"Alpine Bau-Pleite ist eine Erleichterung"

FORMAT: Herr Strauss, wie haben Sie reagiert, als die Pleite der Alpine, einem ihrer schärfsten Konkurrenten, offiziell wurde? Mit Korkenknallen?
Karl-Heinz Strauss: Ganz im Gegenteil. Eine Insolvenz ist für uns alle schlecht, weil das auf die ganze Branche abfärbt.
Sie werden wohl nicht bestreiten, dass Ihnen die Situation in die Hände spielt. Immerhin winken millionenschwere Aufträge.
Strauss: Es ist mittelfristig eine Erleichterung, weil in Österreich ein großer Konkurrent weniger ist. Doch der Zuwachs an Marktvolumen für die Porr ist überschaubar. Wir sind in Österreich flächendeckend ausgezeichnet vertreten. Wir haben einzelne Baustellen übernommen und verstärken uns punktuell mit Mannschaften. Bei den öffentlichen Aufträgen, die ja erneut ausgeschrieben werden müssen, bewerben wir uns wieder.
Derzeit läuft die Angebotsfrist für die Tochtergesellschaften der Alpine. Wofür haben Sie geboten?
Strauss: Wir haben für den Bahnbau (Universale), den Grundbau und den Tunnelbau geboten. Und wir werden Angebote für Asphaltmischanlagen und Steinbrüche abgeben. Wir warten nun auf die Einladung zu Finalgesprächen.
Konkurrent Strabag hortet eine Milliarde Euro in der Kriegskassa. Die Porr hatte Ende 2012 gut 110 Millionen Euro liquide Mittel. Dick ist der Polster nicht.
Strauss: Unsere Liquiditätssituation ist ausgezeichnet. Derzeit arbeiten wir bei 100 Prozent Auslastung, kürzlich gewannen wir etwa den ÖBB-Koralmtunnel 3 in Höhe von 300 Millionen Euro. Wir fahren eine andere Strategie als unser Mitbewerber. Unser Credo lautet: Intelligent wachsen. Wir wollen keine großen Übernahmen machen, sondern unsere Position stärken und optimieren. Wir machen in Österreich kleinere Zukäufe. Beispielsweise sind wir mitten in der Übernahme einer Umwelttechnik-Firma.
Kürzlich zog die Porr den größten Auftrag ihrer Geschichte an Land, und zwar den Bau einer U-Bahnlinie in Katar mit fast einer Milliarde Euro Auftragsvolumen. Bei der Alpine ging die zu rasche Internationalisierung ordentlich schief. Wie behalten Sie in Katar den Überblick?
Strauss: Wir haben uns zwei Jahre auf den Einstieg vorbereitet und uns sorgfältig Partner ausgesucht. Mit uns sitzt der lokale Partner HPK im Boot, wir arbeiten zusammen mit der Bin-Laden-Gruppe, die mit 200.000 Mitarbeitern die größte Baufirma der Region ist. Wir sind in Katar mit rund 50 Leuten vertreten. Unser neuer Vorstand, Hans Wenkenbach, verbrachte viele Jahre in Saudi-Arabien.
Die Porr hatte vor, mit ihrem Aktionär Renaissance-Gruppe international ins Geschäft zu kommen. Ist das passé?
Strauss: Die Unterschiede in der Vorgehensweise waren so diametral, dass eine Kooperation nicht sinnvoll scheint.
Steht der Ausstieg bevor?
Strauss: Darüber möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sprechen.
Wie sieht das bei den anderen kleineren Aktionären Wiener Stadtwerke und Vienna Insurance Group (VIG) aus? Ein Ausstieg war immer wieder im Gespräch.
Strauss: Soweit ich das einschätze, werden sich die Wiener Stadtwerke mittelfristig von ihren Anteilen an der Porr trennen. Das Syndikat Ortner-Strauss wäre bereit, die Anteile zu übernehmen. Auch bei der nächsten großen Kapitalerhöhung, die wir für 2014 anvisiert haben, wird das Syndikat nicht unter 51 Prozent fallen.
Ende Juni wollten Sie eine Anleihe in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro begeben. Dieser Plan liegt wegen der Alpine-Pleite auf Eis. Ist die Porr nun in akuter Kapitalnot?
Strauss: Nein, wir brauchen das Geld nicht unmittelbar, wir wollten damit unsere Reserven für allfällige Akquisitionen stärken. Daher verschieben wir die Anleihenpläne auf unbestimmte Zeit.
Seit Ihrem Antritt bei der Porr läuft ein striktes Kostensenkungsprogramm. Wo sehen Sie weiteres Einsparpotenzial?
Strauss: Wir sind am Weg zur papierlosen Baustelle, indem wir IT-Prozesse verbessern, elektronische Rechnungen einführen und Planungen durch EDV-Anwendungen vereinfachen. Ziel ist, unsere operativen Mitarbeiter auf den Baustellen zu entlasten. Bis 2014 möchten wir 100 Millionen einsparen, bis 2016 auch die Kosten senken.
Die Porrianer stehen ja unter gewaltigem Druck...
Strauss: Ja, aber unter positivem. Im Unternehmen herrscht eine Art Aufbruchstimmung, wir sind auf dem Weg zu einer offenen Firmenkultur. Jeder unserer Mitarbeiter kann mir ein Mail schreiben, das ich so schnell wie möglich beantworte. Die Leute tun das auch. Probleme werden nicht unter den Tisch gekehrt.
Müssen Sie weitere Mitarbeiter entlassen?
Strauss: Die Hauptanpassung in der Verwaltung, vor allem in der Zentrale, ist abgeschlossen. Aber durch die Optimierung der Prozesse kann es immer wieder sein, dass Mitarbeiter für bestimmte Tätigkeiten nicht mehr gebraucht werden. Wir werden aber stets versuchen, sie in anderen Bereichen einzusetzen.
Die Nettoverschuldung der Porr liegt derzeit bei 586,5 Millionen Euro. Bei welcher Höhe werden Sie wieder gut schlafen?
Strauss: Heuer wollen wir unter 500 Millionen Euro. In spätestens drei Jahren möchten wir schuldenfrei sein, und zwar durch Ergebnissteigerungen und Immobilienverkäufe. Beim Eigenkapital ist unser Ziel bis zu 30 Prozent. Heuer kommen wir auf rund 20 Prozent.
Apropos Immobilienverkäufe: Wie laufen die Veräußerungen, immerhin sollen in Summe Objekte in der Höhe von 800 Millionen Euro verkauft werden?
Strauss: Heuer haben wir Immobilien im Wert von mehr als 130 Millionen Euro verkauft, weitere Objekte um gut 70 Millionen werden noch veräußert. Darunter sind viele kleine Liegenschaften. Aber auch einzelne größere Objekte wie das Wiener Hotel Doppio, ein Businesspark in Oberpfaffenhofen und Zinshäuser am Wiener Wiedner Gürtel.
Was haben Sie mit dem Palais Hansen (Hotel Kempinski) am Schottenring vor?
Strauss: Ein Hotelverkauf ist erst in zwei bis drei Jahren Thema. Von den 17 errichteten Luxuswohnungen in den Obergeschossen haben aber wir bereits 15 verkauft.
Und Sie selbst haben auch zugeschlagen?
Strauss: Diese Preise kann ich mir nicht leisten. Die billigste Wohnung kostet 20.000 Euro pro Quadratmeter, die teuerste 25.000 Euro.
Die Porr hat daran gearbeitet, einen Immobilienfonds aufzulegen. Wann kommt der Fonds heraus?
Strauss: Der Immobilienfonds wurde mit elf Immobilien vorbereitet und wir hatten bereits Schlüsselinvestoren. Wir bekamen aber für diese Objekte so gute Angebote, dass wir sie bis zum Herbst einzeln verkaufen. Derzeit verhandeln wir mit einer Handvoll Interessenten über den Verkauf der Porr-Zentrale. Hier werden wir aber weiterhin als Mieter bleiben. Auch Logistikimmobilien verkaufen wir.
Früher wurden immer wieder Lobbyisten engagiert. Wieviel Geld gibt die Porr jährlich dafür aus?
Strauss: Wir beschäftigen keine Lobbyisten mehr. Wir haben Projektpartner und Konsulenten, die uns bei Projekten und auf neuen Märkten bei Kontakten helfen.
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