Die Geister, die er rief: Kulterer bleibt wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Haft

Die Inhaftierung von Wolfgang Kulterer ist erst der Anfang. Die Justiz erhöht schrittweise den Druck in der Hypo-Affäre. Das Ziel: die richtig heißen Deals zu knacken. Weitere Festnahmen wahrscheinlich.

Am Ende musste alles ganz schnell gehen. Wochenlang klemmten sich die Ermittler der Soko Hypo in die Telefonleitungen von Wolfgang Kulterer und elf in die Affäre Hypo Group Alpe-Adria verwickelten Personen. Alles wurde angezapft: Gespräche mit Freunden, Geschäftspartnern, Berufskollegen und sogar mit Rechtsanwälten. Die Abhörleitungen glühten und lieferten den Kriminalpolizisten brisante Hinweise.

Auch der Grund, Kulterer hopszunehmen, ergab sich aus der Telefonüberwachung. Ein Gespräch zwischen ihm und seiner Vertrauten Simone P. offenbarte, dass belastendes Aktenmaterial vernichtet wurde und Kulterer drauf und dran war, das Land zu verlassen. Für die Verhängung einer Untersuchungshaft wegen Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr gegen Kulterer sollte das aus Sicht der Kripo-Beamten allemal reichen. Doch sie zögerten – und gaben die Infos nach oben weiter.

Als das Justizministerium Wind davon bekam, wurde nicht lange gefackelt. Ein Ermittlungserfolg in der Affäre käme der politisch ins Kreuzfeuer geratenen Ressortchefin Claudia Bandion-Ortner gerade recht, wussten ihre Politstrategen. Und kurze Zeit später klickten die Handschellen. Kulterer und Simone P. wurden öffentlichkeitswirksam verhaftet.

Ein Ablenkungsmanöver

„Das ist politische Willkür“, schäumt Ferdinand Lanker. Die U-Haft sei ungerechtfertigt. Der Verdacht des Kulterer-Anwalts: Die Festnahme seines Mandanten solle von anderen Kriminalfällen ablenken, wo die Justiz auf der Bremse steht. Gemeint sind die Buwog-Affäre, in die Karl-Heinz Grasser und seine Freunde Walter Meischberger und Ernst-Karl Plech verwickelt sind, oder der Bilanzfälschungsskandal rund um die Hypo Niederösterreich, wo Landesvater Erwin Pröll die Strippen zieht.

Wiewohl Lankers Einsatz für seinen Mandanten nachvollziehbar ist: Die U-Haft hat sich Kulterer wohl selbst zuzuschreiben beziehungsweise den Geistern, die er rief. Das Okay von Bandion-Ortner hat die ambitionierte Polizeiarbeit lediglich beschleunigt.

Jedoch ist die Inhaftierung Kulterers laut FORMAT-Recherchen nur ein Mosaikstein im Masterplan von Oberstleutnant Bernhard Gaber. Der Leiter der Soko Hypo verfolgt ein großes Ziel: die Sprengung einer „kriminellen Vereinigung“, wie sich die Justiz ausdrückt, und die Sicherstellung mutmaßlich veruntreuten Hypo-Geldes. Ein Hypo-Netzwerk, bestehend aus Kulterer, seinem Exvorstandskollegen Günter Striedinger und prominenten Balkan-Paten, soll laut FORMAT exklusiv vorliegenden Polizeiberichten via Kroatien und Liechtenstein „600 Millionen bis eine Milliarde Euro“ verschoben haben. So der Verdacht. Dieses Geld will Gaber aufstöbern.

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt soll sich der Druck sukzessive erhöhen, um an die echt heißen Informationen zu kommen. Den Anfang macht Kulterer. Weitere Festnahmen sollen folgen.

Das Kalkül der Anklagebehörde: Eher kleine Malversationen sollen zur U-Haft führen, gefolgt von einem saftigen Strafantrag. Den Betroffenen wird als Ausweg ein Deal angeboten: Wer seine Mittäter verpfeift oder illegale Geldflüsse enthüllt, der reduziert die ihm angedrohte Haftstrafe. Eine neue Kronzeugen-Regelung im Strafrecht, von der Ministerin soeben gefordert, soll Staatsanwälten in Wirtschaftskriminalfällen diese Möglichkeit bieten.

Und was geschieht mit den Hypo-Verdächtigen, die nicht kooperieren? Die müssen sich auf ein Elsner-Schicksal gefasst machen. Zur Erinnerung: Der Ex-Bawag-Chef sitzt seit über drei Jahren in U-Haft. Während seiner Inhaftierung wurde er wegen eines Plastiksackerl-Kredits (rechtskräftig) zu 2,5 Jahren Gefängnis verdonnert. Und obwohl das Urteil im „großen Bawag-Prozess“ (9,5 Jahre Haft) noch nicht rechtskräftig ist, sitzt Elsner bis dato hinter schwedischen Gardinen.

Geschenk statt Bankgeschäft

Auch Kulterer könnten zwei kleine Kreditfälle jahrelange U-Haft bescheren: Zum einen genehmigte er der Mitte 2005 pleite gefährdeten Styrian Airways einen Kreditrahmen von zwei Millionen Euro. Das geschah auf Wunsch von Jörg Haider, wie eine E-Mail des damaligen Landeshauptmanns an Kulterer vom 18. Juli 2005 belegt. Dass die Fluglinie damals am Rande der Insolvenz stand, geht aus dem Wirtschaftsprüferbericht der Kanzlei Kleiner & Kleiner vom 21. März 2005 hervor. Einem insolvenzgefährdeten Unternehmen darf nicht gutes Geld nachgeworfen werden, meinen Ermittler. Das sei kein Bankgeschäft, sondern ein Geldgeschenk.

Ähnliches gilt für die Kreditvergabe an den Detektiv Dietmar Guggenbichler. Auch hier genehmigte Kulterer nach Haiders Intervention ein Darlehen von 150.000 Euro. Das Brisante: Bei sorgfältiger Kreditprüfung hätte „Guggi“ keinen Cent bekommen. Seine Bonität war schlecht. Dementsprechend musste die Hypo den Kredit später auf null wertberichtigen. Den Sachverhalt gab Guggenbichler selbst der Polizei zu Protokoll.

Aus Sicht des Staatsanwalts entsprechen die beiden Fälle – auf sie stützt sich der Haftbefehl gegen Kulterer – dem Tatbestand der Untreue. Denn Vorständen ist es nicht erlaubt, ihnen anvertrautes Vermögen gewissenlos zu verpulvern. Kulterer – für ihn gilt die Unschuldsvermutung – drohen bei einer Verurteilung wegen Untreue bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Die massive Haftandrohung könnte ein Anreiz sein, dass Kulterer über die Kroatien-Deals seines Exvorstandskollegen Günter Striedinger mit dem kroatischen Exgeneral Vladimir Zagorec auspackt. Am Balkan sollen Kulterer, Haider und Co auf Hypo-Kosten ordentlich abgesahnt haben.

Laut einem Bericht des kroatischen Inlandsgeheimdienstes SOA wurden regelmäßig Kontakte mit hohen Politikern gepflogen. Im Visier stehen etwa der istrische Landesfürst Stevo Zufic und der von 2003 bis 2006 amtierende Premierminister Ivo Sanader. Beide sollen von Hypo-Projekten profitiert haben. So erhielt Sanader für die Vermittlung eines Hypo-Kredits an die Globus Grupa des Kroaten Miroslav Kutle 410.000 Euro Provision.

Zufic war beim Projekt AB Maris involviert. Im Jahr 2000 kaufte die Hypo billig ein Naturschutzgebiet, das später von Zufic umgewidmet und dann teuer weitergereicht wurde. Der hundertfache Gewinn floss nach Liechtenstein.

Last Exit Liechtenstein

Immer wieder wurde Geld in das für seine Diskretion berühmte Fürstentum geschleust. So etwa auch im Fall Rezidencija Skiper. In das Tourismusprojekt in der Küstenregion Savudrija butterte die Hypo seit 1996 rund 200 Millionen Euro. „Hier kam es insbesondere zu Zahlungen, die direkt an Herrn Miro Oblak (...) und indirekt an die Vorstände Kulterer, Striedinger und Bozidar Span gingen“, heißt es in einem Polizeibericht vom 27. März 2010: „Die Höhe dieser Zahlungen sei, abgesehen von den offiziell geflossenen Provisionen, mit zirka 45 Millionen Euro anzusetzen.“ Die Betroffenen weisen jede Verwicklung in kriminelle Handlungen zurück.

Was Kulterer zu den Kroatien-Deals der Hypo in der Untersuchungshaft ausgesagt hat, will sein Anwalt Lanker nicht preisgeben. Auch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hält sich noch bedeckt. Und Oberstleutnant Gaber? Der Chefermittler freut sich über den letzten Scoop seiner Soko Hypo und sagt mit einem verschmitzten Lächeln: „Bei 40 Beschuldigten besteht natürlich immer die Möglichkeit, dass es zu Festnahmen kommt.“

– Ashwien Sankholkar

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