Die Rache der Stiftung
Ex-AT&S-Eigentümer Helmut Zoidl liegt mit seinem Stiftungsvorstand im Clinch. Auch in vielen anderen Privatstiftungen kriselt es. Stifter und Begünstigte beklagen den mangelnden Einfluss auf "ihr Vermögen.
Es war eine Männerfreundschaft, wie sie im Buche steht. Ende der 80er-Jahre haben einander Helmut Zoidl und Manfred Zand über ihren gemeinsamen Freund Hannes Androsch kennengelernt. Jagdausflüge und gemeinsame Urlaube mit den Ehefrauen folgten.
Ende der 90er-Jahre schließlich holte Zoidl, der damals seine Anteile beim Leiterplattenhersteller AT&S versilberte, seinen Freund Zand in den Vorstand seiner H.M.Z. Privatstiftung. "Ich war froh, dass sich ein Freund um mein Vermögen gekümmert hat, sinniert Zoidl heute rückblickend.
Diese Freude wich vor rund fünf Jahren allerdings einem heftigen Misstrauen. Mittlerweile herrscht sogar Krieg zwischen dem Stifter und seinem Stiftungsvorstand. Wenn sich die beiden älteren Herren noch etwas zu sagen haben, dann ausschließlich über ihre Anwälte, meistens via Gericht.
Der Streit kumulierte im Februar dieses Jahres, als der ehemalige Banker Zand auf Antrag von Zoidl vom Gericht als Vorstand der H.M.Z. Privatstiftung abberufen wurde. Zand habe sich in unzulässiger Weise - vor Auslaufen seines Vorstandsmandats - selbst wieder zum neuen Stiftungsvorstand gekürt, befand das Gericht. Dies wird nun seinerseits von Zand beim Landesgericht Leoben bekämpft.
Zu wenig gekümmert
Was aber war geschehen, dass aus ehemals dicken Freunden plötzlich erbitterte Feinde wurden? "Zand hat mich als Stifter und Begünstigten der Privatstiftung sukzessive kaltgestellt, klagt der ehemalige Industrielle Zoidl. Wobei er sich selbst auch eine gewisse Schuld an dieser Machtübernahme durch Zand gibt: "Ich habe mich eine Zeit lang zu wenig um die Geschäfte gekümmert und habe dem Stiftungsvorstand blind vertraut, sagt der 79-Jährige. Mit Zoidls Wiederverheiratung habe sich das jedoch geändert. Gerda, die neue Frau Zoidls und nunmehr auch Begünstigte der Stiftung, zeigt sogar massives Interesse an den Vorkommnissen in und rund um die Stiftung. Kein Wunder, immerhin sind die Vermögenswerte in der H.M.Z. Privatstiftung beträchtlich: Neben ansehnlichem Grundbesitz im steirischen Autal und Seeliegenschaften am Grundlsee sowie dem wildromantischen Schloss Gabelhofen in Fohnsdorf sind noch weitere 20 bis 30 Millionen Euro an Barvermögen in der Stiftung geparkt.
Strafanzeige eingebracht
Bei seinen Nachforschungen ist das Ehepaar Zoidl nun auf einige Unregelmäßigkeiten gestoßen, die seit kurzem auch Gegenstand eines Strafverfahrens sind. Die Staatsanwaltschaft Leoben ermittelt gegen Manfred Zand - für den die Unschuldsvermutung gilt - wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Ein kleiner Auszug der Vorwürfe: Liegenschaften seien überteuert gekauft worden, Zand habe sich unzulässigerweise Provisionen in nicht unbeträchtlichem Ausmaß von der Stiftung auszahlen lassen und habe eigenmächtig Kredite aufgenommen. "Die Stiftung ähnelte jahrelang einem Selbstbedienungsladen, resümiert Zoidls Anwalt Meinhard Novak.
All das wird von Zand in einem Schriftsatz seines Anwalts, der FORMAT vorliegt, bestritten: "Es hat den Eindruck, Zoidl werde von dritter Seite beeinflusst, sich von den unabhängigen Stiftungsvorständen zu trennen, um für die Zukunft den Stiftungsvorstand mit wohlgesonnenen nicht objektiven Personen zu besetzen, hieß es darin. Zand und sein Anwalt wollten sich nicht zur Causa äußern.
Kein Einzelfall
Der Streitfall Zoidl - Zand ist kein Einzelfall. Allein der Oberste Gerichtshof hatte im letzten Dreivierteljahr über fünf Abberufungen von Stiftungsvorständen zu befinden. Auch Rechtsanwalt Christian Nordberg (Hule Bachmar-Heyda Nordberg), der jüngst die Abberufung der Vorstände der Georg-Blattl-Stiftung im Auftrag der Begünstigten erwirkte, kann eine Zunahme der Streitigkeiten in Stiftungen feststellen: "Vielen Stiftern war bei der Gründung nicht bewusst, dass sich das Stiftungsvermögen in der Stiftung verselbständigt. Denn eine Stiftung ist eine eigenständige juristische Person, in der rein rechtlich die Stiftungsvorstände, nicht aber der Stifter oder die Begünstigten das Sagen haben. Genau das rächt sich nun aber in vielen Fällen.
Denn die Stiftungsvorstände, oftmals Anwälte oder Notare, üben ihre Macht zuweilen recht selbstherrlich aus. Vor allem dann, wenn die Stifter immer älter werden oder überhaupt sterben. Im Fall Blattl etwa wurde den Begünstigten von den Stiftungsvorständen jegliche Auskunft über den Vermögensstand verweigert.
Besonders problematisch sind derartige Konflikte dann, wenn in der Stiftung auch Unternehmen geparkt sind. Und das ist bei der überwiegenden Zahl der Stiftungen der Fall. Laut dem Verband der Österreichischen Privatstiftungen befinden sich in 64 Prozent aller 3.400 Stiftungen Unternehmensbeteiligungen, die rund 400.000 Arbeitsplätze sichern. Denn vielen Stiftungsvorständen fehlt jeglicher Unternehmergeist, sie trauen sich keine Entscheidungen größeren Ausmaßes zu. Nicht selten, wie etwa bei der niederösterreichischen Firma Lisec, stehen dann die Geschäfte aber über Monate oder gar Jahre still.
Bekanntestes Beispiel dafür ist der Vorarlberger Seilbahnhersteller Doppelmayr, wo seit Jahren eine Gerichtsverhandlung die andere jagt und die Unternehmensführung nur sehr eingeschränkt agieren kann. "Die Gerichte lassen einen gewissen Trend erkennen, dass sie die Voraussetzung für die Abberufung von Stiftungsvorständen recht großzügig handhaben, erläutert Stiftungsexperte Maximilian Eiselsberg. Denn bei der Stiftung gibt es - anders als bei Aktiengesellschaften - nur eine sehr eingeschränkte Kontrolle durch die Eigentümer. Im Fall Lisec ging das Gericht sogar noch einen Schritt weiter und bestellte neue Vorstände, die ausschließlich von den Begünstigten vorgeschlagen wurden. Für Stiftungsexperten grenzt das an ein "Hostile Takeover.
Keine Stiftung mehr
Das hat Zoidl noch nicht geschafft. Er wollte statt Zand seinen Freund, den ehemaligen Bauernbundchef Fritz Grillitsch, in den Stiftungsvorstand holen. Das Gericht lehnte aber ab. Nach all dem Ärger rund um seine H.M.Z. Privatstiftung und deren Vorstand ist für den ehemaligen AT&S-Miteigentümer jedenfalls eines klar: "Ich würde heute keine Stiftung mehr gründen. Was ursprünglich als Instrument zur Streitvermeidung und Steuererleichterung gedacht war, entpuppt sich heute in einigen Fällen als das genaue Gegenteil.
Angelika Kramer