Der Telekom-Krieger
Der Wiener Investor Ronny Pecik forciert den Machtkampf um die krisengebeutelte Telekom Austria. Die Jobs des Konzernchefs und des Finanzvorstandes wackeln. Pecik wird aber nicht lange bleiben. Geplant ist ein Weiterverkauf an die norwegische Telenor.
Es war eine anstrengende Woche. Ronny Pecik musste dringend nach Moskau. Es ging, wie so oft, um heikle Geschäfte und um viel Geld. Die Anspannung ist dem früheren Investmentbanker noch immer anzumerken. Ich habe viel um die Ohren, sagt der Geschäftsmann hastig, überall wartet Arbeit auf mich. Pecik ist dennoch bester Laune. Er bietet Getränke an und macht Scherze. Dann kommt er zur Sache. Allzu konkret wird er bei seinen Plänen für die börsennotierte Telekom Austria Group zwar noch nicht. Aber schon das, was er im Interview mit FORMAT sagt, dürfte neuerlich für viel Wirbel sorgen.
Denn eines ist klar: Es werden Köpfe rollen. Um ihren Job müssen vor allem Telekom-Vorstandschef Hannes Ametsreiter und Finanzchef Hans Tschuden zittern. Das Verhältnis zwischen Pecik und Ametsreiter ist gelinde gesagt unterkühlt, mit der Performance des amtierenden Telekom-Chefs ist der Investor alles andere als zufrieden. Offiziell drückt es Pecik diskreter aus: Es ist nicht einfach, in Anbetracht der vielen Affären, in die die Telekom Austria geraten ist, effizient zu arbeiten. Das erschwert die Arbeit der Vorstände natürlich beträchtlich. In seinem Umfeld macht er jedoch keinen Hehl daraus, dass er die Telekom-Führung neu besetzen will. Und er sagt, er wolle den Konzern zurück auf Kurs bringen. Was heißt: hart durchgreifen.
Darum will sich Pecik sogar selbst kümmern beziehungsweise kompetente Persönlichkeiten dafür einsetzen. Pecik, der Sohn kroatischer Gastarbeiter, der es in Österreich zum Selfmade-Millionär geschafft hat, will noch vor der Hauptversammlung (HV) am 23. Mai 2012 eine außerordentliche HV einberufen, um personelle Wünsche durchzusetzen.
Und die sehen so aus: vier Aufseher und ein zusätzlicher Vorstand. Die Hälfte der derzeit acht Telekom-Aufsichtsräte soll also gehen, um Peciks Leuten Platz zu machen. Die Anwältin Edith Hlawati, stellvertretende Präsidentin, wird ihren Job verlieren denn Pecik selbst will ihn haben. Ich will das Management beraten. Das Problem bei Edith Hlawati ist die Unvereinbarkeit. Man kann nicht im Aufsichtsrat sitzen und zugleich von der Telekom Aufträge lukrieren. Wen sich Pecik holt, ist ungewiss: Es wird jedenfalls ein neues, frisches Team. Immer wieder genannt wird der Name des ebenfalls kroatischstämmigen Ex-Telekom-Chefs Boris Nemsic, doch Pecik dementiert.
Unrealistisch sind die geplanten Personalrochaden des neuen Großaktionärs jedenfalls nicht: Jeder Aktionär, der mehr als fünf Prozent der Scheine hält, kann bei der HV einen Antrag auf die Wahl neuer Aufsichtsräte stellen. Voraussetzung ist, dass die Aktien mindestens drei Monate gehalten werden. Die Aufsichtsräte wirken dann bei der Vorstandsbestellung mit.
Der Machtkampf mit den Telekom-Managern und mit der staatlichen ÖIAG, dem größten Aktionär des Konzerns, spitzt sich zu. Pecik liegt genau im Fahrplan, den FORMAT schon im September, als es den Deal aufdeckte, skizziert hat. Der frühere Investmentbanker hält seit kurzem offiziell rund 15 Prozent an der teilstaatlichen A1 Telekom Austria ein Aktienpaket, das mehr als eine halbe Milliarde Euro schwer ist. Gelungen ist ihm das nicht zuletzt dank der finanziellen Hilfe des ägyptischen Milliardärs und Ex-Orascom-Chefs Naguib Sawiris. Pecik hält diese Anteile direkt und indirekt über seine in Österreich ansässige RPR Privatstiftung.
Nächste Woche will der gelernte Starkstromtechniker verkünden lassen, die Zwanzig-Prozent-Marke erklommen zu haben. Und das ist nicht das Ende. Über Schweizer Banken hat Pecik Zugriff auf rund fünf weitere Prozent der Telekom-Aktien, sodass er am Ende bei 25 Prozent landen wird. TA-Betriebsratschef Walter Hotz will den Einstieg Peciks nach wie vor nicht gutheißen. Es geht nicht um Pecik als Person, aber die Telekom braucht jetzt dringend Ruhe.
Weiterverkauf an Norwegen
Auch ein zweites Detail der Transaktion, das in diesem Magazin exklusiv berichtet wurde, nimmt langsam konkrete Formen an: nämlich dass im Hintergrund die norwegische Telenor lauert. Ronny Pecik wehrt sich zwar, als Spekulant tituliert zu werden. Dennoch geht man in Finanzkreisen davon aus, dass er den A1-Konzern schon bald an einen strategischen Investor weiterreichen wird. Zumal Pecik schon in der Vergangenheit mit gewagten Deals Millionen verdiente. Den Grundstein legte er etwa mit dem Erwerb von 20 Prozent an der VA Tech im Jahr 2003. Der Weiterverkauf an Siemens ein Jahr später brachte Pecik und seinem früheren Partner Mirko Kovats je vierzig Millionen Euro. Danach folgte der Einstieg bei der Schweizer Oerlikon.
Das Meisterstück könnte Pecik bei der Telekom gelingen. Über einen Weiterverkauf will er nicht sprechen, sagt aber so viel: Ich will hundert Jahre alt werden, und so lange werde ich wohl nicht Großaktionär der Telekom sein. Die Zukunft der TA scheint bereits beschlossene Sache zu sein: Die von Jon Fredrik Baksaas geführte Telenor-Gruppe hat die besten Chancen, über Pecik bei der Telekom zum Zug zu kommen. Die Norweger haben Pecik anfangs 11,30 Euro je Aktie geboten, sind jetzt aber bereit, nachzubessern. Der Wert des Papiers hat sich seit Bekanntgabe des 15-Prozent-Anteils von Pecik um mehr als zehn Prozent verbessert. Pecik könnte am Ende zwischen 150 und 250 Millionen Euro verdienen.
Auch Peciks Partner Sawiris soll sich für einen Verkauf an die Telenor einsetzen, zumal er selbst mit ihr verbandelt ist als Großaktionär bei der russischen VimpelCom, an der Telenor zu 31,67 Prozent beteiligt ist. Die Norweger wollen aber mehr als nur eine Sperrminorität. Sie wünschen sich 51 Prozent, wofür sich die ÖIAG aber von ihren 28,42 Prozent an der Telekom trennen müsste.
Die Staatsholding hat jedoch keinen Privatisierungsauftrag. Und es wird einen solchen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht geben. Das ist der Unterschied zum einstigen VA-Tech-Fall, wo Pecik die ÖIAG in die Knie zwingen konnte. Diesmal muss er sich arrangieren oder Konfrontationen in Hauptversammlungen gewinnen, wenn er seine Pläne durchbringen will.
Neben seinen Verhandlungen in Skandinavien soll Pecik sicherheitshalber aber auch die zuletzt abgebrochenen Gespräche mit der russischen Sistema-Gruppe wieder aufgenommen haben. Ob er deshalb kürzlich in Moskau war? Viele Unternehmen haben Interesse an der Telekom, sagt er knapp. Auf den ersten Blick ist das überraschend: Die Geschäfte laufen schlecht, für 2011 ist mit neuerlichen Ergebnisrückgängen zu rechnen. In den ersten neun Monaten ist das Betriebsergebnis um 56,2 Prozent auf 208,8 Millionen Euro abgesackt. Doch für die Norweger ist die Sache vor allem aus einem Grund interessant: In Europa gibt es außer der Telekom Austria kaum noch Übernahmeziele.
Silvia Jelincic