Brückenbau in Kroatien: Strabag klagt vor Verwaltungsgericht

Der Baukonzern Strabag kämpft in Kroatien gegen die Vergabe eines Brückenbauprojekts an ein von der China Road and Bridge Corporation (CRCB) geführtes Konsortium. Die Pelješac-Brücke soll die Halbinsel Pelješac im Süden Dalmatien mit dem Festland verbinden.

Strabag Vorstandschef und CEO Thomas Birtel

Strabag Vorstandschef und CEO Thomas Birtel

Strabag-Vorstandschef Thomas Birtel setzte lange auf De-Eskalation: "Wir müssen die Emotionen rausnehmen", erklärte der General des Baukonzerns im trend-Gespräch im März. Die Angelegenheit, wusste er schon damals, ist hochexplosiv. Mit dem Potenzial, einen regelrechten Handelskrieg auszulösen. Und Handelskriege braucht ein Konzern, der 85 Prozent seines Umsatzes im Ausland macht, zuallerletzt.

Die Angelegenheit, um die es geht: Mitte Jänner erfolgte Zuschlag für ein Mega-Bückenprojekt in Kroatien an ein Joint Venture unter Führung der staatlichen China Road and Bridge Corporation (CRBC). Die 2,4 Kilometer lange und 55 Meter hohe Pelješac-Brücke soll die gleichnamige Halbinsel an das Festland anbinden und eine Verbindung zu Dubrovnik erschließen, ohne Bosnien-Herzegowina queren zu müssen. Dass das CRBC-Angebot mit 280 Millionen Euro gleich um mehr als 70 Millionen Euro unter jenem der zweitgereihten Strabag lag, machte die Österreicher ziemlich stutzig.

Nach Studium der Angebotsunterlagen stellten sie fest, dass die Chinesen zu Preisen kalkuliert hatten, die völlig unrealistisch scheinen: etwa für die Stahlseile der Schrägseilbrücke 4,5 Millionen Euro - die Strabag hatte bei diesem Posten mit 9,5 Millionen mehr als das Doppelte angesetzt. Auch bei den Trägerkonstruktionen zur Verankerung der Seile, den so genannten Pylonen, veranschlagten CRBC & Co. mit 11,1 Millionen weniger die Hälfte als die Österreicher mit 24 Millionen Euro.

Eine ganze Reihe solcher Details hat die Strabag in einer am 22. Jänner gegen den Auftraggeber Hrvatske ceste eingebrachten Beschwerde aufgelistet. Kern: der Beschwerde Das siegreiche Angebot verstoße gegen kroatische ebenso wie EU-Bestimmungen, die unerklärlich niedrigen Preise seien nur dank staatlicher Subventionen in China möglich, zudem verstoße der verwendete Stahl chinesischer Hersteller gegen EU-Antidumping-Bestimmungen.

Beschwerde beim Verfassungsgericht

Sicherheitshalber hatte die Strabag auch an EU-Kommissarin Corina Cretu eine Zusammenfassung geschickt, um Druck zu machen. Cretu ist in der Kommission für Regionalpolitik zuständig. Für die Pelješac- Brücke inklusive Zufahrtsstraßen und begleitender Infrastruktur - in Summe ein Vorhaben von über einer halben Milliarde Euro - sollen 357 Millionen Euro aus den EU-Kohäsionsfonds fließen, also mehr als 70 Prozent der Kosten des Infrastrukturprojekts. Wenn dabei durch womöglich fragwürdige Methoden Konzerne aus China zum Zug kommen, ist Feuer am europäischen Dach.

Pelješac-Brücke: Geplante Verbindung von Süd-Dalmatien mit dem Festland

Pelješac-Brücke: Das Projekt im äußersten Südosten der EU könnte zum Prüfstein in der Frage werden, wie Europa mit der aggressiven Expansion Chinas umgehen soll.

Nun hat die Strabag nachgelegt und eine Beschwerde beim kroatischen Verwaltungsgericht eingebracht. Diese hat Folgen, könnte sie doch den Baubeginn bis 2020 verzögern. Zugleich hat der Baukonzern einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, der die für den 23. April geplante Vertragsunterzeichnung des staatlichen Auftraggebers Hrvatske ceste mit dem chinesischen Anbieter verhindern soll.

Außerdem ruft die Strabag die EU-Kommission an. Die Strabag hat in einer Beschwerde bei der staatlichen kroatischen Kommission für die Aufsicht öffentlicher Beschaffungsverfahren (DKOM), die im März abgelehnt wurde, dem chinesischen Konkurrenten vorgeworfen, Dumpingpreise angeboten zu haben, weil er mit unerlaubten staatlichen Beihilfen Chinas rechnen könne. Die kroatische Behörde wies das zurück und betonte, dass es keine Beweise für staatliche Beihilfen gebe. Was die Dumpingpreise angehe, liege die Zuständigkeit sie festzustellen bei der EU-Kommission, hieß es aus der Behörde.

Anders als der diplomatische Birtel hat der Kroatienverantwortliche der Strabag, Dragan Pavelic, in einem Interview mit der Tageszeitung "Jutarnji List" für den Fall des endgültigen Zuschlags an CRBC unverhohlen damit gedroht, die EU-Mittel könnten dann eben nicht nach Kroatien fließen, und es sei auch "nicht ausgeschlossen, dass es zum Abbruch des Projekts kommt". Der chinesische Botschafter in Zagreb wiederum beschuldigte die Strabag, nach der Niederlage im Bieterfahren nun die "politische Karte" spielen zu wollen.

Holprige Straße

Der Fall berührt die grundsätzliche Frage, wie mit dem massiven Vormarsch der Chinesen insbesondere in Ost-und Südosteuropa umzugehen ist. Im Vorhof der jetzigen EU, in Serbien und Montenegro etwa, hat CRBC, eine Tochter der China Communications Construction Group, in den letzten Jahren schon Fuß gefasst. Das Unternehmen setzt dabei laut Baumanagern am Balkan oft auf Arbeiter aus China, die in Containern wohnen und ihr eigenes Essen mitbringen. Für die lokale Wirtschaft fällt da wenig ab.

Das ist zwar im EU-Land Kroatien aufgrund klarerer Vorgaben nicht zu erwarten. Doch Strabag-CEO Birtel verweist dezent auf die Erfahrungen in Polen, wo die Auftragsvergabe für die Autobahn A2 an einen chinesischen Anbieter 2011 im Chaos endete. "Ein großer Misserfolg", wie Birtel zusammen fasst.

Eine Initiative, die in Wien ihren Ausgang genommen hat, will das jetzt ändern. Initiatoren sind Wolfgang Mayr-Knoch, Chef der Kärntner Zement- und Betonholding Wietersdorfer, und sein Sohn Ingo, Gründer von deinbus.de. Unterstützt wird das Projekt u. a. von "United Europe" - einer deklariert proeuropäischen Organisation, die vor fünf Jahren von Wirtschafts- und Politikgrößen gegründet wurde. Ziel ist, der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte Empfehlungen zu geben, wie die Union mit den chinesischen Aktivitäten in Süd-, Ost-und Zentraleuropa umgehen sollte. Das Kanzleramt und die Wirtschaftskammer sind mit eingebunden, heißt es.

Bis eine politische Antwort steht, kann es jedoch dauern. Strabag-Chef Birtel vertraut erst einmal auf den Rechtsstaat: "Unsere Argumente sind schlüssig", ist er sicher.

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