Die neue Wirtschafts-Elite: Jung, clever und schon ganz oben
Die nächste Generation der Wirtschaftselite. Sie sind jung, ehrgeizig und bereits in den Führungsetagen der österreichischen Top-Unternehmen angekommen: 40 Manager unter 40 Jahren, von denen künftig noch oft die Rede sein wird. Denn sie machen vieles anders als ihre Vorgänger.
Junge Manager. Ihr Führungsstil ist kollegial und sie gehen auch mal früher nach Hause, um die Kinder ins Bett zu bringen: Die nächste Chef-Generation wird die Wirtschaft verändern wie kaum eine vor ihr. FORMAT bittet 40 Manager, Nachfolger von Familienbetrieben und Unternehmer unter 40 Jahren vor den Vorhang.
Birgit Noggler nimmt sich normalerweise zu dieser Jahreszeit Urlaub. November, das ist jener Monat, in dem es bei ihrem Arbeitgeber Immofinanz eher ruhig zugeht. Heuer aber ist die Auszeit gestrichen. Bei der Tochtergesellschaft Buwog laufen die Vorbereitungen für ein Börsenlisting. "Wer im Beruf wirklich etwas erreichen will, muss manchmal auf bestimmte Dinge verzichten. Erfolg besteht zu 90 Prozent aus harter Arbeit und Leistung, der Rest ist Glück, sagt sie.
Mit diesem Karriererezept hat es Noggler weit gebracht: Vor zwei Jahren, mit 37, wurde die Absolventin der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien zum Finanzvorstand der börsenotierten Immofinanz bestellt. In dieser Funktion wacht die gebürtige Kärntnerin über mehr als neun Milliarden Euro Immobilienvermögen. Ihre Jahresgage liegt bei rund 700.000 Euro.
Birgit Noggler zählt zur Speerspitze junger Führungskräfte, die mehr und mehr in der österreichischen Wirtschaft ihre Spuren hinterlassen. In den 400 größten heimischen Unternehmen finden sich gut 50 Geschäftsführer und Vorstände, die jünger als 40 Jahre sind. Dazu kommt eine Handvoll Entrepreneurs, die es versteht, spritzige Ideen zu viel Geld zu machen. "Die Generationenumstellung in der Wirtschaft ist größer als in den vergangenen Jahren. Junge Führungskräfte sind mit digitalen Medien groß geworden und deutlich gelassener, was Status betrifft, sagt Personalberater Peter Malanik. "Rund 30 Prozent der Personen, die wir für das obere Management auf unserem Radar haben, ist unter 40 Jahre.
Ein lückenloser Lebenslauf, eine tadellose Ausbildung, Auslandserfahrung und vielleicht familiäre und andere Netzwerke sind das Ticket zum Einstieg auf die Karriereleiter. Für den Aufstieg allerdings braucht es andere Fähigkeiten: Biss und Ehrgeiz. Traineeprogramme und eine Position als Vorstandsassistent sind dafür ein gutes Sprungbrett - mehr aber nicht. Wer Karriere machen möchte, muss die Chancen erkennen und ergreifen, was unter den volatilen Rahmenbedingungen wie derzeit alles andere als einfach ist. "Daher ist ein gutes Reaktionsvermögen gefragt, wenn sich Karrierechancen auftun. Auch ein gewisser Instinkt für Machtkonstellationen und -entwicklungen ist sehr wichtig, so Marlies Buxbaum, Chefin des Beraterzentrums Dorotheergasse.
Freilich sind manche Branchen durchlässiger für junge Aufsteiger als andere. Bei Banken etwa ist es relativ schwer, sich als Jungspund zu beweisen, weil die Strukturen starrer sind. Im Handel und im Tourismus schafft man es als junger Manager schneller nach oben. Besser ist auch "junges Business wie die IT- und Softwarebranche. "In einer anderen Branche wäre mein Werdegang wesentlich schwieriger gewesen, bestätigt Thomas Kicker, Geschäftsleiter beim Mobilfunker T-Mobile. "Doch auch da muss man permanent Ergebnisse liefern, den Beweis bringen, dass es in Ordnung ist, so schnell eine verantwortungsvolle Position zu haben.
Das lässt sich schlechter in einem Fachbereich beweisen, wo scheinbar alle mitreden können, wie etwa im Marketing. "Wesentlich besser gelingt es in einem Hardcore-Wirtschaftsbereich, wie bei den Finanzen. Und es kommt nicht von ungefähr, dass CEOs immer häufiger aus dem Finanzbereich kommen, so Gerhard Speckbacher vom Institut für Unternehmensführung an der WU Wien.
Auffallend ist, dass zunehmend viele Frauen, die ihre Wurzeln in Osteuropa haben, in heimischen Unternehmen eine steile Karriere hinlegen. Allerdings wollen tendenziell weniger Frauen als Männer den Preis für einen so anstrengenden Weg zahlen und in die Falle der Doppelbelastung tappen. "Viele Unternehmen suchen händeringend Managerinnen, die Zeit für Frauen wäre also sehr gut, weiß Marlies Buxbaum.
Doch auch für Männer sind die Opportunitätskosten hoch. T-Mobile-Manager Kicker: "Wenn man Freitag Abend heimkommt und sich noch Gedanken um das Geschäft macht, wirkt sich das auf Familie und Freunde aus. Und wenn man mit sehr guten Freunden einen Abendtermin zwei Monate im Voraus ausmacht, gibt einem das zu denken. Aber das werde mit jedem Jahr besser, so Kicker.
Die Jahrgänge zwischen 1979 und 1995 werden von Personalisten auch gerne als "Generation Y bezeichnet. Sie sind Technik gewohnt, international geprägt, und Work-Life-Balance hat einen größeren Stellenwert als früher. Für Führungskräfte dieser Generation ist es keine große Sache mehr, zu sagen, dass Mitarbeiter früher nach Hause gehen können, um die Kinder selbst ins Bett zu bringen und sich später vielleicht per Homeoffice nochmals zur Arbeit zu setzen. Denn mitunter machen sie das auch selbst so. Dass man die halben Nächte im Büro verbringt, erzählen die wenigsten.
Auch im Führungsstil unterscheiden sich unter 40-Jährige deutlich von den Managern des alten Schlags: Sie hören laut Experten den Mitarbeitern viel ernsthafter zu und berücksichtigen diese Erkenntnisse bei Entscheidungen. Ein partizipativer und kollegialer Stil hält damit Einzug in die Chefetagen. "Vor allem in Klein- und Mittelbetrieben, die ja oft von einem mächtigen Chef geprägt sind, ändert sich dadurch das Klima gewaltig, sagt Personalberater Karl Piswanger.
Wenn man mit den jungen Managern redet, sprechen sie viel davon, wie wichtig es ihnen ist, ehrlich zu sein, authentisch und nachhaltig mit Leistung zu punkten. Auch Verantwortungsbewusstsein wird herausgestrichen. "An meinem Institut versuchen wir in der Ausbildung dazu beizutragen, dass die Manager von morgen sich in jeder Situation fragen, was das eigene Handeln für andere bedeutet und dass man für diese Folgen Verantwortung übernimmt, sagt Speckbacher.
Je schneller es Jungmanager nach oben schaffen, desto größer ist allerdings die Gefahr eines Absturzes. Der kann unerwartet und unverschuldet passieren: Ein Projekt floppt, der Konzern wird übernommen oder man verliert seine Förderer. Außerdem bleibt angesichts der langen Lebensarbeitszeit bis weit über 60 Jahre die Frage: Was kommt nach dem Vorstandsposten?