Ex-Rennfahrer Bernhard Kohl im Interview:
"Bin noch immer so ehrgeizig wie früher"

Österreichs gefallener Radheld Bernhard Kohl sattelt um: Er wird Unternehmer und eröffnet sein erstes Fahrradgeschäft. Ein Gespräch über das Leben danach.

Wenn Bernhard Kohl heute an seinen Arbeitsplatz geht, jubelt keiner mehr. Die Tour de France ist nach einem positiven Dopingtest Geschichte. Die Zukunft des 27-Jährigen liegt in der Wiener Triester Straße 282. Dort will er Mitte Februar ein 1.100 Quadratmeter großes Rad- und Fitnessgeschäft aufsperren, den „Fitstore 24 Bike Palast Kohl“.
Kohls gesamte Ersparnisse flossen in das Geschäft, mithilfe von Partnern und Banken hat der Ex-Radrennläufer mehr als eine halbe Million Euro investiert. Weil das Geld knapp ist, steht Kohl selbst 14 Stunden täglich im Geschäft und baut es in Eigenregie um. Mit der Vergangenheit gänzlich abgeschlossen hat der Wiener aber nicht. So hält er Vorträge an Schulen, um über die Gefahren von Doping aufzuklären. Mit FORMAT spricht Kohl über sein neues Leben als Businessman.

"Hinter mir liegen brutale Zeiten"
FORMAT: Herr Kohl, Sie wirken so entspannt. Hat die Doping-Affäre bei Ihnen keine Spuren hinterlassen?
Kohl: Hinter mir liegen brutale Zeiten, das können Sie mir glauben. Ich bin froh, dass das Gröbste überstanden ist. Es geht mir heute sehr gut, weil ich ein neues Ziel vor Augen habe. Natürlich denke ich manchmal noch zurück an den riesigen Erfolg bei der Tour de France und auch an meinen tiefen Fall. Ich werde ja regelmäßig von Passanten auf der Straße oder in der U-Bahn darauf angesprochen.
FORMAT: Was sagen Ihnen diese Menschen? Sind sie verärgert?
Kohl: Im Gegenteil. Die meisten zeigen sich sehr verständnisvoll und wissen, dass es im Spitzensport ohne Doping nicht geht. Zumindest nicht, wenn man ganz nach oben will. Nur ein einziges Mal ging ein Betrunkener auf mich los. Ansonsten fällt es mir gar nicht auf, wenn mich einer verstohlen ansieht. Da ist meine Freundin Tatjana viel aufmerksamer.

Geschäftseröffnung Mitte Februar
FORMAT: Wie ist sie mit dem Skandal umgegangen?
Kohl: Als wir zusammengekommen sind, haben einige gesagt, sie sei nur meine Freundin, weil ich der Berni Kohl bin. Aber das war überhaupt nicht so. Sie hat die ganze Zeit über zu mir gestanden, und wir werden nun auch gemeinsam arbeiten. Hier, in meinem Geschäft in Wien.
FORMAT: Wie kam es dazu?
Kohl: Um ehrlich zu sein, ging das Ganze nicht von mir aus. Der Bike Palast, Österreichs größtes Radgeschäft, hat mich per E-Mail gefragt, ob ich nicht Interesse an einer Zusammenarbeit hätte. Ich bin also zum Firmensitz nach Salzburg gefahren, um alles zu besprechen. Mitte Februar werde ich das Geschäft als Franchise-Partner eröffnen. Es ist dann der dritte Bike Palast in Österreich.
FORMAT: Sie werden im Geschäft auch Fitness-Geräte verkaufen?
Kohl: Das hat sich durch meinen Extrainer und Freund Werner Zanier so ergeben. Der betreibt in Lienz ein Fitnessgeschäft, den Fitstore 24, der zugleich Österreichs größter Internet-Versandhandel für Fitnessgeräte und Wellnessprodukte ist. Im Sommer werden wir saisonbedingt mehr Räder verkaufen, im Winter mehr Fitnessgeräte.

"Haben beste Angebote im Hochpreissegment"
FORMAT: Ihr Geschäft ist 1.100 Quadratmeter groß. Wie viele Mitarbeiter werden Sie beschäftigen?
Kohl: Zirka sieben, Tatjana und ich inbegriffen. Um Geld zu sparen, werden wir täglich zwölf Stunden im Geschäft arbeiten. Da mein gesamtes Erspartes aufgebraucht ist und der letzte Rest ins Geschäft geflossen ist, ist viel persönlicher Einsatz gefragt. Wir bauen ja auch eigenhändig um, 14 Stunden am Tag. Auch der Schwiegerpapa, meine Eltern, mein Geschäftspartner Gernot Stoisser und ein paar Mitarbeiter vom Fitstore 24 packen mit an.
FORMAT: Wird es bei einem Geschäft bleiben?
Kohl: Das lässt sich schwer sagen. Läuft alles gut, wäre eine Expansion in weiter Zukunft möglich. Ich bin jedenfalls noch immer so ehrgeizig wie früher.
FORMAT: Warum sollte man bei Ihnen einkaufen? In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich der etablierte Mitbewerber Intersport Eybl.
Kohl: Beim Intersport Eybl gibt es günstige Einstiegspreise, keine Frage, aber im Hochpreissegment haben wir die besten Angebote. Ich war lange genug Radrennfahrer, um meinen Kunden als kompetenter Berater zur Verfügung zu stehen. Wir werden von Kinder- bis zu Rennrädern viele verschiedene Modelle anbieten, auch Elektroräder werden wir führen.
FORMAT: Sie greifen also nach allen Zielgruppen?
Kohl: Ja, aber Elektroräder sind nicht nur etwas für alte Menschen. Auch die, die ein bisschen bequem sind und nicht so gerne Sport machen, freuen sich über Räder, wo sie sich nicht so abstrampeln müssen. Außerdem: Für alle, die morgens in die Arbeit fahren, sind Elektroräder ideal, weil man nicht verschwitzt im Büro ankommt.

"Bin heuer nur 7.000 Kilometer gefahren"
FORMAT: Fahren Sie selbst noch?
Kohl: Wenig. Im Vorjahr bin ich an die 35.000 Kilometer gefahren, heuer waren es nur 7.000, weil ich wenig Zeit dafür habe. Der Radsport macht mir aber noch immer viel Spaß, das Rennfahren geht mir hingegen überhaupt nicht ab.
FORMAT: Sie sollen auch als Lehrer durchs Land ziehen?
Kohl (lacht): Na ja, ich halte Vorträge zum Thema Doping-Prävention, meist in Schulen, aber bei Bedarf auch in Firmen. Bisher habe ich fünf Vorträge gehalten, einige weitere sind an Sportschulen und Gymnasien geplant.
FORMAT: Mit Verlaub, das klingt nach Psychohygiene.
Kohl: Sicher hilft es, wenn ich darüber rede. Ich habe auf meiner Internetseite bekannt gegeben, dass ich gerne dafür zur Verfügung stehe, und freue mich, wenn ich eingeladen werde, die Jugend aufzuklären und ihr Tipps zu geben. Ich habe ja auch ein Buch über Doping geschrieben, das leider nicht publiziert wird.
FORMAT: Weil Klagen drohen.
Kohl: Ja, ich enthülle in dem Buch, wie das Doping-Business läuft und wer dahintersteckt. Das ist vielen eben zu heikel. Aber andererseits will ich mich auch gar nicht mehr mit der Vergangenheit beschäftigen. Meine Zukunft ist hier.

Interview: Silvia Jelincic

Zur Person: Bernhard Kohl, 27, beendet nach einem positiven Dopingtest seine Karriere als Radprofi. Der größte Erfolg des Wieners ist der dritte Platz bei der Tour de France 2008. Jetzt wird der Exsportler Businessman und will am Erfolg seiner Firma ebenso zielstrebig arbeiten wie einst an seiner Sportlerkarriere.

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