr in Sportsponsoring investieren?
Teufelberger: Wir leisten uns kein Trikot-Sponsoring wie früher etwa bei Real Madrid. Potente Firmen wie Emirates haben die Preise dafür in lichte Höhen getrieben. Das wollen wir uns nicht leisten, vor allem auch, weil wir nicht global tätig sind. Ganz Asien hat bwin früher als Trikotsponsor von AC Milan gekannt, aber nicht gewusst, wer wir sind. Wir hätten auch Jeans verkaufen können. Wir haben dennoch in allen großen Märkten, in denen wir präsent sind, einen Fußballpartner, nur werben wir nicht am Trikot.
Können Sie schon sagen, wie die Fußball-WM gelaufen ist?
Teufelberger: Sie ist gut gelaufen. Obwohl der Start in die WM furchtbar war, weil es kein Unentschieden gegeben hat. Eine Katastrophe für die Buchmacher. Das schlimmste Spiel für Buchmacher war aber sicher das Spiel Deutschland gegen Brasilien, aber nicht, weil das Ergebnis so oft erraten wurde, sondern, weil viele auf einen Deutschland-Sieg getippt hatten. Das lukrativste Spiel für uns war das Finale, weil in der regulären Spielzeit kein Tor für Deutschland gefallen ist.
Halten Sie es für möglich, dass WM-Spiele manipuliert wurden?
Teufelberger: Theoretisch ist alles möglich. Unsere Systeme haben jedenfalls keinerlei Unregelmäßigkeiten aufgewiesen.
Warum bekommt man Wettmanipulation nicht in den Griff?
Teufelberger: Weil die völlig falschen Maßnahmen gesetzt werden. Ein Beispiel: In Österreich sollen jetzt Livewetten eingeschränkt werden. Das ist jedoch der vollkommen falsche Ansatz. Denn in Asien werden diese Wetten nach wie vor angeboten, und die Spieler weichen dann eben dorthin aus. Sinnvoll sind nur internationale Kooperationen und globale Regulierungen.
Sind Sie froh, dass Sie bei der Casinolizenzvergabe in Österreich nicht dabei waren?
Teufelberger: Durchaus. Ich hätte mich aber sehr gefreut, wenn Century Casinos zum Zug gekommen wäre.
Zur Person
Norbert Teufelberger, 49, ist CEO der an der Börse notierten Wett- und Glücksspielplattform bwin.party. bwin.party entstand im Jahr 2011 nach einer Fusion des österreichischen Wettanbieters bwin und des britischen Pokerkonzerns PartyGaming. Teufelberger und sein Kollege Manfred Bodner haben bwin 1997 gegründet und im Jahr 2000 an die Wiener Börse gebracht. Bodner hat sich mittlerweile ganz aus dem Unternehmen zurückgezogen.